Morgengedanken
Sonntag, 6.05 Uhr -
6.08 Uhr,
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr,
ORF Regionalradios
von Äbtissin Hildegard Brem (Maria Stern Gwiggen in Hohenweiler,
Vorarlberg)
Sonntag, 26.6.2011
Als Zisterzienserin stehe ich jeden Tag für Sie und alle Menschen
vor Gott und möchte mit Ihnen einige Gedanken teilen, die in den
wunderbaren Gebeten der Psalmen von uns gebetet und gesungen
werden.
Für heute habe ich einen Vers aus dem Osterpsalm der Kirche
ausgesucht: „Das ist der Tag, den der Herr gemacht hat! So jubeln
die Christen auf der ganzen Welt am Fest der Auferstehung, aber auch
an jedem Sontag, der ein kleines Ostern sein soll“. Dieser Vers
macht uns bewusst, dass wir nicht nur für die Arbeit auf der Welt
sind, sondern auch zum Feiern, zur Freude. Gott hat uns das Leben
geschenkt, weil er uns liebt, und hat uns einander geschenkt. Wir
sollen und dürfen den Sonntag als Tag der Erholung, der Besinnung
und des Miteinanders begehen in Freude und Dankbarkeit. Ich wünsche
Ihnen, dass Sie auch Zeit zum Durchatmen, zum Verschnaufen, zum
Miteinander in der Familie, zu einem guten Gespräch und zum Gebet
finden, um morgen gestärkt die Arbeitswoche zu beginnen!
Montag, 27.6.2011
Sie beginnen an diesem Morgen eine neue Arbeitswoche, und ich
vermute, dass das viele von Ihnen mit gemischten Gefühlen tun. So
manche Herausforderungen warten auf Sie, viel Arbeit und schwierige
Situationen. Da habe ich nach einem Psalmvers Ausschau gehalten, der
Ihnen Mut machen könnte, und bin auf folgende Worte gestoßen: „Was
bist du bedrückt, meine Seele, und warum stürmst du in mir. Hoffe
auf Gott, ich werde ihm noch danken!“ Dieser Vers wird im Psalm wie
ein Kehrvers immer neu wiederholt, so als wollte sich der Beter
selbst gut zureden und aufmuntern. Das möchte ich auch Ihnen
mitgeben: Wenn Sorgen und Schwierigkeiten spürbar werden, können Sie
sich mit solchen Worten an Gott erinnern und seine Hilfe auf Sie
herabrufen: Was bist du bedrückt, meine Seele, und warum stürmst du
in mir. Hoffe auf Gott, ich werde ihm noch danken! „Hoffe auf Gott!“
Er ist Ihnen immer nahe und möchte Ihnen tragen helfen, wenn Sie ihn
nur an sich heranlassen! Und „Ich werde ihm noch danken!“ Oft merken
wir erst im Nachhinein, wie leidvolle Situationen auch Ihr Gutes
gebracht haben, wie wir an Ihnen gewachsen und reifer geworden
sind. Ich werde in der kommenden Woche bei diesem Vers an sie alle
denken und für Sie beten!
Dienstag, 28.6.2011
Ein neuer Tag ist uns geschenkt und viele Möglichkeiten, um ihn
gestalten zu können. Sicher werden auch die Herausforderungen nicht
fehlen, und doch möchte ich heute Ihren Blick auf das Schöne und
Gute lenken. Sie brauchen nur ein paar Schritte vor die Türe zu
machen oder aus dem Fenster zu sehen, um über die wunderbare Natur
zu staunen, sei es in den Bergen oder am See, im Garten oder im
Wald. Vielleicht kommt Ihnen dann spontan das Wort des Psalmisten
über die Lippen: „Wie wunderbar sind deine Werke, Herr! Mit Weisheit
hast du das alles gemacht!“ Ich möchte Sie heute einladen, sehr
aufmerksam zu sein für all die Schönheiten der Schöpfung, für die
Weisheit, mit der auch in unserem Leib so vieles funktioniert, ohne
dass wir uns darum kümmern müssen. Das Staunen ist eine Haltung, die
uns im Alltag oft abhanden kommt. Es macht aber das Leben viel
reicher und beglückender, wen wir es immer wieder bewusst pflegen!
Mittwoch, 29.6.2011
Vielleicht sitzen Sie gerade beim Frühstück und freuen sich an gutem
Kaffee und frischem Gebäck. So haben wir alle vielfältige
Bedürfnisse, Bedürfnisse des Leibes, Bedürfnisse der Seele nach
Ausgeglichenheit und Harmonie und Bedürfnisse in unseren Beziehungen
nach angenommen, verstanden und geliebt Sein. Wie gut, wenn es uns
geschenkt ist, bei uns selbst und unseren Mitmenschen mit allen
diesen Bedürfnissen gut umzugehen! Die geistlichen Meister aller
Zeiten wissen aber, dass sich tief drin in unserem Herzen noch ein
verborgener Raum findet, in dem das tiefste unserer Bedürfnisse,
unserer Sehnsüchte, seine Heimat hat: Die Sehnsucht nach Gott. „Wie
der Hirsch lechzt nach frischem Wasser, so lechzt meine Seele, Gott,
nach dir“. So beten wir im Psalm 42. Kennen Sie diese Sehnsucht?
Darf sie sich neben allen mehr vordergründigen Wünschen und
Anliegen rühren und hat sie Heimatrecht bei Ihnen? Ich möchte Sie
einladen, in einer stillen Minute darüber nachzudenken und
aufmerksam zu werden auf Ihre innere tiefste Mitte, in der Sie ganz
bei sich – und auch ganz bei Gott sein können.
Donnerstag, 30.6.2011
Heute möchte ich besonders alle grüßen, die den Tag sorgenvoll
begonnen haben. Nicht nur die gegenwärtigen Belastungen sind da,
sondern auch Sorgen, Sorgen um die Gesundheit, Sorgen in den
Beziehungen, Sorgen mit den Kindern, Sorgen im Beruf. Wir teilen
diese Grunddimension unseres Lebens, die Sorge heißt, mit den
Menschen aller Zeiten, auch der Psalmist kennt sie. Er gibt uns aus
seiner Erfahrung den Rat: „Wirf deine Sorge auf den Herrn, er hält
dich aufrecht!“ Es lohnt sich, bei diesem Wort gut hinzuhören: Wirf
deine Sorge – heißt es - wirf sie von dir weg, wie einen Ball, den
du jemandem anderen zuspielst. Dann kannst du loslassen, aufatmen,
bist entlastet! Aber was wird dann aus meiner Sorge? Du hast in Gott
einen Partner, mit dem du spielst, einen Partner, der gut fangen
kann! Du darfst vertrauen, dass er deinen Ball auffängt und so
weiterspielt, dass es dir Segen bringt. Vielleicht erfüllt er dir
nicht alle Wünsche, aber er kümmert sich um dich. Mit ihm gemeinsam
kannst du das Leben meistern! Es wäre einen Versuch wert!
Freitag, 1.7.2011
Die Kirche feiert heute das Hochfest des heiligsten Herzens Jesu.
Sie will uns zum Nachdenken und Staunen bringen, dass Gott ein Herz
für uns hat, dass er uns liebt und keinen von uns, auch den
Geringsten oder Schlechtesten nicht, je vergisst. Ich habe aus
diesem Anlass einen Psalmvers gewählt, der diese Zuversicht zum
Ausdruck bringt: „Dankt dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine
Huld währt ewig!“ Das Wort, das im Deutschen mit Huld wiedergegeben
wird, heißt im hebräischen Urtext: Chesed und bedeutet im wörtlichen
Sinn: Mutterschoß. Mit derselben Liebe wie eine gute Mutter schaut
Gott auf uns – das dürfen Christen glauben - er trägt uns gleichsam
in seinem Schoß, er fühlt mit uns, leidet mit uns, trägt mit uns
und möchte alles für uns tun, damit unser Leben gelingt. Um uns
diese Liebe spürbar zu machen, ist er selbst Mensch geworden.
Seither schaut er nicht bloß vom Himmel auf uns herab, sondern ist
in Jesus Christus bei uns. Er möchte uns umarmen und an sein Herz
drücken, das zugleich das Herz Gottes ist.
Samstag, 2.7.2011
Am Ende dieser Woche möchte ich die Gelegenheit nützen, um Ihnen mit
Ihren Anliegen und Ihren Familien von Herzen Gottes Segen zu
wünschen. Mit dem Psalm rufe ich Ihnen zu: „Es segne dich der Herr.
Segen sollst du schauen dein Leben lang“. Vieles in unserem Leben
haben wir nicht in der Hand. Wir alle sind auf Gottes Hilfe, Geduld
und Wohlwollen angewiesen. Er möchte uns all das schenken, freut
sich aber, wenn wir einander seinen Segen wünschen, erbitten und
zusprechen. Wir Schwestern sehen unsere schönste Berufsaufgabe
darin, für alle Menschen vor Gott zu stehen und die ganze Welt zu
ihm zu tragen. Sie dürfen sicher sein, dass Sie alle mit Ihren
Anliegen dabei eingeschlossen sind! Und wenn Sie in einer Sorge ganz
besondere Gebetshilfe brauchen, dann rufen Sie einfach im Kloster
Gwiggen an. Wir schließen Sie dann ganz besonders ein. So
verabschiede ich mich von Ihnen und bitte nochmals mit den Worten
des Psalms: „Es segne dich der Herr. Segen sollst du schauen dein
Leben lang!“ Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende!
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