Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 
von Margit Hauft (Linz)

 

 

Sonntag,  24. Juli 2011

„Heute Christin sein – glaubhaft, spürbar, wirkungsvoll“: Dieses Thema wird die Katholische Frauenbewegung österreichweit ein Jahr lang begleiten. Heute Christin oder Christ sein, das impliziert, dass die Nachfolge Christi nicht jenseits von Zeit und Raum passieren kann, sondern etwas zu tun hat mit dem Leben in unserer Welt, in unserer Welt wie sie heute nun einmal ist. In dieser Welt, die „altmodische“ Werte wie Verlässlichkeit, Treue, Solidarität und Teilen braucht wie das sprichwörtliche tägliche Brot. Wir als Christinnen und Christen dürfen uns aus dieser Welt nicht heraus nehmen, wir müssen erkennbar, greifbar und damit auch fallweise angreifbar sein, dort wo wir stehen, leben und wirken.

Dazu braucht es Menschen, die sich nicht auf Eliten verlassen, auch nicht auf religiöse, sondern immer wieder bereit sind, das Wissen um ihren Glauben zu erweitern, die einander ermutigen, darüber zu reden und im Alltag danach zu handeln.

Christentum ist kein Hochleistungssport, der nur bei besonderen Veranstaltungen „stattfindet“, Christinnen und Christen sind, mit dem Auftrag Jesu im Herzen dort zu finden, wo sich das Leben abspielt, das Leben in all seinen Höhen und Tiefen.

 

 

Montag, 25. Juli 2011

„Was die Seele dem Menschen ist, das sind die Christen der Welt.“ So lesen wir im berühmten Brief an Diognet, einen vornehmen Heiden, der im 2. Jahrhundert genau wissen wollte, was das Christsein ausmacht. Und weiter heißt es: „Denn die Christen sind weder durch Heimat noch durch Sprache und Sitten von den übrigen Menschen verschieden. Sie bewohnen nirgendwo eigene Städte, bedienen sich keiner abweichenden Sprache und führen auch kein absonderliches Leben. Sie fügen sich der Landessitte in Kleidung, Nahrung und in der sonstigen Lebensart, legen aber dabei einen wunderbaren und anerkanntermaßen überraschenden Wandel in ihrem bürgerlichen Leben an den Tag.“

Was für ein anziehendes Bild doch da von Christinnen und Christen gezeichnet wird! Anziehend und anspornend zugleich für uns, die wir in einer Zeit leben, in der Religion kein Schicksal mehr ist sondern das Ergebnis eigener Wahl, in einer Zeit, in der es nicht selbstverständlich ist, glaubwürdig Christ/Christin zu sein.

Doch nicht nur im 2. nachchristlichen Jahrhundert sondern auch in der Studie von Paul Michael Zulehner über Christen und Christinnen in der ehemaligen DDR wird denen nachgesagt, dass sie angstfreier, treuer und solidarischer erlebt wurden.

Heute Christin sein heißt auch: Aufgerichtet in der Welt stehen und so leben, dass ich nach meinem Glauben gefragt werde.

 

 

Dienstag, 26. Juli 2011

Heute Christin sein – glaubhaft, spürbar, wirkungsvoll. Als ich diese drei Begriffe in eine Suchmaschine eingegeben habe, sind mir fast unzählige Synonyme entgegen gekommen. Allen war gemeinsam, dass sie für Lebendigkeit und Bewegung stehen, für Offenheit, Aufmerksamkeit und die Bereitschaft, im besten Sinn des Wortes „fragwürdig“ zu sein, also Fragen zu stellen und sich hinterfragen zu lassen.

„Glaubhaft“ ist unser erster Schlüsselbegriff: Wahr, authentisch, verlässlich, überzeugend lese ich da.

Um glaubwürdig leben zu können, muss ich um die Fundamente meines Glaubens wissen. Das sind einerseits die verdichteten Erfahrungen der Menschen vor uns mit ihrem Gott, die wir in der Bibel finden, andererseits ist es der je eigene Weg, den wir gegangen sind, es sind die Menschen und die Ereignisse, die uns geprägt haben

„Seid jederzeit bereit Auskunft zu geben über die Hoffnung, die in euch ist“, heißt es im 1. Petrusbrief. Das bedeutet auch: Habt einen klaren Blick für die gegenwärtige Situation, bleibt aber nicht nur an der Klagemauer stehen, um den Zustand unserer Welt zu bejammern, sondern versucht, das weiter zu geben, was ihr in eurem Leben als „Frohe Botschaft“ erfahren habt. Als Frohe Botschaft „trotz allem“.

 

 

Mittwoch, 27. Juli 2011

Heute spürbar Christ/Christin sein: Verständlich, erkennbar, tiefgreifend und intensiv sind verwandte Begriffe.

Verständlichkeit verbinde ich sofort mit der Sprache, stelle aber einmal mehr fest, dass unsere Zeit, den Glauben betreffend, von gewissen Sprachproblemen geprägt ist. Das Reden über unseren Glauben ist zu einem der wenigen Tabus geworden. Einerseits ist es wohl eine gewisse Insidersprache, die schwer zu verstehen ist, deren wir uns als Christinnen und Christen aber oft erst bewusst werden, wenn sie hinterfragt oder sogar belächelt wird, und es sind Rituale und Formen,  die eine Übersetzung brauchen, weil sie einer anderen Zeit, anderen Traditionen entstammen. Andererseits ist es eine gewisse Scheu, die Angst, vielleicht zu wenig kompetent zu sein, die uns davon abhält, unseren Glauben zur Sprache zu bringen.

Wie hilfreich ist es doch, dass wir auch und gerade durch unsere Haltung anderen Menschen und deren Leben gegenüber als Christinnen und Christen erkennbar werden können.

Toleranz, Gewaltlosigkeit, Verzicht auf Machtansprüche, der Einsatz für die Schwachen, besonders aber das mutige Anpacken auch Widerständen zum Trotz lässt uns als Menschen spürbar werden, die das biblische „Fürchtet euch nicht“ ernst nehmen.

 

 

Donnerstag, 28. Juli 2011

Wirkungsvoll, mit diesem 3. Oberbegriff wird unser Christ/Christinsein nun ganz konkret, es bekommt sozusagen „Hände und Füße“, Hände und Füße, die Jesus braucht, wie es in einem alten Gebet heißt.

Stark, nachdrücklich, zugkräftig, einsatzbereit waren nur einige kraftvolle Synonyme.

Sehr hilfreich ist sicher der zufriedene Blick auf das, was schon ist, worüber wir uns freuen dürfen. Zufrieden SEIN heißt die Devise, sich Kraft holen aus Gelungenem für neue Herausforderungen, und nicht SICH ZUFRIEDEN GEBEN im Sinne von: Da ist leider nichts zu machen, für uns ist eben nicht mehr drinnen!

Glaube ist keine Privatsache, die ich mir mit meinem Gott ausmache, ihn wirkungsvoll zu leben, kann nur in Gemeinschaft gelingen.

Für den konkreten Einsatz in sozialen und politischen Räumen heißt es Kräfte bündeln, es braucht Partnerinnen und Partner in allen gesellschaftlichen Bereichen und die Bereitschaft, auch Verantwortung zu übernehmen. In der Nachfolge Jesu dürfen wir uns nicht unparteiisch heraushalten, wir haben vielmehr Partei zu ergreifen für die, die am Rand stehen, die nicht gehört werden und kaum Chancen haben.

„Wir sind immer die Ruine von gestern und die Baustelle von morgen, nie das fertige Haus“, heißt es in einem Zitat. Tun wir also, was wir können, die Vollendung ist uns versprochen.

 

 

Freitag, 28. Juli 2011

Für Christinnen und Christen gibt es ein weites Feld, um Glauben glaubhaft, spürbar und wirkungsvoll zu leben. Da ist zum Einen der gesellschaftspolitische Auftrag: Verschwenden wir nicht zu viel Energie, um gegen etwas zu kämpfen, kämpfen wir mit ganzem Einsatz für unser Ziel, für ein gutes Leben für alle. Lassen wir uns nicht verschrecken durch die Komplexität der Probleme in unserer Welt, reagieren wir mutig auf das, was wir erkennen.

Wir alle kennen das Schlagwort von der multikulturellen Gesellschaft. Es ist sicher hilfreich, die eigenen Erfahrungen von Fremdsein als Ausgangspunkt zu nehmen, um mit mehr Verständnis auf die anderen zugehen zu können. Interesse zeigen, miteinander reden, einander Fragen stellen, das sind Lebensmittel für ein gutes Miteinander über alles Trennende hinweg.

Und was heißt es nun Christin/Christ sein in sozialer Verantwortung: Caritas ist ein Grundauftrag jeder christlichen Gemeinschaft und kann nicht delegiert werden, auch nicht innerkirchlich. Sie beginnt mit der Aufmerksamkeit und dem Respekt mir und den anderen gegenüber. Hinhören, hinsehen und wenn nötig Taten setzen, das soll uns kennzeichnen. Zivilcourage ist gefragt und die Überzeugung, dass keine Hilfe umsonst ist. „Steter Tropfen höhlt den Stein.“

 

 

Samstag, 30. Juli 2011

Ein flapsiger Spruch definiert Christinnen und Christen als die, „die von den schönen Dingen weniger dürfen und von den mühsamen mehr müssen.“

Sind solche Aussagen ganz aus der Luft gegriffen? Entspringen sie reiner Bosheit oder schlichtem Unwissen oder gibt es doch auch Ansatzpunkte bei uns selber?

Möglicherweise sehen wir manchmal eher wenig erlöst aus, begleiten unseren Einsatz mit etwas zu viel Seufzen und sind eher für den mahnenden Zeigefinger als für das versöhnliche Augenzwinkern bekannt?

Heute Christ, heute Christin sein, das verlangt die Gnade eines „wetterfesten“ Glaubens und eine Spiritualität, die nicht abgehoben ist.

Glaubhafte Christinnen und Christen haben für das Anliegen des Evangeliums und für die Sorgen der Menschen ein gutes Gespür.

Sie fliehen nicht aus Angst vor dem Leben in die Religion, sondern wollen ein Stück der Welt im Sinn des Evangeliums gestalten, auch wenn es manchmal mühsam ist.

Sie sind bereit, sich als Christen, als Christinnen zu „outen“, sie entwickeln Fantasie, andere Menschen mit dem Evangelium vertraut zu machen und durch ihr Handeln die Frohe Botschaft in die Zeit hinein zu übersetzen.

Sie wagen, durch Gottes Geist begleitet und gestärkt immer aufs Neue ihren Weg: „Mit beiden Beinen auf der Erde, dem Kopf in den Sternen und dem Herzen im Himmel“.