Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrerin Ingrid Tschank (Gols, Burgenland)

 

 

Sonntag, 31. Juli 2011

Gesegnete Reisen

Sehr früh am Morgen läutet mein Wecker. Es ist draußen warm und ruhig, der Himmel zeigt sich von seiner sommerlich blauen Seite und ich genieße die Morgenluft, die mich vor meiner Tür empfängt. Auf dem Kirchenplatz wartet bereits eine Fahrradgruppe auf mich. Es herrscht erwartungsvoll fröhliche Stimmung. Ich erkunde mich nach der genauen Route und den weiteren Plänen auf der Strecke. Ich wünsche der Gruppe eine herrliche Zeit und viel Freude bei allem, was sie miteinander reden und tun, aber auch schöne Stunden mit all jenen Menschen, denen sie begegnen.

Dann werden wir still, hören eine kleine Weile auf die Vögel, die ihr Morgenlied singen und danach hören wir auf das Bibelwort aus dem 1. Buch Mose: "Der Herr wird seine Engel mit dir senden und Gnade zu deiner Reise geben."

Nach einem Gebet spreche ich einen Reisesegen: "Auf eurem Radweg begleite euch Gottes Segen, dass ihr wieder gesund heim kehrt und dass Euch die Erfahrungen dieser Zeit dankbar sein lassen." Wer sich auf eine Reise begibt, der hofft selbstverständlich immer auch, dass er auch wieder gut nach Hause kommt. Daher braucht der Mensch auch das Gefühl, geborgen und beschützt zu sein. Ein Reisesegen ist die Möglichkeit, dieses Gefühl mit hinaus in das Land zu tragen und auch mit Zufriedenheit wieder zu Hause an zu kommen.

 

 

 

Montag, 1. August 2011

Paradies

Immer wieder versuchen Menschen den Ort zu finden, wo das Paradies sein könnte. Manche sehen darin eine wunderbare Landschaft, andere vermuten das Paradies im Himmel. Heute wird die Vorstellung vom Paradies verstärkt auch in der Werbung eingesetzt. Da werden gerade im Sommer Hotelanlagen und Badestrände zum Paradies erklärt. Die Werbung nützt dabei die uralte Sehnsucht des Menschen nach Glück, Unbeschwertheit und Liebe aus. Stillen können sie diese Sehnsucht jedoch nicht.

Das Wort Paradies kommt aus der persischen Sprache und bedeutet "Garten". Die bekannteste Erzählung ist die biblische Geschichte von der Schöpfung. Darin wird berichtet, dass Gott den Menschen aus Erde macht, ihm den Odem des Lebens einhaucht und ihn in den wunderbaren Garten Eden setzte. Er soll ihn bebauen und bewahren. Durch seinen Ungehorsam muss der Mensch das Paradies verlassen.

Die Sehnsucht nach dem Paradies ist dem Menschen geblieben. Sie hält die Erinnerung und die Hoffnung wach, dass er nicht in dem aufgeht, was er hat und leistet. Männer und Frauen tragen Gottes Geist in sich. Dieser Geist verbürgt den Wert und Würde und hebt jeden einzelnen über alles Materielle und Irdische hinaus. Das wird in der Taufe zugesagt, in der der dreieinige Gott seine Liebe und Barmherzigkeit schenkt.

 

 

 

Dienstag, 2. August 2011

Brot und Sprit

Wer für sein Zuhause eine neue Heizung benötigt, steht vor der Entscheidung, welche Energieform sinnvoll und preiswert ist. Das Angebot ist inzwischen vielfältig. Neben den klassischen Energiequellen gibt es eine große Zahl alternativer Systeme, die auf der Basis von nachwachsenden Brennstoffen arbeiten. Experten warnen: Je mehr Ackerflächen für den Anbau von nachwachsenden Rohstoffen, sogenannte Biomasse, verwendet werden, desto weniger Flächen stehen für den Anbau von Nahrungsmitteln zur Verfügung. Diese Entwicklung führt also in ein Dilemma. Hier Brot, dort Sprit.

 

In den letzten Jahren hat der Hunger in der Welt dramatisch zugenommen, die Ursachen dafür sind vor allem Dürrekatastrophen und kriegerische Auseinandersetzungen. Zudem kommt jetzt nicht nur Brot, sondern auch der Treibstoff vom Acker. Dieser Treibstoff ist ein begehrtes Produkt, mit dem auf dem Weltmarkt ein guter Preis erzielt werden kann. Die Bitte um das tägliche Brot bleibt bei Millionen Menschen auf der Südseite der Weltkugel unerfüllt, weil sie die hohen Preise für das Getreide oder das fertige Brot nicht mehr bezahlen können.

So interessant die Nutzung von Biomasse für einen Teil der Energieversorgung ist, so sehr ist aus christlicher Überzeugung an dem Recht auf Nahrung für alle Menschen festzuhalten. Im Vaterunser ist es als Bitte verankert: "Gib uns unser tägliches Brot!"

 

 

 

Mittwoch, 3. August 2011

Wasser ist ein kostbares Lebensmittel

Mindestens zwei Liter Flüssigkeit sollte jeder Mensch pro Tag trinken. Bei Hitze und körperlicher Anstrengung sogar noch mehr. Wasser ist lebenswichtig. Gott sei Dank haben wir noch genug davon, doch es ist uns nicht immer bewusst, was für ein wertvoller Schatz Wasser ist.

 

International wird viel über die Nutzung und Verteilung von Wasser diskutiert, denn es ist inzwischen ein beliebtes Spekulationsobjekt geworden. Es stellt sich zunehmend die Frage, ob die hohe Qualität des Wassers und ein günstiger Preis noch gewährleistet bleiben, wenn private Großunternehmen mit Wasser profitable Geschäfte machen wollen.

Die ungerechte Situation, dass sich sauberes Trinkwasser nur reiche Leute leisten können und ärmere Bevölkerungsgruppen mit schlechtem Wasser leben müssen, wird bald in immer mehr Ländern vorhanden sein. In der Erklärung der Evangelischen Kirche zur zukunftsfähigen Nutzung der Wasserreserven ist festgehalten: "Wasser ist ein unverzichtbares Lebensmittel, das durch kein anderes Naturgut ersetzt und auch nicht vermehrt werden kann. Wasser ist ein Naturgut, das für alle Lebewesen da ist. Daher ist der Zugang zu gutem Trinkwasser auch ein unverzichtbares Menschenrecht."

 

 

 

Donnerstag, 4. August 2011

Sprachen verbinden Menschen

Lieselotte ist eine junge Frau und hat vor kurzem ihren 23. Geburtstag gefeiert. Sie spricht fünf Sprachen, neben Französisch, Englisch und Italienisch beherrscht sie auch Arabisch und Spanisch. Ihr Interesse für Sprachen wurde in der Volksschule geweckt und hält bis heute an. Für sie ist es spannend und aufregend eine neue Sprache zu lernen, aber auch ihre Kenntnisse aufzufrischen. Das macht sie mit großer Leidenschaft vor jedem Urlaub, denn sie ist glücklich, wenn sie sich mit den Menschen am Urlaubsort unterhalten und die Zeitung in der Landessprache lesen kann. Sie fühlt sich dann dem Land und den Menschen näher und auch ein Stück dazugehörig. Sie ist überzeugt, dass sie durch die Sprache den Weg zu den Menschen und zu ihren Herzen finden kann. Dadurch eröffnet sich eine ganz neue Welt.

Nach der Matura war für Liselotte klar, dass sie nicht nur Sprachen faszinierend findet, sondern ebenso das Leben der Menschen: Wie denken Frauen, Männer und Kinder in anderen Ländern? Woran glauben sie? Was bereitet ihnen Freude und welche Sorgen haben sie? 

Interkulturelles Lernen schließt die Verständigung und Begegnung mit Menschen aus anderen Ländern und Völkern ein. Durch diese Erfahrungen können Vorurteile und Grenzen abgebaut und soziale und gesellschaftliche Veränderungen herbeigeführt werden.

 

 

 

Freitag, 5. August 2011

Tragen und Getragen werden

In den Sommerferien haben viele Menschen mehr Zeit. Das kann eine gute Gelegenheit sein, auch seine Beziehungen in der Familie und im Freundeskreis wieder aufzufrischen. Beziehungen erweisen sich nur dann als tragfähig, wenn sie sich entwickeln, wenn sie reifen können, kurzum, wenn an ihnen gearbeitet wird. 

 

Einander Halt zu geben und sich getragen zu wissen, wer wünscht sich das nicht. Am Anfang des Lebens wird der Mensch getragen, neun Monate unter dem Herzen der Mutter. Und solange das Kind noch nicht gehen kann wird es überall hin getragen. Schön ist es, auch später von lieben Menschen getragen zu werden, sei es durch schwere oder auch durch freudige Zeiten. Es tut gut zu hören: "Du bist nicht alleine. Ich werde dich unterstützen und dir helfen. Auf mich kannst du dich verlassen."

 

Der Apostel Paulus schreibt: "Einer trage des anderen Last, so erfüllt ihr den Auftrag, den wir von Jesus Christus haben." Es wird nichts Übermenschliches verlangt. Menschen sollen weder die Welt aus den Angeln heben noch Wunder vollbringen. Es wird auch nicht erwartet, alles richtig zu machen. Aber es ist eine christliche Aufgabe, einander zu tragen. Keiner kann für sich alleine leben, jeder braucht Hilfe und Unterstützung, jeder zu seiner Zeit, jede auf ihre Weise.

 

 

 

Samstag, 6. August 2011

Urlaubsfeeling

Joachim hatte sich auf den diesjährigen Sommerurlaub besonders gefreut. Denn nach dem zweiten Kind und dem Hausbau war dafür in den letzten Jahren weder Zeit noch Geld übrig gewesen. Aber dann war nichts so, wie er es sich erträumt hatte. Die Hotelanlage war zwar schön und luxuriös, aber richtig genießen konnte er das alles nicht. Warum? Das wusste er selber nicht so genau. Es ist in ihm kein richtiges Urlaubsfeeling aufgekommen.

 

Joachim arbeitete in den letzten Jahren ohne viele Erholungsphasen und achtete kaum auf seine Kraftreserven. Den Ortswechsel schaffte er zu Beginn des Urlaubs gerade noch, aber seine Erschöpfung nahm er mit. Menschen fällt es offenbar immer schwerer, einfach loszulassen, nichts zu tun - auch im Alltag etwas Zeit für sich zu finden. Die Arbeit hat immer Vorrang. Doch zwei Wochen Urlaub können nicht ersetzen, was das ganze Jahr schief läuft. Der tägliche Raubbau nimmt die Lebensfreude. Deshalb gibt es ja auch den Sonntag. Er ist nicht dazu da, das aufarbeiten, was während der Woche liegen geblieben ist, er ist dazu da, in sich selbst zur Ruhe zu kommen und auszuspannen, sich selbst mit allen unterschiedlichen Bedürfnissen wahr zu nehmen. Das ist der Sinn des Sonntags und der freien Zeit. Sogar Gott hat sie gebraucht, so steht es im Alten Testament: "Und Gott ruhte am siebenten Tag von allen seinen Werken."