Wer vom Fußball begeistert ist, kann sich folgende Situation
vorstellen: Für die eigene Mannschaft geht es um ein
Entscheidungsspiel. Und nun führt sie fünf Minuten vor Schluss mit
einem Vorsprung von 10 Toren. Dieses Spiel ist auf jeden Fall
gewonnen. So viele Tore sind in der kurzen Zeit nicht mehr
aufzuholen. Ein Jubel bricht unter den Anhängern der siegreichen
Mannschaft aus.
Eine solche Situation erinnerte mich an einen Satz aus dem
Römerbrief (12,12): Seid fröhlich in der Hoffnung. Natürlich ist das
Spiel noch nicht beendet. Die Hoffnung wird aber mit jeder Sekunde
mehr zur Gewissheit, dass das Spiel entschieden ist.
Am Beginn eines Tages, der so manche Probleme bringen konnte, habe
ich mir diese Worte des Apostels Paulus gesagt. Ich darf hoffen,
weil durch die Auferstehung Jesu alles entschieden ist. Der Tag, der
vor mir liegt, kann so manche Schwierigkeiten bringen. Wenn ich den
Vergleich vom Fußballspiel noch einmal aufgreife: Es kann auch noch
den einen oder den anderen Gegentreffer geben. Entscheidend ist
aber: Das Spiel ist bereits gelaufen. In dieser Hoffnung dürfen wir
leben. Das ist der Grund meiner Freude, auch im Leid.
Montag, 15.8.2011
Gleich nach meiner Kaplanszeit war ich Pfarrer in Eberau im
südlichen Burgenland. Im Garten des Pfarrhofes gab es einen offenen
Brunnen, aus dem ich für mich und andere immer wieder köstlich
frisches Wasser geschöpft habe. Der Eimer war an einer Kette
befestigt und wurde an einer Rolle langsam in die Tiefe gelassen.
Dort füllte er sich, und man kurbelte ihn behutsam wieder herauf.
An diesen Brunnen hat mich der Satz erinnert, den ich auf einer
Spruchkarte gelesen habe: Nimm das Gefäß des Vertrauens und schöpfe
aus der Quelle des Lebens, nicht nur für dich, sondern für alle,
denk auch dabei an alle anderen Menschen, besonders an jene, die der
Güte Gottes misstrauen.
Da habe ich an das Rosenkranzgebet denken müssen. Ich bin immer
wieder überrascht, wenn ich als Jugendseelsorger Jugendlichen
begegne, die mit Freude dieses Gebet beten.
Wenn ich das „Vater unser“ und das „Gegrüßet seist du Maria“ immer
wiederholend bete, dann ist das für mich wie mit dem Eimer, den ich
in die Tiefe hinunterlasse, um Wasser zu schöpfen. Wenn nun der
Eimer durch meine Unachtsamkeit einmal nur viertelvoll zu mir
gelangt ist, dann habe ich doch nicht aufgegeben. Beim nächsten Mal
habe ich ihn halb gefüllt wieder bei mir gehabt.
So ist meine Freude über das wiederholende Gebet immer größer
geworden.
Dienstag, 16.8.2011
Ein Konzert von etwa 200 jungen Menschen im Rahmen eines
Musikwettbewerbs hat mich tief beeindruckt. Ich selbst hatte vor
Jahren in einer Jugendkapelle Klarinette gespielt. So habe ich beim
Zuhören die Augen geschlossen und versucht, genau dieses Instrument
herauszuhören. Etwas schwieriger war es bei anderen Instrumenten.
Ich habe den Dirigenten bewundert, der aus dem Dröhnen den Ton der
zarten Flöte heraushörte. Er gab ein Zeichen, etwas lauter zu
spielen, oder er gab zu verstehen, dass die Trompete etwas mehr im
Hintergrund bleiben sollte.
Da habe ich an ein Wort aus einem Brief des Hl. Ignatius von
Antiochien denken müssen: „Nehmt Gottes Melodie in euch auf!“
Mir ist bewusst geworden: Gott hat auch für mich eine Melodie. Sie
ist aber sehr zart und leise, vor allem dann, wenn meine Ohren noch
ungeübt sind, sie zu hören. So wie jemand zuerst lernen muss, seine
Aufmerksamkeit auf die Flöte zu lenken, damit er sie aus dem
Orchester heraushören kann.
Oft schon habe ich mir schon gedacht: So vieles in meinem habe ich
geübt und erlernt.
Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, im Schweigen die Stimme Gottes
hören zu lernen, damit ich sie auch während des Tages - aus dem Lärm
heraus – hören kann.
Mittwoch, 17.8.2011
Ein Psychologe hat eine Liste unserer Sorgen zusammengestellt. An
der Spitze stehen mit 40 Prozent Angst vor Ereignissen, die
überhaupt nicht eintreffen. Furcht vor Dingen, die gar nicht
passieren oder die ihren Schrecken verlieren, wenn man sie aus der
Nähe betrachtet.
An zweiter Stelle stehen mit 30 Prozent Sorgen um lange
zurückliegende Ereignisse. Man kann nichts mehr ändern daran, aber
sie belasten uns sehr.
Es folgen noch etliche Prozentpunkte mit Sorgen von geringerer
Bedeutung, aber wir machen sie nur noch viel größer.
Schließlich bleiben noch 8 Prozent. Die wirklich berechtigten
Sorgen. Ich behaupte, nicht diese 8 Prozent bedrücken uns am
meisten, sondern jene 92 Prozent, die unberechtigt sind. Sie nehmen
uns die Lebensfreude. Vielleicht schon heute, jetzt am frühen
Morgen. Wenn Sie an Dinge denken, mit denen Sie nicht fertig werden.
Kein Wunder, dass wir da nicht die schönsten Ereignisse des Tages
bemerken. Ich habe mich selber schon oft beobachtet, wenn mich meine
Sorgen ganz beschäftigt haben. Ich habe dann das Lächeln, einen
freundlichen Gruß von Menschen, die mir begegnet sind, gar nicht
wahrgenommen. Eben weil ich so sehr mit mir beschäftigt war.
Im 1. Brief des Apostels Petrus werden wir eingeladen: „Werft alle
Sorgen auf den Herrn, denn er kümmert sich um euch.“
Donnerstag, 18.8.2011
In einem Hafen am Meer liegen zwei Schiffe vor Anker. Beide bereit
zur Ausfahrt.
Ich sehe darin ein Gleichnis für unser Leben. Für das eine Schiff
sind viele Angebote versprochen worden. Auf mehreren Inseln wird man
landen, viele Sehenswürdigkeiten wird man besuchen. An Bord des
Schiffes wird es unterhaltsam sein. Die das Schiff besteigen,
glauben aber, dass es am Ende der Reise untergeht. Dann ist alles zu
Ende, dann wartet das Nichts. „Mit dem Tod ist alles aus“, sagen
diese Menschen.
Die das andere Schiff besteigen, glauben auch daran, dass sie
unterwegs viel Schönes erleben werden. Viele Überraschungen wird es
geben. Am Ende der Fahrt aber werden sie ein neues Land erreichen,
eine Heimat, nach der sie sich sehnen, in der sie ewig glücklich
leben werden.
Für jene, die an ein versprochenes Land glauben, spielt der
Unterschied, um welches Schiff es sich handelt, nur eine Nebenrolle.
Als einer von ihnen sagt der Apostel Petrus. „Das Ziel eures
Vertrauens ist eure Rettung. Wenn ihr euer Ziel erreicht habt,
werdet ihr jubeln mit einer Freude, die niemand in Worte fassen
kann.“ (1.Petr. 1/7)
Für welches Schiff entscheiden Sie sich?
Freitag, 19.8.2011
Vom Ufer des Neusiedlersees aus habe ich in diesen Tagen Surfer
beobachtet. Sie sind auf ihrem Brett gestanden – vor sich das Segel,
das sie durch geschickte Bewegungen immer wieder vom Wind ergreifen
lassen. Anfänger in dieser Sportart erkennt man daran, dass sie
leicht das Gleichgewicht verlieren und ins Wasser fallen. Es scheint
einleuchtend: Wenn der Wind rückwärts ordentlich in das Segel
greifen kann, kommt man gut voran. Was aber, wenn Gegenwind
herrscht? Mein Neffe, ein begeisterter Surfer, hat mir erklärt: „Das
spielt auch keine Rolle! Das Segel muss in diesem Fall etwa im
Winkel von 45 Grad dem Gegenwind entgegengehalten werden, und man
kommt herrlich weiter.“
Der Surfer kann auch bei Gegenwind weiterkommen. Er muss sich nur
darauf einstellen. Der Apostel Paulus, der in seinem Leben viel
Schweres zu ertragen hatte, sagt aus seiner großen Erfahrung im
Thessalonicherbrief: „Seid immer fröhlich. Lasst im Beten nicht
nach. Dankt Gott in jeder Lebenslage.“
Es ist ja auch sonst im Leben so, wenn man etwas lernen will, muss
man sich anstrengen und üben. Die kleinen Erfolge bringen Freude zum
Weitermachen. Wenn es das erste Mal nicht recht gelingen will,
erinnern wir uns an die Surfer, die auch immer wieder ins Wasser
fallen, wenn sie das Gleichgewicht verlieren. Sie geben trotzdem
nicht auf.
Samstag, 20.8.2011
An einem sternklaren Abend nütze ich die Gelegenheit zu einem
Spaziergang. Ich versuche, die Sternbilder – soweit ich sie kenne –
einander zuzuordnen. In der Helligkeit, im Funkeln – das weiß ich –
unterscheiden sich die Sterne voneinander. Ich beginne zu zählen,
verliere aber ganz schnell die Übersicht. Da erinnere ich mich
daran, dass mit freiem Auge einige tausende Sterne zu zählen sind.
Was bedeutet das aber, wenn allein unsere Milchstraße etwa 10
Milliarden Sonnen umfasst? Das aber ist erst der Anfang. Eine
Milchstraße wie unsere ist als kleiner Nebel im Firmament
auszunehmen. Milchstraßen wie diese gibt es aber, so sagen die
Fachleute, etwa 10 Millionen. Und manche von ihnen sind viele
Billionen Kilometer von uns entfernt. Das sind Zahlen, die uns
beeindrucken.
Im Weitergehen kommt mir der Gedanke: Was ist eigentlich wirklich
groß? Was bin ich – ein kleiner Mensch?
Im Psalm staunt der Beter: „Was ist der Mensch, dass Du an ihn
denkst, des Menschen Kind, dass Du dich seiner annimmst?“
Dieser Spaziergang hat mir ein wenig die Größe Gottes ahnen lassen.
Milliarden von Sternen senden ihr Licht aus, seit Millionen von
Jahren. Ganz gleich, ob wir kleinen Menschen dies zur Kenntnis
nehmen oder nicht.