Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Pfarrer Johannes Freitag (Vordernbergertal, Steiermark)

 

 

Sonntag, 25. Dezember 2011

Die grellen Lichter der vergangenen Tage sind zum Teil schon ausgeschaltet, die Massen, die Einkaufsstraßen und -zentren belebten, verschwunden, sich ständig wiederholende Weihnachtslieder aus Musikboxen und Lautsprechern, die Weihnachtsstimmung und Konsum steigern sollen, verklungen. Die verschiedenen Weihnachtsfeiern in Betrieben und Vereinen sind überstanden und bereits Geschichte.

Irgendwie kehrt mit dem Heiligen Abend im kleinen und vertrauten Kreis Ruhe ein. Wenn auch so manches vom grellen Licht, von dröhnenden Lautsprechern und so diversen Pflichtfeiern in Harmonie und „verordneter“ Gemütlichkeit nachwirkt: Weihnachten ist ganz anders.

Vielleicht erinnern Sie sich in dieser morgendlichen Stunde an so manches Weihnachtsfest als Kind oder mit den eigenen Kindern, vielleicht freuen Sie sich bereits auf das heutige Zusammensein mit der Familie oder vielleicht machen sie sich heute auf den Weg dorthin, wo Sie im Herzen verwurzelt sind.

Wie sie den Tag auch gestalten oder er für sie gestaltet wird - ich wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen gesegneten Christtag!

 

 

 

Montag, 26. Dezember 2011

In einigen Gegenden der Oststeiermark wird der heutige zweite weihnachtliche Feiertag salopp als „Lumpentag“ bezeichnet. Gemeint ist damit, dass nach den familiären Verpflichtungen es an diesem Tag schon vorkommen kann, dass man im Wirtshaus länger als üblich und ohne Blick auf die Uhr zusammensitzt.

Das Brauchtum bestimmt wie in den Adventwochen auch die Weihnachtstage. Steht am Heiligen Abend und am Christtag die Familie und unmittelbare Lebensgemeinschaft im Mittelpunkt, so ist der Stephanietag von freundschaftlichen Unternehmungen geprägt: ob der Stephanieritt oder die Stephaniejagd, ob ausgedehnte Spaziergänge oder der erste Skitag, ob Faulenzen oder Lesen, der heutige angehängte Feiertag tut mir und meinem Beziehungsnetz gut.

Das Gemeinschaftsstiftende, das gerade in einer ansprechenden Lebens- und Feierkultur oder durch die Pflege von Bräuchen zum Ausdruck kommt, ist wertvoll und bereichert mein Menschsein.  

 

 

 

Dienstag, 27. Dezember 2011

Ich freu mich schon drauf, wenn ich in einigen Tagen gemeinsam mit lieben Freunden meinen Weinbauern und seine Familie in der Südsteiermark besuche. Dabei werden die letzten Weihnachtsbäckereien der Gastgeberin und  der erste Wein des Gastgebers verkostet. In geselliger Runde wird von Freuden und Sorgen des vergangenen Jahres erzählt, von Witterungseinflüssen und Mühen, die bestimmend waren, dass  der Wein so reifen konnte und geworden ist. Mich berührt es immer wieder, wie viel Umsicht, Aufmerksamkeit und Fleiß notwendig sind, bis der Wein abgefüllt ist und meinen Gaumen als gutes Tröpferl im Glas erfreut.

In vielen Gegenden Österreichs wird am heutigen Johannestag  der junge Wein gesegnet. Darin wird die Dankbarkeit für dieses kostbare Geschenk des Schöpfers und die Mühe des Menschen zum Ausdruck gebracht. Ja, allein der Blick auf das Glas Wein in meiner Hand macht mir bewusst, dass nichts selbstverständlich ist. Gottes Liebe und die Mühe von Menschen machen mich dankbar.

 

 

 

Mittwoch, 28.Dezember 2011

Am heutigen 28. Dezember erinnert sich die katholische Kirche im Tagesevangelium an die unschuldigen Kinder. Darin wird erzählt, dass die Sterndeuter dem Herrscher Herodes von der Geburt eines Kindes berichten, welches König in Israel sein soll. In seiner Angst um Macht und Einfluss lässt Herodes alle Erstgeborenen seines Reiches töten.

So dramatisch die Schilderung und Darstellung dieses Geschehens ist, so erschreckt ebenso die Tatsache, dass  Kinder auch heute Opfer von Gewalt, Machtansprüchen und Egoismus werden.

Die Frage, welchen Wert Kinder in unserer Gesellschaft haben, ist nicht allzu schnell mit „groß oder bedeutend“  zu beantworten. Unabhängig von materiellen Gütern bleibt die Frage aktuell, was Kindern an Werten vorgelebt und vermittelt wird, ob sie als Störfaktor oder Bereicherung zur eigenen Selbstverwirklichung gesehen werden.

Konsequenz und Liebe machen die gesellschaftlich bedeutende Aufgabe der Erziehung mühevoll, aber auch kostbar. Die Bedürfnisse von Kindern ernst zu nehmen und ihr verletzliches Dasein zu schützen ist Aufgabe jener, die Macht und Einfluss haben, wenn es um eine gute Zukunft geht.

 

 

 

Donnerstag, 29. Dezember 2011

In unserer Pfarrkirche steht eine Krippe, in der es eine Fülle von verschiedenen 200 Jahre alten Krippenfiguren gibt. Nicht nur weil wir in den vergangenen drei Jahren die Figuren gereinigt und restauriert haben, sondern weil die Figuren der alpenländischen Tradition entsprechen und das Hintergrundbild die wunderbare Bergwelt um Trofaiach miteinbezieht, ist mir und vielen Menschen unsere Kirchenkrippe ans Herz gewachsen. Sehr gern bleibe ich in diesen Tagen vor ihr stehen. Ich schaue mir einzelne Gesichter und Gesichtszüge an, betrachte, mit wie viel Liebe zum Detail die Künstler, Kleines groß dargestellt haben. Ich freue mich darüber, auch wenn ich weiß, dass die Realität einer Geburt nicht allzu viel mit Idylle zu tun hat.

Trotzdem stehe ich gern vor der Krippe mit ihren unterschiedlichen Figuren und der Darstellung des Weihnachtsgeschehens. Ich bin einfach da - mit meinen Freuden und Sorgen, meinem Bitte und Danke, mit meinem Leben und dem anderer Menschen. Ich bin da, um zu staunen, dass um dieses Geheimnis der Menschwerdung Gottes so vieles Platz hat und auch so viele ihren Platz finden – auch ich.

 


 

Freitag, 30. Dezember 2011

Den Hirten gilt meine besondere Aufmerksamkeit, wenn ich in den Weihnachtstagen die verschiedenen Krippen anschaue und oft auch bewundere. Gott verkündet die hoffnungsvolle Botschaft seiner Menschwerdung zuerst jenen, die vom einfachen Menschsein in Armut und Härte des Alltags geprägt sind. Verstehen sie es vielleicht besser, weil sie nicht so viel ablenkt wie mich, im Getriebe des Alltags und dem Tempo der Zeit?

Für mich ist es berührend und großartig zugleich, dass Gott nach christlichem Glauben Mensch wird - angreifbar und das in einem doppelten Sinne. Zum einen offenbart er sich im Stall von Bethlehem als kleines Kind, er begegnet mir auf Augenhöhe, von Angesicht zu Angesicht. Zum anderen setzt er sich am Kreuz dem Vorwurf eines Menschen aus, der ihn angreift und sagt: „Du willst Gottes Sohn sein – so steig doch herab und hilf dir selbst!“

Bis heute ist es für manche Menschen schwer, dieses Geheimnis des christlichen Glaubens anzunehmen. Vielleicht hilft dabei das Beispiel eines Hirten an der Krippe, der dem Geheimnis des Größeren vertraut.

 

 

 

Samstag, 31. Dezember 2011

Für viele ist der Jahreswechsel Anlass zurückzuschauen auf das, was das vergangene Jahr gebracht hat, was sich ereignete, was an Schönem geschenkt, an  Herausforderndem zu meistern, an Unerwartetem anzunehmen war.

Im Blick nach vorn bleibt vieles ungewiss: manches ist  bereits in Planung, anderes noch nicht abzusehen. 

An so mancher Schwelle meines Lebens versuche ich bewusst zu vertrauen. Als Christ bemühe ich mich darum, im Augenblick  zu leben und das Heute bewusst anzunehmen. Ich bin davon überzeugt, dass Gott mich führt und in das Jahr 2012 begleitet.

Ein Text von Dietrich Bonhoeffer bestärkt mich in diesem Vertrauen:

 

Von guten Mächten treu und still umgeben,

behütet und getröstet wunderbar,

so will ich diese Tage mit euch leben,

und mit euch gehen in ein neues Jahr.

 

Von guten Mächten wunderbar geborgen

erwarten wir getrost, was kommen mag.

Gott ist bei uns am Abend und am Morgen

und ganz gewiss an jedem neuen Tag.