von Pfarrer Johannes Freitag (Vordernbergertal, Steiermark)
Sonntag, 25. Dezember 2011
Die grellen Lichter der vergangenen Tage sind zum Teil schon
ausgeschaltet, die Massen, die Einkaufsstraßen und -zentren
belebten, verschwunden, sich ständig wiederholende Weihnachtslieder
aus Musikboxen und Lautsprechern, die Weihnachtsstimmung und Konsum
steigern sollen, verklungen. Die verschiedenen Weihnachtsfeiern in
Betrieben und Vereinen sind überstanden und bereits Geschichte.
Irgendwie kehrt mit dem Heiligen Abend im kleinen und vertrauten
Kreis Ruhe ein. Wenn auch so manches vom grellen Licht, von
dröhnenden Lautsprechern und so diversen Pflichtfeiern in Harmonie
und „verordneter“ Gemütlichkeit nachwirkt: Weihnachten ist ganz
anders.
Vielleicht erinnern Sie sich in dieser morgendlichen Stunde an so
manches Weihnachtsfest als Kind oder mit den eigenen Kindern,
vielleicht freuen Sie sich bereits auf das heutige Zusammensein mit
der Familie oder vielleicht machen sie sich heute auf den Weg
dorthin, wo Sie im Herzen verwurzelt sind.
Wie sie den Tag auch gestalten oder er für sie gestaltet wird - ich
wünsche Ihnen ein frohes Weihnachtsfest und einen gesegneten
Christtag!
Montag, 26. Dezember 2011
In einigen Gegenden der Oststeiermark wird der heutige zweite
weihnachtliche Feiertag salopp als „Lumpentag“ bezeichnet. Gemeint
ist damit, dass nach den familiären Verpflichtungen es an diesem Tag
schon vorkommen kann, dass man im Wirtshaus länger als üblich und
ohne Blick auf die Uhr zusammensitzt.
Das Brauchtum bestimmt wie in den Adventwochen auch die
Weihnachtstage. Steht am Heiligen Abend und am Christtag die Familie
und unmittelbare Lebensgemeinschaft im Mittelpunkt, so ist der
Stephanietag von freundschaftlichen Unternehmungen geprägt: ob der
Stephanieritt oder die Stephaniejagd, ob ausgedehnte Spaziergänge
oder der erste Skitag, ob Faulenzen oder Lesen, der heutige
angehängte Feiertag tut mir und meinem Beziehungsnetz gut.
Das Gemeinschaftsstiftende, das gerade in einer ansprechenden
Lebens- und Feierkultur oder durch die Pflege von Bräuchen zum
Ausdruck kommt, ist wertvoll und bereichert mein Menschsein.
Dienstag, 27. Dezember 2011
Ich freu mich schon drauf, wenn ich in einigen Tagen gemeinsam mit
lieben Freunden meinen Weinbauern und seine Familie in der
Südsteiermark besuche. Dabei werden die letzten Weihnachtsbäckereien
der Gastgeberin und der erste Wein des Gastgebers verkostet. In
geselliger Runde wird von Freuden und Sorgen des vergangenen Jahres
erzählt, von Witterungseinflüssen und Mühen, die bestimmend waren,
dass der Wein so reifen konnte und geworden ist. Mich berührt es
immer wieder, wie viel Umsicht, Aufmerksamkeit und Fleiß notwendig
sind, bis der Wein abgefüllt ist und meinen Gaumen als gutes
Tröpferl im Glas erfreut.
In vielen Gegenden Österreichs wird am heutigen Johannestag der
junge Wein gesegnet. Darin wird die Dankbarkeit für dieses kostbare
Geschenk des Schöpfers und die Mühe des Menschen zum Ausdruck
gebracht. Ja, allein der Blick auf das Glas Wein in meiner Hand
macht mir bewusst, dass nichts selbstverständlich ist. Gottes Liebe
und die Mühe von Menschen machen mich dankbar.
Mittwoch, 28.Dezember 2011
Am heutigen 28. Dezember erinnert sich die katholische Kirche im
Tagesevangelium an die unschuldigen Kinder. Darin wird erzählt, dass
die Sterndeuter dem Herrscher Herodes von der Geburt eines Kindes
berichten, welches König in Israel sein soll. In seiner Angst um
Macht und Einfluss lässt Herodes alle Erstgeborenen seines Reiches
töten.
So dramatisch die Schilderung und Darstellung dieses Geschehens ist,
so erschreckt ebenso die Tatsache, dass Kinder auch heute Opfer von
Gewalt, Machtansprüchen und Egoismus werden.
Die Frage, welchen Wert Kinder in unserer Gesellschaft haben, ist
nicht allzu schnell mit „groß oder bedeutend“ zu beantworten.
Unabhängig von materiellen Gütern bleibt die Frage aktuell, was
Kindern an Werten vorgelebt und vermittelt wird, ob sie als
Störfaktor oder Bereicherung zur eigenen Selbstverwirklichung
gesehen werden.
Konsequenz und Liebe machen die gesellschaftlich bedeutende Aufgabe
der Erziehung mühevoll, aber auch kostbar. Die Bedürfnisse von
Kindern ernst zu nehmen und ihr verletzliches Dasein zu schützen ist
Aufgabe jener, die Macht und Einfluss haben, wenn es um eine gute
Zukunft geht.
Donnerstag, 29. Dezember 2011
In unserer Pfarrkirche steht eine Krippe, in der es eine Fülle von
verschiedenen 200 Jahre alten Krippenfiguren gibt. Nicht nur weil
wir in den vergangenen drei Jahren die Figuren gereinigt und
restauriert haben, sondern weil die Figuren der alpenländischen
Tradition entsprechen und das Hintergrundbild die wunderbare
Bergwelt um Trofaiach miteinbezieht, ist mir und vielen Menschen
unsere Kirchenkrippe ans Herz gewachsen. Sehr gern bleibe ich in
diesen Tagen vor ihr stehen. Ich schaue mir einzelne Gesichter und
Gesichtszüge an, betrachte, mit wie viel Liebe zum Detail die
Künstler, Kleines groß dargestellt haben. Ich freue mich darüber,
auch wenn ich weiß, dass die Realität einer Geburt nicht allzu viel
mit Idylle zu tun hat.
Trotzdem stehe ich gern vor der Krippe mit ihren unterschiedlichen
Figuren und der Darstellung des Weihnachtsgeschehens. Ich bin
einfach da - mit meinen Freuden und Sorgen, meinem Bitte und Danke,
mit meinem Leben und dem anderer Menschen. Ich bin da, um zu
staunen, dass um dieses Geheimnis der Menschwerdung Gottes so vieles
Platz hat und auch so viele ihren Platz finden – auch ich.
Freitag, 30. Dezember 2011
Den Hirten gilt meine besondere Aufmerksamkeit, wenn ich in den
Weihnachtstagen die verschiedenen Krippen anschaue und oft auch
bewundere. Gott verkündet die hoffnungsvolle Botschaft seiner
Menschwerdung zuerst jenen, die vom einfachen Menschsein in Armut
und Härte des Alltags geprägt sind. Verstehen sie es vielleicht
besser, weil sie nicht so viel ablenkt wie mich, im Getriebe des
Alltags und dem Tempo der Zeit?
Für mich ist es berührend und großartig zugleich, dass Gott nach
christlichem Glauben Mensch wird - angreifbar und das in einem
doppelten Sinne. Zum einen offenbart er sich im Stall von Bethlehem
als kleines Kind, er begegnet mir auf Augenhöhe, von Angesicht zu
Angesicht. Zum anderen setzt er sich am Kreuz dem Vorwurf eines
Menschen aus, der ihn angreift und sagt: „Du willst Gottes Sohn sein
– so steig doch herab und hilf dir selbst!“
Bis heute ist es für manche Menschen schwer, dieses Geheimnis des
christlichen Glaubens anzunehmen. Vielleicht hilft dabei das
Beispiel eines Hirten an der Krippe, der dem Geheimnis des Größeren
vertraut.
Samstag, 31. Dezember 2011
Für viele ist der Jahreswechsel Anlass zurückzuschauen auf das, was
das vergangene Jahr gebracht hat, was sich ereignete, was an Schönem
geschenkt, an Herausforderndem zu meistern, an Unerwartetem
anzunehmen war.
Im Blick nach vorn bleibt vieles ungewiss: manches ist bereits in
Planung, anderes noch nicht abzusehen.
An so mancher Schwelle meines Lebens versuche ich bewusst zu
vertrauen. Als Christ bemühe ich mich darum, im Augenblick zu leben
und das Heute bewusst anzunehmen. Ich bin davon überzeugt, dass Gott
mich führt und in das Jahr 2012 begleitet.
Ein Text von Dietrich Bonhoeffer bestärkt mich in diesem Vertrauen: