Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Msgr. Ernst Pöschl (Eisenstadt)

 

 

Sonntag, 29. 1. 2012

Auch dieses Mal wurden zu Silvester wieder tausende Leuchtraketen abgeschossen. Da zischt so eine Rakete in die Höhe, öffnet sich und tausende Sterne leuchten am Himmel auf. Ein herrliches Schauspiel zeigt sich für einige Sekunden. Dann kommt wieder eine andere Rakete, die in vielen anderen Farben in noch größerer Leuchtpracht aufleuchtet.

 

Da dachte ich mir, könnte man nicht auch unser Leben mit einer solchen Leuchtrakete vergleichen? Natürlich gibt es sie in den verschiedensten Farben und Größen. Manche erscheinen eher unscheinbar, andere wieder prächtig. Auch für mein Leben finde ich dabei einen Vergleich. Wie kurz ist es doch im Vergleich zur Ewigkeit.

 

Dazu ein kleines Rechenbeispiel. Vom Beginn des Urknalls, so sagen die Wissenschaftler, bis heute sind etwa 10 Milliarden Jahre vergangen. Damit ich mir diese Zahl besser vorstellen kann, habe ich sie mit einem Tag von 24 Stunden verglichen. Die Hälfte davon, 5 Milliarden Jahre, wären dann 12 Stunden. Und wie lange wäre dann ein Menschenleben von 100 Jahren? Der fünfhundertste Teil einer Sekunde. Also noch viel kürzer als so eine Leuchtrakete, die am Himmel aufleuchtet und verschwindet.

 

 

 

Montag, 30. 1. 2012

Ich weiß, meine Haltung beim Schifahren, wenn ich wieder einmal dazu komme, entspricht nicht der neuesten Schule. Darum schaue ich mir umso lieber Schirennen an. Immer wieder kann man den Sprecher hören: Schade, er konnte den Schwung nicht mitnehmen. Was ist passiert? Durch einen Fehler konnte der Läufer oder die Läuferin den Schi nicht richtig laufen lassen. Sie mussten, den Schi etwas quer stellen, um nicht zu stürzen. Damit aber haben sie sich die Geschwindigkeit genommen. Wie schön wäre es gewesen, wenn sie diesen Schwung auch noch im Flachstück gehabt hätten.

 

Gleich am Morgen, wünsche ich mir viel Schwung für diesen Tag, der vor mir liegt. Natürlich haben die Rennläufer sich ihre Strecke bei der Besichtigung gut eingeprägt. Manche von ihnen, so kann man es sehen, gehen in Gedanken vor dem Start noch jede Kurve durch.

 

Am Beginn dieses Tages gehe auch ich alles noch einmal durch, was ich mir vorgenommen habe. Ich beschäftige mich auch mit den Schwierigkeiten. Ich bleibe aber dabei nicht hängen. Ich habe schon öfter gesehen, dass Schirennläufer vor dem Start ein Kreuzzeichen gemacht haben. Warum sollte nicht auch ich selbst darum beten, dass ich den Schwung für den heutigen Tag mitnehmen kann?

 

 

 

Dienstag, 31. 1. 2012

An einem Morgen bin ich von meiner Heimatgemeinde nach Eisenstadt gefahren. Ich hatte alles gut geplant, um rechtzeitig zum Schlussgottesdienst in der Berufsschule mit den 300 Lehrlingen zu kommen. Da gerate ich ganz unerwartet in einen Stau. Dazu kommt noch, dass sich vor mir ein Lastwagen mit einem Kennzeichen aus einem anderen Bundesland hineindrängt. Es ist viel Verkehr und es regnet, an ein Überholen ist daher nicht zu denken. Ich fange an, mich zu ärgern, dass ich nicht früher fortgefahren bin. Dann fällt mir ein, dass ich zu den Lehrlingen über den Satz des Hl. Paulus predigen möchte: Sagt Dank in jeder Lebenslage.

 

Wenn der Pfarrer darüber predigt, dann muss er das auch selber tun. Schließlich habe ich Gott dafür gedankt, dass es den Verkehrsstau gab und der Lastwagen vor mir eingebogen ist. Ich möchte die Scheibenwischanlage einschalten. Kein Wasser ist vorhanden. Wenn ich bei der nächsten Tankstelle stehen bleibe, um es nachzufüllen habe ich wieder wertvolle Minuten verloren. Da sage ich danke, dass ich kein Wasser habe! Plötzlich komme ich dem Lastwagen näher. Er wirbelt Wasser auf, ich brauche nur den Scheibenwischer einzuschalten. Das Danke Sagen hat gewirkt. Ich konnte pünktlich mit der Hl. Messe beginnen und über den Satz „Sagt Dank in jeder Lebenslage“ predigen.

 

 

 

Mittwoch, 1.2.2012

Als Bub war ich ein begeisterter Fußballspieler. Ich war Tormann und habe mich dabei total eingesetzt. Nachher hat man die Spuren an Knien und Ellbögen gesehen, die ziemlich abgeschunden waren. So habe ich mich sofort dafür interessiert, als mir ein Trainer, ein Kollege an der Berufsschule, von seinem Trainingslager erzählte.

 

Mitten im Winter ist er mit seiner Fußballmannschaft in ein wärmeres Land geflogen. Er war sehr erfolgreich und ist mit seiner Mannschaft einige Male Meister geworden. Er erzählte mir, wie so ein Trainingslager abläuft. Natürlich gibt es nicht den ganzen Tag Vorträge darüber, was ein guter Fußballer beherrschen muss, Kondition, Taktik und Ballbeherrschung. Bei einem Trainingslager geht es vor allem darum, alles das praktisch einzuüben, was man in den Unterweisungen gelernt hat.

 

Für meine Jugendlichen, mit denen ich ein Wochenende auf Wallfahrt war, fand ich da einen Anknüpfungspunkt. Sie sollten all das einüben und trainieren, was für den Alltag in der Welt der Arbeit für sie wichtig war. Ich habe ihnen erklärt, dass nicht nur der Körper, sondern auch die Seele das Training braucht. So habe ich ihnen erklären können, dass man Beten und Meditieren am besten erlernt, indem man es konsequent übt. So haben sie es verstehen können.

 

 

 

Donnerstag, 2.2.2012

Heute feiert meine Kirche 40 Tage nach Weihnachten das Fest der Darstellung des Herrn. An diesem Tag brachten Maria und Josef das Jesuskind nach Jerusalem in den Tempel. Sie wollten damit erfüllen, was im Alten Testament im Buch Exodus steht: Jede männliche Erstgeburt soll Gott übergeben werden. Sie brachten auch das Opfer der Armen mit: zwei junge Tauben.

 

In der Ostkirche wird dieser Tag als FEST DER BEGEGNUNG gefeiert. Nach christlichem Verständnis wird Jesus in den Tempel gebracht und begegnet dort dem Volk Gottes aus dem Alten Testament, vertreten durch den greisen Simeon, der in dem Kind den Heilbringer für Israel und die Völker der Heiden erkennt. Maria erfährt durch ihn, dass sie als Mutter des Erlösers seinen Leidensweg mitgehen wird. Die Prophetin Hanna spricht über das Kind zu allen, die auf die Erlösung warten.

Kerzenweihe und Lichterprozession kamen an diesem Fest erst später dazu. Ich denke dabei an das Wort Jesu in der Bergpredigt: Lasst euer Licht leuchten vor den Menschen. Sie sollen eure guten Taten sehen und euren Vater im Himmel preisen

 

 

 

Freitag, 3.2.2012

Während der Hauptverkehrszeit versuche ich in der Großstadt einen Parkplatz zu finden. Aber weit und breit keine Chance. Plötzlich fährt ein Wagen weg. Erleichtert atme ich auf, da ich einen wichtigen Termin habe. Ich blinke und versuche in die Parklücke zu fahren. In dem Augenblick schnappt mir ein anderer den Parkplatz weg. Er war schneller. In einer solchen Situation beginnt ein Autofahrer meist zu schimpfen. Ich lasse es bleiben. Gleich darauf entdecke ich einen anderen Parkplatz. Er ist sogar viel leichter zu erreichen.

 

Manchmal läuft das Leben ganz gegen meine Erwartungen. Vor kurzer Zeit ist mir zum Beispiel so etwas passiert. Ich habe versucht, für einen Burschen aus der Katholischen Arbeiterjugend einen Posten zu finden. Da stellt sich ein Hindernis ein, mit dem ich überhaupt nicht gerechnet habe. Ich hatte mir schon ausgemalt, welche Möglichkeiten er dort gehabt hätte. Kurze Zeit später finde ich für ihn einen anderen Arbeitsplatz. Vorher war ich gar nicht auf die Idee gekommen, es dort zu versuchen.

 

Damals habe ich mich daran erinnert, was ich auf einer Spruchkarte gelesen hatte: Gott erfüllt nicht alle unsere Wünsche, aber alle seine Verheißungen. Wenn Gott eine Tür verschließt, dann öffnet er daneben ein Tor.

 

 

 

Samstag, 4.2.2012

Auf der Autobahn habe ich einen Lastwagen überholt. Obwohl ich das Zeichen gegeben habe, dass ich mich gleich wieder einreihen werde, hupt mich der Wagen an, der hinter mir fährt, ich soll mich mehr beeilen. Wie ich in den Rückspiegel schaue, muss ich lächeln. Genau der Wagen, der es so eilig hatte, hatte das Pech, vor ein Auto zu kommen, das noch schneller unterwegs war. Mit aufgeblendetem Scheinwerfer gab er ihm zu verstehen, von der Überholspur zu verschwinden.

 

Als Jugendseelsorger weiß ich aus vielen Gesprächen, dass am Arbeitsplatz sehr oft das Recht des Stärkeren, des Schnelleren gilt. Und dann kommt einer, der noch schneller und stärker ist.

 

Als ein Lehrling in einem Geschäft anfing, wurde er ganz freundlich von allen begrüßt. Die Arbeiten wurden ihm geduldig erklärt und wenn er etwas nicht schaffen konnte wurde ihm geholfen. Zu seiner Überraschung sagte der Filialleiter zu ihm: Weißt Du, wie ich in dieses Geschäft gekommen bin, habe ich das ganz anders erlebt. Niemand war bereit zu helfen. Auch wenn zum Beispiel ein Lehrmädchen die schweren Kisten nur mit äußerster Anstrengung in den Lagerraum schleppen konnte.

Ich wollte nur das Evangelium leben. Und Du hast soeben erfahren, dass viele in unserem Geschäft meinem Beispiel gefolgt sind.