Der Dom von Maria Saal ist seit Jahrhunderten Ziel vieler Pilger.
Sie kommen zum Heiligen Modestus oder zur Muttergottes und treten
ein in einen Raum der Stille und der Kraft. Als Priester darf ich an
diesem Ort Gottesdienste feiern und ob im Dom oder heiligen Bezirk
bin ich dann umgeben von den Spuren der Jahrhunderte und unhörbar
auch von den Gebeten, die hier gesprochen werden und gesprochen
wurden.
Der Kirchenbesuch am Sonntag ist nicht mehr für alle Christen der
Mittelpunkt, der diesen Tag heraushebt aus der Woche. Es gibt, neben
Maria Saal in Kärnten eine große Anzahl anderer Kirchen, die von
kunsthistorischer Bedeutung sind, es gibt Kirchen, die klein und
unscheinbar sind – und doch können auch diese Gotteshäuser
„Kirchenheimat“ sein! Ort, an dem man beten kann, Ort, an dem man
zusammenkommt, um gemeinsam diesen Tag zu feiern.
Die Wörter Hirt und Herde hören wir oft in den Texten des Neuen
Testamentes – bedenken wir immer, dass wir auch in den
Wandlungsworten nicht in der Einzahl, sondern in der Mehrzahl zum
Mahl geladen werden? Bedenken wir, dass wir diese „alle“ sind, die
kommen können, mühselig und beladen, damit sie getröstet werden?
Diese Gemeinschaft ist ein Geschenk, ist wie Wasser, das den Durst
unserer Seele stillt.
Ich wünsche Ihnen einen Sonntag, an dem Sie die Nähe und Liebe
Gottes in Gemeinschaft erleben können.
Montag, 06.02.2012
Für mich ist die Morgenfrühe die schönste aller Tageszeiten: Da
liegt noch alles offen, da können wir, wenn wir uns ein oder zwei
Minuten gönnen, uns in der Form frei fühlen, dass gerade diese frühe
Stunde noch nicht eingeteilt ist in tausenderlei Beschäftigungen,
Pflichten und Arbeit. Jeder kann sich „ganz bei sich selbst“ fühlen
und zugleich offen sein für alle die Begegnungen mit den Menschen,
die er heute treffen wird. Es ist diese frühe Morgenstunde, die uns
auch allen Zeit schenkt, an den zu denken, der uns geschaffen hat,
der uns begleitet und niemals aufhören wird, uns zu lieben: Jeden
von uns hat Gott erlöst und bei seinem Namen gerufen.
Gehen Sie getrost hinein in den neuen Tag, holen Sie sich die Kraft
dafür im Gebet zu dem, aus dessen Hand keiner von uns fallen wird.
Für Sie und für alle bete ich: „Herr, allmächtiger Gott, du hast uns
zum Beginn eines neuen Tages geleitet, begleite uns weiter durch
deine Kraft. Lass uns an diesem Tag so leben, dass unser Denken und
Tun ausgerichtet ist auf dich, mit dir seinen Anfang nimmt und
geführt von dir vollendet werde.“
Dienstag, 07.02.2012
Ob am Arbeitsplatz, beim Einkaufen, im Wartezimmer eines Arztes, auf
der Straße – immer begegnet uns einer, den wir kennen: flüchtig,
besser oder manchmal sogar gut. Machen wir einen Unterschied in den
Begrüßungsworten oder leiern wir stets die gleiche Frage herunter:
„Wie geht es Ihnen?“ Und bekommen wir nicht immer die gleiche
Antwort: „Danke, es geht mir gut.“
Ich muss eingestehen, dass auch ich oft diese gleichsam automatische
Frage verwende, wenn ich jemandem begegne. Erst beim Weitergehen
bedenke ich, dass eine so kurze Frage und so kurze Antwort zwar Zeit
erspart, aber die Begegnung mit einem anderen Menschen verhindert
haben!
Sollten wir uns nicht die Zeit nehmen, jemanden, den wir lange Zeit
nicht gesehen haben, nach dem Warum zu fragen? Sollten wir nicht bei
einem Zusammentreffen mit uns gut bekannten oder vertrauten Leuten
auch sagen, dass wir uns über diese zufällige Begegnung freuen?
Haben wir wirklich diese fünf Minuten nicht, die eine uns bekannte
Person braucht, um die immer gleichen Klagen, manchmal sind es
Jammerlitaneien, vorzubringen? Kann man dieses schnelle und
floskelhafte Ritual nicht ändern, um damit dem anderen wirklich zu
begegnen?
Gerade in unserer Zeit, man kann sie ruhig als eine „eilige“ nennen,
brauchen wir Menschen Begegnungen!
Mittwoch, 08.02.2012
Kärnten ist das Land der Lieder und auch das der Chöre und im
lokalen Fernseh- und Radioprogramm können wir sie hören. Jeder von
uns hat eine Melodie im Ohr, die sein Inneres bewegt oder eine
Textzeile, die er nicht vergessen kann.
Wer nachfragt, warum es gerade dieses Lied ist, weshalb gerade diese
Zeile, kann keine schlüssige Antwort bekommen. Warum? Ganz einfach
deshalb, weil wir mit Liedern Erinnerungen verbinden, solche an die
Kinderzeit, an den Menschen, mit dem gemeinsam wir gerade dieses
Lied gesungen haben und manchmal müssen wir selber nachdenken, was
uns dieses Lied bedeutet und es für uns persönlich bedeutsam macht.
Im „Gotteslob“ sind mehr als tausend Lieder und Antwortgesänge
aufgezeichnet. Alle kennt und kann keiner, aber als Pfarrer bemerke
ich doch, dass es „Lieblingslieder“ gibt, deren Text die Gemeinde
kennt, gerne singt und ich spüre, dass dieses Lied für alle den
Gottesdienst Mitfeierenden einfach dazugehört, sozusagen als
„Kennmelodie“ für diese Zeit oder diesen Festtag.
Auch ich habe mein Lieblingslied, es ist die Nummer 520 aus dem
„Gotteslob“. Seine letzte Strophe möchte ich für Sie an den Anfang
dieses Tages stellen: „Unser Bitten, Flehn und Singen, lass, Herr
Jesus, wohl gelingen“.
Donnerstag, 09.02.2012
Wenn wir von einem Menschen sagen: „ der hat schon seinen eigenen
Kopf“ dann drückt das meist aus, dass der nicht abgeht von dem, was
er für richtig hält, wovon er überzeugt ist und Widerstand leistet,
um sich und seiner Überzeugung treu zu bleiben.
Am 2. August wird die katholische Kirche an Franz Jägerstätter
erinnern. Es war der Tag, an dem Jägerstätter in Brandenburg
hingerichtet wurde – weil er Widerstand geleistet hat! Jägerstätter
war ein Innviertler Bauer, er war Ministrant, Messner, verheiratet
und Vater von drei Kindern. Als Soldat hat er im Winter 1940/41 in
Russland erfahren, was Krieg bedeutet und diese Erfahrung des
Schreckens und Erschreckens war so groß, dass er den Dienst als
Soldat verweigert und seinen Widerstand mit dem Tod bezahlt hat.
Aus welchem Grund hat Jägerstätter Widerstand geleistet? Es war sein
christlicher Glaube mit dem und dessen Geboten er das Morden nicht
vereinbaren konnte. Jägerstätter ist selig gesprochen worden – die
Frage, wie hätte ich mich verhalten, muss sich jeder im Erinnern an
ihn stellen – und es ist dies eine sehr aktuelle Frage. In vielen
Teilen der Welt ist heute allein schon der Besuch eines
Gottesdienstes lebensgefährlich – wer von uns würde im Blick auf
diese Gefahr die Sonntagsmesse besuchen?
Denken wir heute dankbar daran, dass wir alle öffentlich unseren
Glauben bekennen und nach seinen Geboten leben können.
Freitag, 10.02.2012
Ist der Freitag ein normaler Wochentag oder ist er nicht für viele
schon, zumindest sein Nachmittag, der Beginn des Wochenendes? Für
Christen sollte der Freitag aber auch ein Tag des Bedenkens und
Nachdenkens sein.
Vor Jahren habe ich von der Kärntner Malerin Ilse Mayer ein Bild
bekommen, ein Bild, das sie, die evangelische Christin, am
Karfreitag 1992 gemalt hat. Es zeigt den gekreuzigten Christus, ist
dunkel gehalten und doch sehe ich, gleichsam durchschimmernd durch
die dunklen Farben in diesem Bild schon Hoffnung und Befreiung: Das
kann nicht das Ende sein!
Wann immer ich dieses Bild betrachte, fühle ich mich getragen,
getragen über den Tod hinaus von dem, der den Kreuzestod erlitten
hat und dann vorausgegangen ist in den Glanz der Auferstehung.
Niemand von uns kennt den Tag und die Stunde seines eigenen Todes –
für mich ist dieses Bild aber, trotz des sehr ernsten Themas, das es
bildnerisch darstellt, eines der Hoffnung und des Trostes und nicht
selten sage ich dann leise: Deinen Tod, o Herr, verkünden wir, deine
Auferstehung preisen wir, bis du kommst in Herrlichkeit.
Deshalb wünsche ich Ihnen an diesem Freitag, dass auch Sie heute
Augenblicke der Hoffnung und des Trostes erleben: beim Hinschauen
auf ein Bild, beim kurzen Besuch einer Kirche oder im Blick auf das
Kreuz, das auch in Ihrer Wohnung seinen Platz hat.
Samstag, 11.02.2012
Älteren Leuten wird der Name Otto Mauer, geboren 1907 und 1973
gestorben, noch bekannt sein. Sein Buch „ Ein Leben für Kirche und
Kunst“ hat mir, der ich ihn noch persönlich kannte, nicht nur die
Tür zur ungeschminkten Sprache, die er von einem Priester
einforderte und selbst vorgelebt hat, sondern auch zum Verständnis
moderner Kunst geöffnet. Er war, was auf seinem Grabstein steht:
„Priester, Mahner und Tröster“.
Jeder von uns wird, gleich ob jung oder alt, jemanden oder etwas
finden, das sein Leben nicht nur bereichert, sondern ihm Richtung
gegeben hat.
Es kommt nicht darauf an, was es war, es kommt aber darauf an, dass
wir Begleitung brauchen, damit wir uns nicht verlieren.
Unser ganzes Leben ist ein Unterwegs-Sein – wer geht immer neben und
mit uns? Gott selbst ist es und so wie er in Emmaus die Bitte der
Jünger, bei ihnen zu bleiben bis es Abend wird, erfüllt hat, so
erfüllt er unsere Bitte, von seiner Liebe geführt unterwegs zu sein
– unterwegs in der Liebe, unterwegs zu Gott.