Auf Jesus von Nazareth beruht der
christliche Glaube. Was er für gut oder schlecht gehalten hat,
welche „Werte“ er gelehrt hat, geht aus der Bibel hervor. Manchmal
nur bei genaueren Hinschauen. Und was er wollte, wirkt mitunter
richtig hart. Aber bald wird klar: Er hat alle damals und heute
geltenden Maßstäbe umgekehrt. Für ihn war Gott nicht erst am St.
Nimmerleinstag oder nach dem Tode eines Menschen, sondern jetzt
schon am Werk. Danach soll sich das ganze Leben gestalten.
Und so hat Jesus seine Werte
beschrieben: „Selig seid ihr Armen; denn das Reich Gottes ist euer.
Selig seid ihr, die ihr jetzt hungert; denn ihr sollt satt werden.
Selig seid ihr, die ihr jetzt weint; denn ihr werdet lachen.“ (Lk
6,20a-21)
Diese verkehrte Welt hat Jesus das
„Reich Gottes“ genannt, die Gottesherrschaft. Alles was er für gut
oder schlecht gehalten hat, hat damit zu tun. Der Sonntag, der am
Beginn einer Woche steht, ist ein Signal dafür, dass die
Erniedrigten, die Hungernden und die Weinenden an jeden Wochentag
unter dem besonderen Schutz Gottes stehen.
Montag, 12.3.2012
Dass Jesus von Nazareth der
Steuerverweigerung, konkret der an den römischen Staat, eine Absage
erteilt hat, ist bis heute nur schwer zu verstehen. Seine
Aufforderung „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was
Gottes ist“ (Mk 12,17) ist schon in der Bibel auf Verwunderung
gestoßen. Er, der sonst radikal alles umgekehrt hat, sollte
plötzlich zur Bravheit aufrufen?
Der Satz wird dementsprechend immer
wieder missverstanden. Nein, hier wird nicht unkritisch für den
Staat Partei ergriffen. Hier wird auch nicht behauptet, Politik und
Glaube seien zwei gänzlich verschiedene Kapitel, die nichts
miteinander zu tun haben oder haben dürfen. Hier ist an eine andere
Instanz gedacht, von der Menschen ihr Tun und Lassen abhängig machen
sollen: an die Herrschaft Gottes.
Sie war das große Thema des
Wanderpredigers aus Galiläa. Und sie besagt: Es geht darum, dem
Staat und der gesamten Gesellschaft ihr Recht zu lassen - und
gleichzeitig peinlich darauf zu achten, dass alles, was in Staat und
Gesellschaft geschieht, in Verantwortung vor Gott geschieht. Vor dem
Gott, der die Menschen geschaffen hat und der sie liebt. Und der
will, dass ihr Zusammenleben in seinem Sinn gelingt. Und das ist,
denke ich, gut zu verstehen.
Dienstag, 13.3.2012
Wie Jesus von Nazareth zu den Frauen
stand, darauf deutet vieles in den Berichten der Bibel. Obwohl aus
ihnen nicht herauszulesen ist, ob er verheiratet war oder nicht.
Frauen haben ihn begleitet, sie waren in der Gruppe seiner Schüler
willkommen. Schon im ältesten Bericht über seine Kreuzigung heißt
es: „Und es waren auch Frauen da, die von ferne zuschauten, unter
ihnen Maria von Magdala und Maria, die Mutter Jakobus' des Kleinen
und des Joses, und Salome, die ihm nachgefolgt waren, als er in
Galiläa war, und ihm gedient hatten, und viele andere Frauen, die
mit ihm hinauf nach Jerusalem gegangen waren.“ (Mk 15,40f).
Das war nicht selbstverständlich,
sondern fast schon gegen die guten Sitten, es stellte alte Werte auf
den Kopf .Und Frauen haben ihm gewiss nicht nur „gedient“, sondern
waren auch unter den ersten, die nach seinem Tod erkannt hatten: Er
lebt! Er ist auferstanden und auf ganz unbeschreibliche Art und
Weise noch immer bei denen, die sich im verbunden fühlen, die ihm
glauben. Wer sich Gedanken darüber macht, was Jesus für gut oder
schlecht gehalten hat, wird an seiner Hochschätzung für die Frauen
nicht vorbeikommen. Es lohnt sich, in den Wochen, die die Kirche die
„Passionszeit“ nennt und die auf das Osterfest zugehen, auch an sie
zu denken.
Mittwoch, 14.3.2012
„Und die Schwiegermutter Simons lag
darnieder und hatte das Fieber; und alsbald sagten sie ihm von ihr.“
(Mk 1,30) So beginnt im Neuen Testament eine Erzählung über ein
Heilungswunder, das Jesus an der Schwiegermutter seines Schülers
Simon Petrus vollbracht hat.
Dass Jesus von Nazareth heilende
Kräfte gehabt hat, wird heute auch von sehr kritischen Historikern
nicht mehr bestritten. Interessant ist nur, für wen er sie
angewendet hat. Die biblischen Berichte sagen: Nicht selten für
Frauen. Wie selbstverständlich hat er damit das damalige Wertesystem
auf den Kopf gestellt. Nur das damalige?
Die Hauptüberschrift über alles, was
Jesus für richtig oder falsch gehalten hat, war die Herrschaft
Gottes unter den Menschen. Mit seinem Reden und Tun hat sie
begonnen Und in diesen guten Wirkungsbereich gehören
selbstverständlich Männer wie Frauen gleichermaßen. In der
Gesellschaft scheint sich das langsam durchzusetzen, langsamer noch
– leider - unter vielen Christinnen und Christen. Obwohl den Frauen
in der Verkündigung der christlichen Botschaft sehr vieles zu
verdanken ist. Aber vielleicht geschieht auch hier noch einmal ein
Heilungswunder.
Donnerstag, 15.3.2012
Weit unten in der gesellschaftlichen
Skala zur Zeit des Jesus von Nazareth standen die Witwen. Nach dem
Tod des Mannes fielen Frauen fast regelmäßig in ein schwarzes Loch.
Soziale Absicherung außerhalb der Familie war unbekannt. Für Jesus
standen diese Frauen aber auch für die vielen anderen Menschen, die
um ihre Existenz zu kämpfen haben. Scharf kritisiert er fromme
Gruppen in seinem damaligen Umfeld:„Sie fressen die Häuser der
Witwen und verrichten zum Schein lange Gebete. Die werden ein umso
härteres Urteil empfangen.“ (Mk 12,40) Das heißt: Das Gottesreich,
das Jesus verkündet, wird für sie ungemütlich werden.
Die Kirchen haben sich das hinter die
Ohren geschrieben. Es ist der Grund, aus dem bei ihnen so viel von
Asylanten, Verfolgten und vom Hunger im eigenen Land und in der Welt
die Rede ist, also von denen, deren „Häuser gefressen“ wurden. Und
zwar mehr als mache hören mögen. Und es ist der Grund, aus dem
Christinnen und Christen versuchen, etwas dagegen zu tun. Das kann
Diakonie, Caritas oder anders heißen, wichtig ist, zu tun, was Jesus
für richtig gehalten hat. Weil es richtig für die Menschen ist. Die
hat Gott geschaffen, Frauen und Männer, und es ist die Verantwortung
aller Einwohner des Gottesreiches, für sie da zu sein.
Freitag, 16.3.2012
Was Jesus von Nazareth für gut oder
schlecht gehalten hat, kann manchmal recht hart sein. Über die
Ehescheidung zum Beispiel hat er gesagt: „Was Gott zusammengefügt
hat, soll der Mensch nicht scheiden.“ ( Mk 10,9)
Immer im Blick hat Jesus die
Herrschaft Gottes, die sich auf Menschen erstreckt. Die jedoch sind
niemals unfehlbar, und so macht er eine Ausnahme: „Es sei denn wegen
Ehebruchs“ (Mt 5,32; 19,9). Zwei Mal sind diese einschränkenden
Worte im Neuen Testament überliefert, und auch der Apostel Paulus
hat sich in ähnlichem Sinn geäußert.
Nicht nur der eheliche Betrug steckt
in diesen kurzen Worten. Sondern auch das ganze Wissen um die
inneren und äußeren Folgen des Scheiterns, gleich aus welchen
Gründen es geschieht. Es ist die Erfahrung, dass die Gemeinsamkeit
zwischen den Ehepartnern unaufhebbar zerstört sein kann, und die
Barmherzigkeit, die sagt: Ein Mensch ist nicht um des Gesetzes
willen gemacht (Mk 2,27). Eine Ehe, von der nur eine ausgehölte
Fassade übrig ist, ist auch im Sinn Jesu keine Ehe mehr.
Dennoch: Bestehen bleibt für
Christinnen und Christen die Überzeugung von der Unauflöslichkeit
der Ehe nach Gottes Willen. Sie wissen aber: Das Leben der Menschen
unter der Herrschaft Gottes ist von Brüchen bedroht. Und Gott weiß
das auch.
Samstag, 17.3.2012
Mit reichen Leuten dürfte sich Jesus
von Nazareth schwergetan haben. Zumindest zeigen die alten Berichte,
dass er zu Besitz und Reichtum deutliche Distanz gewahrt hat. Sicher
haben er und die Gruppe seiner Jüngerinnen und Jünger auch irgendwie
mit Geld umgehen müssen, und er hat nicht völlig geldlos gelebt, wie
manche schon gemeint haben. Aber seiner Haltung war klar: „Niemand
kann zwei Herren dienen: Entweder er wird den einen hassen und den
andern lieben, oder er wird an dem einen hängen und den andern
verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen und dem Mammon.“ (Mt 6,24)
„Mammon“ bedeutet Vermögen oder
Besitz, und das ist keine Instanz, der man sich unterordnen sollte.
In Herrschaftsbereich Gottes, den Jesus verkündet hat, gelten andere
Werte. Nicht dass der, der Geld hat, von vornherein gleich schlecht
wäre. Es geht aber um mein Verhältnis zum Geld und darum, wie ich es
verwende. Das Geld sollte einfach möglichst vielen nützen, vor allem
denen, die keines haben. Gott dienen heißt, den Mammon für viele zu
verwenden – und ihn nicht etwa, wie oft üblich, für sich selbst
arbeiten zu lassen. Das ist die Ökonomie des Gottesreiches, und sie
bringt mehr Rendite als viele es sich vorstellen können.