Morgengedanken

Sonntag,  6.05 Uhr - 6.08 Uhr, 
Montag bis Samstag, 5.40 Uhr - 5.43 Uhr, 
ORF Regionalradios

 

 

 

von Barbara Krotil (Graz)

 

 

Sonntag, 18. März 2012

Gut, dass es die Pfarre gibt – österreichweit findet heute die Wahl der Pfarrgemeinderäte statt.
Ich vertraue dir. Ich traue dir etwas zu. Das sagen heute Katholikinnen und Katholiken in ganz Österreich. Sie tun das, indem Sie Frauen und Männer in den Pfarrgemeinderat ihrer Pfarre wählen. Einige kandidieren zum ersten Mal, einige waren schon in vergangenen Jahren Mitglied dieses kirchlichen Gremiums auf Pfarrebene. Es ist eine Gruppe von Menschen, die gemeinsam mit dem Pfarrer mitverantwortlich das kirchliche Leben vor Ort gestaltet. Sie schaut, dass der Dienst am Nächsten nicht leeres Gerede bleibt, und dass vom heilenden Handeln Gottes gesprochen wird. Das gelingt mal mehr, mal weniger. Auf alle Fälle zählt das Bemühen dahinter. Dafür ist diesen Frauen und Männer ein großes Danke zu sagen. Ein Danke, dass sie ihre freie Zeit – neben Beruf, Familie, Hobbies – der Gemeinschaft widmen. Ihr ehrenamtliches Engagement schafft ein soziales Netz, das trägt und alle willkommen heißt. Sie ermöglichen es, dass Menschen aufgrund von bereichernden Erfahrungen sagen können: Gut, dass es die Pfarre gibt.

 

 

 

Montag, 19. März 2012

Berufen aus Taufe und Firmung: Kirche ist keine anonyme Größe. Kirche begegne ich in jedem und jeder, der/die getauft ist.

Wen meinen wir, wenn wir von „Kirche“ sprechen? Häufig stellen wir gegenüber: die Kirche und wir. Kirche als anonyme Größe auf der einen Seite, Menschen auf der anderen Seite. Auch Frauen und Männer, die mit ihrer Taufe und Firmung Mitglieder der katholischen Gemeinschaft sind, unterscheiden so. Das verwundert mich: Denn Kirche hat für mich immer ein konkretes Gesicht. Und davon gibt es ganz viele, verschiedene: Kirche hat das Gesicht des Bischofs, des Pfarrers, der Pastoralassistentin und des Pfarrgemeinderats. Kirche hat das Gesicht der Ärztin, des Studenten, der Pensionistin, des Landwirts, des Elektrikers und vieler anderer mehr. Darüber hinaus begegne ich Kirche in allen Getauften. Kirche zeigt sich mir in diesen Menschen, die ganz unterschiedlich sind. Es sind Frauen und Männer, die zuhören, trauern, hoffen, lieben, vertrauen, suchen, sich freuen u.v.m.  

 

 

 

Dienstag, 20. März 2012

Das JA Gottes zur Welt lässt uns Spuren seines Wirkens im Leben jedes Menschen entdecken.

Juden, Christen und Muslime glauben an einen Gott, der die Welt erschaffen hat. Dieses JA Gottes zur Welt wird im christlichen Glauben in Jesus konkret. In ihm ist Gott selbst Mensch geworden. Dadurch ist er nicht mehr nur das Gegenüber, das alles erschaffen hat und erhält, sondern er kommt sozusagen in „Hautkontakt“ mit unserem Leben, das Sonnen- und Schattenseiten hat. Vor 50 Jahren hat das Zweite Vatikanische Konzil festgehalten, dass „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi sind“. Dieser Satz wird von jenen Frauen und Männern gelebt, die Menschen in besonderen Lebenssituationen besuchen. Sie schenken Zeit und werden selbst beschenkt: Indem sie zuhören, entfaltet sich vor ihnen ein Leben. Ihnen wird eine Lebensgeschichte erzählt, die faszinierend, erschütternd, voll freudiger und trauriger Momente ist. Darin gemeinsam Spuren des Wirken Gottes zu suchen und zu entdecken kann ein spannendes Abenteuer werden. 

 

 

 

Mittwoch, 21. März 2012

Jeder kann etwas, was ein anderer nicht kann. Ich muss niemanden kopieren, um wertvoll zu sein.

Meine Mutter erzählte mir häufig von einem Gespräch, das sie vor Jahren mit einem Vorgesetzten hatte. Er meinte zu ihr: Jeder kann etwas, was ein anderer nicht kann. Diese Aussage – oder vielmehr Zusage – hat sie geprägt und hat ihr Selbstbewusstsein gestärkt. Darum geht es wohl: um das Wissen um das eigene Können und Sein. Das Annehmen der eigenen Person – mit all ihren Stärken und Schwächen. Das Ja zu sich Selbst. Wie schwer kann das oft sein! Wie oft begegnen wir jemandem, der besser aussieht und dieses oder jenes besser kann! Wir zweifeln an uns, sind unsicher und fixieren uns auf die eigenen Schwächen. Dabei übersehen wir, was für wertvolle und einzigartige Wesen wir sind. Wir vergessen, dass Gott JA zu uns gesagt hat: Ja, ich will dass es dich gibt - so wie du bist. Nehmen wir uns Zeit, uns immer wieder daran zu erinnern. Nehmen wir uns auch  Zeit, einander mitzuteilen, was wir am anderen schätzen; lassen wir einander spüren, wie schön es ist, dass es genau diesen Menschen – mit all seinen Eigenarten – gibt. Dass es gerade auch die kleinen Schwächen sind, die seine – und meine – Persönlichkeit so liebenswert und einzigartig machen.

 

 

 

Donnerstag, 22. März 2012

Jeder von uns ist ein wichtiger Teil des Ganzen. Wenn wir unsere Talente entdecken und zur Entfaltung bringen, tut das uns und anderen gut.

Eine Bekannte von mir hat sich vor einigen Tagen den kleinen Zeh gebrochen. Und nun? Der ganze Körper ist in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Man möchte kaum glauben, wie sehr das Nichtfunktionieren eines einzelnen, kleinen Körperteiles sich auf das gesamte Wohlbefinden auswirkt. Der Apostel Paulus vergleicht im Korintherbrief die Gemeinde mit einem Körper. Er zeigt zweierlei auf: So, wie der Leib aus vielen, unterschiedlichen Teilen besteht, so setzt sich auch eine Gemeinschaft aus verschiedenen Menschen zusammen. Und: es kommt auf jede und jeden einzelnen an, damit das Zusammenleben funktioniert. Jede und jeder hat eine Funktion, die nur er ausüben kann. Die auch durch niemand anderen in dieser Art und Weise getan werden kann. So wenig, wie der Magen das Herz, das Hirn die Niere ersetzen kann, so wenig kann ein Mensch einfach durch einen anderen ausgetauscht werden.

Für mich bedeutet das, dass wir uns auf eine Entdeckungsreise begeben können: Es geht darum, zu entdecken, was uns selbst unverwechselbar und den anderen so besonders macht. Und letztlich um ein Miteinander, bei dem wir jeden einzelnen Beitrag achten, um auf die Herausforderungen des Lebens gut antworten zu können.

 

 

 

Freitag, 23. März 2012

"Es kommt auf mich an, hängt aber nicht von mir ab". Eine Position zwischen Gelassenheit und Engagement.

Wenn ich die Zeitung aufschlage, Nachrichten höre, im Internet surfe, dann merke ich oft: ich schaffe es nicht, all das gedanklich und emotional zu fassen. Zu groß, zu komplex, zu unbeeinflussbar scheint mir das ganze. Dann hilft mir oft nur eines: Tief durchatmen und an ein Lieblingszitat eines Pfarrers zu denken: "Es kommt auf mich an, hängt aber nicht von mir ab". Dieser Satz entlastet und gibt mir die nötige Gelassenheit. Er erinnert mich daran, dass ich mich vertrauensvoll in den Händen Gottes wissen kann. Zugleich motiviert mich das Zitat, zu entdecken, wo es tatsächlich auf mich ankommt. Und dort aktiv zu handeln, zu gestalten und mich einzubringen. Zahlreiche Frauen und Männer tun das im Rahmen ihres Berufes, ihrer Familie und in ihrer Freizeit. Sie engagieren sich ehrenamtlich in Kirchen, Vereinen und Einsatzorganisationen, in ihrer Nachbarschaft und in weltweiten Verbänden. Der Beitrag des einzelnen erscheint auf den ersten Blick  vielleicht sehr klein. Das täuscht. Denn in Summe wird da etwas ganz Großes und Großartiges geleistet.

 

 

 

Samstag, 24. März 2012

Gut, dass es diese Menschen gibt.
Vor einer Woche wurden in der katholischen Kirche in Österreich unter dem Motto „Gut, dass es die Pfarre gibt“ Frauen und Männer in den Pfarrgemeinderat gewählt. Ich möchte heute hinzufügen: „Gut, dass es diese Menschen gibt“. Menschen, die sich in der Pfarre in unterschiedlichen Gruppen und Projekten engagieren: Wie z. B. die Hausbesorgerin, die eine Eltern-Kind-Gruppe leitet und dazu beiträgt, dass sowohl Kinder als auch junge Eltern und Großeltern Kontakte knüpfen und Erfahrungen austauschen können. Dass sie in diesem Rahmen Glauben und Kirche erfahren und miteinander Spaß haben. Oder der Beamte, der als Pilgerbegleiter den Weg in der Vorbereitung erkundet und ihn mit Gedanken und Gebeten füllt. Oder auch die Sozialpädagogin: Unter ihrer meditativen Anleitung verbringen Menschen eine „ruhige Stunde“. Das einfache Da-Sein in der Stille, das gemeinsame Singen und Beten hilft ihnen, ihre Beziehung zu Gott zu leben. Eine Beziehung, die sie in ihrem Alltag trägt.
Sie alle stehen stellvertretend für unzählig viele Frauen und Männer, die der Pfarre ein „Gesicht“ verleihen und Kirche erfahrbar machen. Gut, dass es die Pfarre gibt. Gut, dass es diese Menschen gibt.