Gut, dass es die Pfarre gibt – österreichweit findet heute die Wahl
der Pfarrgemeinderäte statt.
Ich vertraue dir. Ich traue dir etwas zu. Das sagen heute
Katholikinnen und Katholiken in ganz Österreich. Sie tun das, indem
Sie Frauen und Männer in den Pfarrgemeinderat ihrer Pfarre wählen.
Einige kandidieren zum ersten Mal, einige waren schon in vergangenen
Jahren Mitglied dieses kirchlichen Gremiums auf Pfarrebene. Es ist
eine Gruppe von Menschen, die gemeinsam mit dem Pfarrer
mitverantwortlich das kirchliche Leben vor Ort gestaltet. Sie
schaut, dass der Dienst am Nächsten nicht leeres Gerede bleibt, und
dass vom heilenden Handeln Gottes gesprochen wird. Das gelingt mal
mehr, mal weniger. Auf alle Fälle zählt das Bemühen dahinter. Dafür
ist diesen Frauen und Männer ein großes Danke zu sagen. Ein Danke,
dass sie ihre freie Zeit – neben Beruf, Familie, Hobbies – der
Gemeinschaft widmen. Ihr ehrenamtliches Engagement schafft ein
soziales Netz, das trägt und alle willkommen heißt. Sie ermöglichen
es, dass Menschen aufgrund von bereichernden Erfahrungen sagen
können: Gut, dass es die Pfarre gibt.
Montag, 19. März 2012
Berufen aus Taufe und Firmung: Kirche ist keine anonyme Größe.
Kirche begegne ich in jedem und jeder, der/die getauft ist.
Wen meinen
wir, wenn wir von „Kirche“ sprechen? Häufig stellen wir gegenüber:
die Kirche und wir. Kirche als anonyme Größe auf der einen Seite,
Menschen auf der anderen Seite. Auch Frauen und Männer, die mit
ihrer Taufe und Firmung Mitglieder der katholischen Gemeinschaft
sind, unterscheiden so. Das verwundert mich: Denn Kirche hat für
mich immer ein konkretes Gesicht. Und davon gibt es ganz viele,
verschiedene: Kirche hat das Gesicht des Bischofs, des Pfarrers, der
Pastoralassistentin und des Pfarrgemeinderats. Kirche hat das
Gesicht der Ärztin, des Studenten, der Pensionistin, des Landwirts,
des Elektrikers und vieler anderer mehr. Darüber hinaus begegne ich
Kirche in allen Getauften. Kirche zeigt sich mir in diesen Menschen,
die ganz unterschiedlich sind. Es sind Frauen und Männer, die
zuhören, trauern, hoffen, lieben, vertrauen, suchen, sich freuen
u.v.m.
Dienstag, 20. März 2012
Das JA Gottes zur Welt lässt uns Spuren seines Wirkens im Leben
jedes Menschen entdecken.
Juden, Christen und Muslime glauben an
einen Gott, der die Welt erschaffen hat. Dieses JA Gottes zur Welt
wird im christlichen Glauben in Jesus konkret. In ihm ist Gott
selbst Mensch geworden. Dadurch ist er nicht mehr nur das Gegenüber,
das alles erschaffen hat und erhält, sondern er kommt sozusagen in
„Hautkontakt“ mit unserem Leben, das Sonnen- und Schattenseiten hat.
Vor 50 Jahren hat das Zweite Vatikanische Konzil festgehalten, dass
„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute,
besonders der Armen und Bedrängten aller Art, auch Freude und
Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi sind“. Dieser Satz
wird von jenen Frauen und Männern gelebt, die Menschen in besonderen
Lebenssituationen besuchen. Sie schenken Zeit und werden selbst
beschenkt: Indem sie zuhören, entfaltet sich vor ihnen ein Leben.
Ihnen wird eine Lebensgeschichte erzählt, die faszinierend,
erschütternd, voll freudiger und trauriger Momente ist. Darin
gemeinsam Spuren des Wirken Gottes zu suchen und zu entdecken kann
ein spannendes Abenteuer werden.
Mittwoch, 21. März 2012
Jeder kann etwas, was ein anderer nicht kann. Ich muss niemanden
kopieren, um wertvoll zu sein.
Meine Mutter erzählte mir häufig von
einem Gespräch, das sie vor Jahren mit einem Vorgesetzten hatte. Er
meinte zu ihr: Jeder kann etwas, was ein anderer nicht kann. Diese
Aussage – oder vielmehr Zusage – hat sie geprägt und hat ihr
Selbstbewusstsein gestärkt. Darum geht es wohl: um das Wissen um das
eigene Können und Sein. Das Annehmen der eigenen Person – mit all
ihren Stärken und Schwächen. Das Ja zu sich Selbst. Wie schwer kann
das oft sein! Wie oft begegnen wir jemandem, der besser aussieht und
dieses oder jenes besser kann! Wir zweifeln an uns, sind unsicher
und fixieren uns auf die eigenen Schwächen. Dabei übersehen wir, was
für wertvolle und einzigartige Wesen wir sind. Wir vergessen, dass
Gott JA zu uns gesagt hat: Ja, ich will dass es dich gibt - so wie
du bist. Nehmen wir uns Zeit, uns immer wieder daran zu erinnern.
Nehmen wir uns auch Zeit, einander mitzuteilen, was wir am anderen
schätzen; lassen wir einander spüren, wie schön es ist, dass es
genau diesen Menschen – mit all seinen Eigenarten – gibt. Dass es
gerade auch die kleinen Schwächen sind, die seine – und meine –
Persönlichkeit so liebenswert und einzigartig machen.
Donnerstag, 22. März 2012
Jeder von uns ist ein wichtiger Teil des Ganzen. Wenn wir unsere
Talente entdecken und zur Entfaltung bringen, tut das uns und
anderen gut.
Eine Bekannte von mir hat sich vor
einigen Tagen den kleinen Zeh gebrochen. Und nun? Der ganze Körper
ist in seiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Man möchte kaum
glauben, wie sehr das Nichtfunktionieren eines einzelnen, kleinen
Körperteiles sich auf das gesamte Wohlbefinden auswirkt. Der Apostel
Paulus vergleicht im Korintherbrief die Gemeinde mit einem Körper.
Er zeigt zweierlei auf: So, wie der Leib aus vielen,
unterschiedlichen Teilen besteht, so setzt sich auch eine
Gemeinschaft aus verschiedenen Menschen zusammen. Und: es kommt auf
jede und jeden einzelnen an, damit das Zusammenleben funktioniert.
Jede und jeder hat eine Funktion, die nur er ausüben kann. Die auch
durch niemand anderen in dieser Art und Weise getan werden kann. So
wenig, wie der Magen das Herz, das Hirn die Niere ersetzen kann, so
wenig kann ein Mensch einfach durch einen anderen ausgetauscht
werden.
Für mich bedeutet das, dass wir uns
auf eine Entdeckungsreise begeben können: Es geht darum, zu
entdecken, was uns selbst unverwechselbar und den anderen so
besonders macht. Und letztlich um ein Miteinander, bei dem wir jeden
einzelnen Beitrag achten, um auf die Herausforderungen des Lebens
gut antworten zu können.
Freitag, 23. März 2012
"Es kommt auf mich an, hängt aber nicht von mir ab". Eine Position
zwischen Gelassenheit und Engagement.
Wenn ich die Zeitung aufschlage,
Nachrichten höre, im Internet surfe, dann merke ich oft: ich schaffe
es nicht, all das gedanklich und emotional zu fassen. Zu groß, zu
komplex, zu unbeeinflussbar scheint mir das ganze. Dann hilft mir
oft nur eines: Tief durchatmen und an ein Lieblingszitat eines
Pfarrers zu denken: "Es kommt auf mich an, hängt aber nicht von mir
ab". Dieser Satz entlastet und gibt mir die nötige Gelassenheit. Er
erinnert mich daran, dass ich mich vertrauensvoll in den Händen
Gottes wissen kann. Zugleich motiviert mich das Zitat, zu entdecken,
wo es tatsächlich auf mich ankommt. Und dort aktiv zu handeln, zu
gestalten und mich einzubringen. Zahlreiche Frauen und Männer tun
das im Rahmen ihres Berufes, ihrer Familie und in ihrer Freizeit.
Sie engagieren sich ehrenamtlich in Kirchen, Vereinen und
Einsatzorganisationen, in ihrer Nachbarschaft und in weltweiten
Verbänden. Der Beitrag des einzelnen erscheint auf den ersten Blick
vielleicht sehr klein. Das täuscht. Denn in Summe wird da etwas
ganz Großes und Großartiges geleistet.
Samstag, 24. März 2012
Gut, dass es diese Menschen gibt.
Vor einer Woche wurden in der katholischen Kirche in Österreich
unter dem Motto „Gut, dass es die Pfarre gibt“ Frauen und Männer in
den Pfarrgemeinderat gewählt. Ich möchte heute hinzufügen: „Gut,
dass es diese Menschen gibt“. Menschen, die sich in der Pfarre in
unterschiedlichen Gruppen und Projekten engagieren: Wie z. B. die
Hausbesorgerin, die eine Eltern-Kind-Gruppe leitet und dazu
beiträgt, dass sowohl Kinder als auch junge Eltern und Großeltern
Kontakte knüpfen und Erfahrungen austauschen können. Dass sie in
diesem Rahmen Glauben und Kirche erfahren und miteinander Spaß
haben. Oder der Beamte, der als Pilgerbegleiter den Weg in der
Vorbereitung erkundet und ihn mit Gedanken und Gebeten füllt. Oder
auch die Sozialpädagogin: Unter ihrer meditativen Anleitung
verbringen Menschen eine „ruhige Stunde“. Das einfache Da-Sein in
der Stille, das gemeinsame Singen und Beten hilft ihnen, ihre
Beziehung zu Gott zu leben. Eine Beziehung, die sie in ihrem Alltag
trägt.
Sie alle stehen stellvertretend für unzählig viele Frauen und
Männer, die der Pfarre ein „Gesicht“ verleihen und Kirche erfahrbar
machen. Gut, dass es die Pfarre gibt. Gut, dass es diese Menschen
gibt.