Menschen
sind unterwegs. Auf dem Weg können sich ganz überraschende
Begegnungen ereignen, Begegnungen, die verändern und erneuern, die
nachhaltig Spuren im Leben von Menschen hinterlassen. Die Bibel weiß
von solchen Begegnungen auf dem Weg zu erzählen. Die Bibel weiß auch
davon, dass der Weg mehr ist als nur die Straße, auf der man
entlangzieht. Nein, der Weg ist vielmehr ein Ort für Entdeckungen
und Erfahrungen, zum Nachdenken und für Begegnungen auch und gerade
mit dem lebendigen Gott.
Ich denke
an eine Begegnung, die das Johannesevangelium in seinem ersten
Kapitel erzählt: Jesus ist auf dem Weg. Zwei Männer sind neugierig
geworden und gehen mit Jesus mit. Was die beiden erleben, lässt sie
nicht unberührt. Sie erzählen es anderen weiter. Jesus selbst
spricht auf dem Weg Menschen an. Ein wahres Netz von Begegnungen und
Gesprächen auf dem Weg. Die Zahl derer, die neugierig geworden sind
und mit Jesus unterwegs sind, wird größer. Einer von ihnen ist
zunächst skeptisch: Unter dem Feigenbaum am Wegrand sitzt er. Doch
er mag der Begeisterung der Jünger nicht gleich Glauben schenken.
„Was kann aus Nazareth schon Gutes kommen?“ Doch die persönliche
Begegnung mit Jesus beantwortet offenkundig alle Fragen und
überwindet alle Skepsis. Nathanael, so berichtet es das
Johannesevangelium in seinem letzten Kapitel, hat sich Jesus und
seinen Jüngern angeschlossen. Die Begegnung am Weg hat sein Leben
verändert.
Montag, 7. Mai 2012
Zu den für mich wertvollsten
Geschichten der Bibel gehören jene, wo Menschen auf dem Weg einander
und dem lebendigen Gott begegnen, scheinbar zufällig und doch
gefügt. Von einem sehr wohlhabenden und offenkundig neugierigen
Menschen berichtet uns das Evangelium nach Lukas in seinem 19.
Kapitel. Offensichtlich hat er schon manches gehört über Jesus, der
unterwegs ist im Heiligen Land und jetzt auch in die Stadt Jericho
kommt. Ob es einfach nur Sensationslust war oder doch die insgeheime
Hoffnung auf mehr, die den kleinwüchsigen Mann gleichsam über sich
hinauswachsen lässt? Er möchte Jesus sehen, wenn er durch Jericho
hindurchzieht und so steigt er auf einen Maulbeerbaum. Es kommt zu
einer ganz und gar überraschenden Begegnung am Wegesrand: Nicht er,
Zachäus, sieht Jesus, sondern Jesus nimmt ihn, den kleinen Zachäus
wahr! Eine Begegnung, die alles verändern sollte: Nichts bleibt bei
und für Zachäus, wie es war. Jesus spricht ihn an, lädt ihn ein,
rasch vom Baum herabzusteigen. Denn Jesus hat sich um Zachäus willen
für einen Umweg entschieden: Er möchte bei Zachäus zu Gast sein,
heute noch. Überwältigt von der Begegnung erkennt Zachäus, dass sein
Wohlstand nicht nur auf geradem Wege erworben war. Er lässt los,
teilt mit den Bedürftigen und schaut, wo er Schaden wieder gut
machen kann. Sein Lebensweg wird neu.
Dienstag, 8. Mai 2012
Jesus war mit seinen Jüngern, mit
Männern und Frauen, die ihm nachfolgten, auf dem Weg. Unterwegs
begegnet er, so erzählt es die Bibel, immer wieder Menschen, kommt
mit ihnen ins Gespräch. Der Lebensweg von Menschen geht danach in
eine neue Richtung. Von einer überraschenden, aber gesegneten
Begegnung auf dem Weg erzählt das Evangelium nach Johannes in seinem
4. Kapitel. Jesus ist mit seinen Jüngern unterwegs – von Jerusalem
nach Galiläa führt ihr Weg. Jesus, so die Erzählung, macht Pause an
einem Brunnen. Seine Jünger gehen in die nächste Ortschaft, um
Proviant zu besorgen. Eine Frau, die an eben diesem Brunnen Wasser
schöpfen will, verwickelt Jesus in ein Gespräch – indem er sie um
einen Schluck Wasser bittet. Vom Wasser führt das Gespräch hin zu
dem, was im Leben trägt und hält, auch dahin, was im Leben der
namenlos bleibenden Frau weniger gelungen war, ein Gespräch über
Gott und die Welt könnte man sagen. Die hinzukommenden Jünger sind
überrascht, Jesus im Gespräch mit einer fremden Frau zu finden. Doch
diese Begegnung auf dem Weg verwandelt die Frau! Nichts ist wie es
vorher war. Sie lässt ihren Wasserkrug liegen und stehen, setzt sich
in Bewegung, und erzählt begeistert und begeisternd in der Stadt von
ihrer Begegnung mit dem, den sie als von Gott gesandt erfahren hat.
Mittwoch, 9. Mai 2012
Auf dem Weg ereignen sich oft
überraschende, völlig ungeplante Begegnungen. Von solchen gesegneten
Begegnungen unterwegs weiß die Bibel vielfach zu erzählen. Menschen
auf dem Weg, auch Menschen am Wegesrand, erleben staunend, dass Gott
sie auf den Weg bringt und mit ihnen auf dem Weg bleibt. Der
Evangelist Markus erzählt in seinem 10. Kapitel von einer Begegnung,
die nach menschlichem Ermessen gar nicht hätte stattfinden sollen.
Jesus kommt nach Jericho. Doch erst, als er diese Stadt wieder
verlässt, ereignet sich Entscheidendes. Ein blinder Bettler, einer
von vielen, deren Lebensweg ein mühsamer ist, sitzt am Wegesrand.
Als er hört, dass Jesus vorbeizieht, versucht er, sich lautstark
Gehör zu verschaffen. Umstehende schämen sich aber für ihn und
möchten ihn zum Schweigen bringen. Doch er ruft noch lauter – und
Jesus hört ihn und ruft ihn, Bartimäus, zu sich. Eine alles
verändernde und erneuernde Begegnung ereignet sich: Bartimäus lässt
alles stehen und liegen und geht zu Jesus. Ein kurzes Gespräch wird
berichtet, der Wunsch des Bartimäus, sehen zu können und seine
Hoffnung, dass Jesus es irgendwie möglich macht. Doch damit, dass
Bartimäus sehen kann, ist die Geschichte noch nicht zu Ende.
Bartimäus folgt Jesus nach auf seinem Weg, dem Weg nach Jerusalem.
Ein blinder Bettler wird auf den Weg, den Weg des Lebens gebracht.
Donnerstag, 10. Mai 2012
Von
überraschenden Begegnungen auf dem Weg weiß die Bibel oft zu
erzählen. Menschen machen die Erfahrung, dass der lebendige Gott mit
ihnen unterwegs ist, nicht immer gleich von ihnen erkannt…. Zu den
bekanntesten Weggeschichten der Bibel gehört eine Erzählung aus dem
letzten Kapitel des Lukasevangeliums: Zwei der Jünger Jesu sind
unterwegs, sie verlassen Jerusalem und machen sich auf nach Emmaus,
ein etwa zwölf Kilometer langer Fußweg. Ein Fremder begegnet ihnen
und geht mit ihnen. Man kommt ins Gespräch auf dem Weg. Die beiden
Jünger erzählen von ihren Erfahrungen und Enttäuschungen, vom Tod
Jesu am Kreuz in Jerusalem vor zwei Tagen, der auch das Ende aller
ihrer Hoffnungen zu sein scheint. Der Fremde nimmt die Schilderungen
zum Anlass für eine umfassende Bibelarbeit – er versucht den
enttäuschten Jüngern zu vermitteln, dass alles gerade so ganz und
gar Gottes Plan entspricht. Die beiden schätzen die Gesellschaft des
Unbekannten und laden ihn, am Ziel angekommen, zum Abendessen ein.
Dann erkennen sie, dass es Jesus selbst ist, der lebt und mit ihnen
auf dem Weg war. Im Rückblick wird ihnen alles klar – umgehend gehen
sie den langen Weg zurück nach Jerusalem, um dort ihren Freunden zu
erzählen, was sie mit Jesus, der von den Toten auferstanden ist, auf
dem Weg erlebt haben.
Freitag, 11. Mai 2012
Unterwegs erleben Menschen
Überraschungen. Davon weiß auch und in besonderer Weise die Bibel zu
erzählen. Dass Begegnungen auf dem Weg Begegnungen mit dem
lebendigen Gott sein können, hat wohl kaum jemand in so
eindrücklicher Weise erlebt, wie Paulus, der große Apostel.
Nachzulesen ist diese Begegnung auf dem Weg in der Apostelgeschichte
des Lukas im 9. Kapitel. Eigentlich hatte sich der junge begabte
Theologe mit seinem leidenschaftlichen Temperament seinen Lebensweg
wohl etwas anders vorgestellt. Diese Christen, die behaupten, Jesus
sei der erwartete Messias, sind ihm ein Dorn im Auge. Sie zu
verfolgen, ist sein Ziel. Zu diesem Zweck reist er von Jerusalem
nach Damaskus. Ereignislos verläuft der längste Teil der Reise, bis
kurz vor Damaskus eine überraschende Begegnung auf dem Weg die
Lebensplanung des Paulus ganz und gar durchkreuzen sollte. Er sieht
ein helles Licht, er hört eine Stimme, die ihn bei seinem Namen ruft
und ihm die Frage stellt: „Warum verfolgst du mich?“. Paulus erkennt
in dieser Stimme Jesus. Eine alles verändernde und verwandelnde
Begegnung. Ab da ist Paulus unentwegt unterwegs, um die frohe
Botschaft bis an die Enden der Erde zu tragen, um Menschen auf dem
Weg anzusprechen und sie auf den Weg zu bringen. Paulus hat vor
Damaskus erfahren, was es bedeutet, wenn Jesus von sich selbst sagt:
„Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben“ (Joh 14,6).
Samstag, 12. Mai 2012
Auf dem Weg
erleben Menschen der Bibel immer wieder gesegnete Begegnungen, die
dem Weg durchs Leben eine ganz neue Richtung geben können. Von einer
Begegnung, die nach menschlichem Ermessen so gar nicht hätte
stattfinden können, weiß Lukas in seiner Apostelgeschichte im 8.
Kapitel zu erzählen. Philippus, ein frühchristlicher Missionar und
Prediger weiß sich in die Wüste gerufen, auf die einsame Straße von
Jerusalem nach Gaza. Ausgerechnet dort, wo es nicht zu erwarten ist,
dass Philippus auf Zuhörer für seine Botschaft trifft, begegnet er
einem weitgereisten und einflussreichen Mann. Dieser ist auf dem
Rückweg von Jerusalem in sein fernes Heimatland im Nordosten
Afrikas. Ein Neugieriger ist er, einer, der nach Gott sucht. Auf
seinem Wagen sitzt er und liest, wie in der Antike üblich, laut aus
der in Jerusalem erworbenen kostbaren Schriftrolle. Sie enthält den
Text des Propheten Jesaja. Gottes guter Geist sorgt dafür, dass die
beiden einander begegnen. Die entscheidende Frage, die Philippus
stellt: „Verstehst Du auch, was du liest?“, bringt sie ins Gespräch.
Am Ende der Weggemeinschaft, so berichtet es die Bibel, ist Freude
ins Leben des Afrikaners gekommen – er hat Antworten auf die Fragen
seines Lebens gefunden. Und Philippus: weiß sich von Gottes gutem
Geist wieder auf den Weg gebracht, in Sachen der frohen Botschaft
andernorts unterwegs zu sein.