Motive - Aus dem Evangelischen Leben

Sonntag, 26. 07. 2009, 19.05 Uhr bis 19.30 Uhr Österreich 1

 

 

 

„Die Bücher hatten uns Licht gegeben“ – Geheimprotestantismus in der Habsburgermonarchie und im Erzstift Salzburg

 

 

Nach dem Einsetzen der Gegenreformation war evangelisches Leben in den habsburgischen Ländern und im Erzstift Salzburg spätestens ab den 20er Jahren des 17. Jahrhunderts offiziell nicht mehr möglich. Hunderttausende Evangelische verließen das Land in Richtung Süddeutschland. Jene, die in den österreichischen Ländern blieben und sich gegenüber der Rekatholisierungsmaßnahmen der katholischen Kirche resistent zeigten, praktizierten ihren evangelischen Glauben im Untergrund als so genannte Geheimprotestanten weiter. Äußerlich katholisch, trafen sich diese Protestanten zu geheimen Andachten auf ihren Höfen oder auch an abgelegenen Orten wie im Wald, in Höhlen oder auf Almen. Ein wesentlicher Bestandteil der geheimprotestantischen Frömmigkeit war das Lesen evangelischer Bücher (Andachts- und Erbauungsbücher, die Bibel), welche über Schmuggelwege aus Deutschland ins Land gebracht wurden. Um die Bücher vor der katholischen Obrigkeit zu verbergen, erfanden die Geheimprotestanten mitunter sehr ausgefallene Bücherverstecke wie Mauerspalten, Türstöcke, hohle Bäume. Viele dieser Bücher befinden sich heute noch im Besitz der Nachkommen ehemaliger Geheimprotestanten.

 

Mit dem Toleranzpatent Kaiser Josefs II. vom 13. Oktober 1781 endete diese Zeit der Unterdrückung, evangelisches Leben war in Österreich nach mehr als eineinhalb Jahrhunderten wieder erlaubt. Die Geheimprotestanten bildeten den Grundstock für die ersten so genannten Toleranzgemeinden, die bis heute einen wesentlichen Teil der evangelischen Kirche in Österreich bilden.

Gestaltung: Astrid Schweighofer und Wolfgang Slapansky

 

 

Buchtipp:

"Geheimprotestantismus und evangelische Kirchen in der Habsburgermonarchie und im Erzstift Salzburg", hg. von Rudolf Leeb/Martin Scheutz/Dietmar Weikl (Wien - Köln - Weimar, Böhlau 2009)