Motive - Aus dem Evangelischen Leben

Sonntag, 08. 05. 2011, 19.04 Uhr bis 19.30 Uhr Österreich 1

 

 

 

„Schlängeln darfst Du Dich nicht“ – Abschiedsbriefe Freya von Moltkes ins Gefängnis der Gestapo

 

 

Sie war 98 Jahre alt, als Freya Gräfin von Moltke, die Witwe des 1945 vom NS-Regime hingerichteten Widerstandskämpfers Helmuth James Graf von Moltke, vor eineinhalb Jahren im US-Bundesstaat Vermont im Kreis ihrer Familie friedlich starb. Ein wahrhaft bewegtes Leben lag hinter ihr. Die Protestantin hatte gemeinsam mit ihrem Mann auf dem Gut seiner Familie in Schlesien den "Kreisauer Kreis" gegründet, dem Menschen unterschiedlicher sozialer, politischer und konfessioneller Herkunft angehörten und der schon früh zu einem Zentrum des Widerstandes gegen das NS-Regime wurde. Die Gruppe entwickelte unter anderem Ideen für ein demokratisches, in Europa fest verwurzeltes Deutschland nach dem Ende des Nationalsozialismus.

Die vor 100 Jahren, am 29. März 1911,  als Freya Deichmann geborene Tochter einer Kölner Bankiersfamilie hat ihren Mann stets zu seinen Taten ermutigt. "Ich habe ihn nie gebeten, aufzuhören. Ich war überzeugt, was er tat war der richtige Weg, um sein Leben zu erfüllen", sagte die promovierte Juristin. 

 

Aus dem Gefängnis schrieb der Widerstandskämpfer Helmuth James von Moltke an seine Frau Freya. Jetzt wurden die "Abschiedsbriefe" der beiden veröffentlicht.  „Wir haben ein Recht, um mein Leben zu bitten“, ist in einem Brief Moltkes vom 17. Dezember 1944 zu lesen, „solange das ‚Dein Wille geschehe‘ dadurch nicht übertönt wird.“ Täglich, stündlich, sagt er, müsse er daran hart arbeiten, wider alle Anfechtungen. Er hat sich verbeten, in Tegel irgendetwas anderes zu lesen als die Bibel und das Gesangbuch. Beide hat er täglich mit seiner Frau parallel studiert, auswendig gelernt, gesungen. Liberale Ideen, hat Freya später einmal gesagt, reichen in solch einer Situation nicht aus. „Ich verlasse Dich nicht, denn meine Gefühle und alles, was lieben kann in mir“, schreibt Freya Moltke, „gehört ja Dir“. Gestaltung: Martin Gross