Vom „Berg der Kreuze“ zum Neu-Heidentum –
Litauens Weg in die multireligiöse Gesellschaft
Sie werden gern und oft als skurriles Lokalphänomen angeführt:
Neu-Heidnische Gruppen in Litauen, die sich auf die vor-christliche
Religion des Landes besinnen. Das mächtigste religiöse Symbol des
Landes ist freilich der „Berg der Kreuze“, 200 Kilometer von der
Hauptstadt Vilnius entfernt: Einerseits steht er für die tiefe
Verwurzelung Litauens in der westlichen Tradition des Christentums
(der geographischen Lage zum Trotz), andererseits war er ein
international beachtetes Zeichen des Widerstandes gegen den
Sowjet-Kommunismus. Mindestens drei Mal haben Planierraupen die
Kreuze niedergewalzt – immer wieder brachten die Menschen neue
Kreuze auf den Berg. Mehr als 50.000 sind es heute.
Bis ins 14. Jahrhundert war Litauen die letzte Bastion einer
vor-christlichen Religion in Europa. Erst die Aussicht auf die
polnische Königskrone vermochte Großfürst Jogaila (Jagiello) vom
römisch-katholischen Glauben zu überzeugen. Im Verbund mit Polen
begann damit Litauens Zeit als europäische Großmacht. Bis heute sind
80 Prozent der Litauer römisch-katholisch – und die große Mehrheit
der Bevölkerung betrachtet sich auch als gläubig. In den 50 Jahren
des Sowjet-Kommunismus war die römisch-katholische Kirche eine
wichtige Stütze nationaler Identität. Neben den alteingesessenen
Minderheiten der evangelischen und orthodoxen Christen hat die
Zuwanderung auch den Islam – als neues Phänomen – ins Land gebracht.
Gestaltung: Markus
Veinfurter