Praxis - Religion und Gesellschaft

Mittwoch, 11. 01. 2012, 16.00 Uhr - 16.40 Uhr
im Programm Österreich 1

 

 

 

mit Beiträgen zum Ö1-Schwerpunkt "Arabische Revolution"

 

 

Islamwissenschafterin: Funke des Aufbruchs in arabischen Ländern

Viele Monate lang sind die meisten Menschen in Europa und in Nordamerika begeisterte Anhänger der sogenannten Arabellion gewesen, inzwischen hat in Tunesien eine islamistische Partei die ersten freien Wahlen gewonnen. In Ägypten hat die letzte Runde der Wahl zum Abgeordnetenhaus begonnen. Das Endergebnis soll Ende des Monats vorliegen, es zeichnet sich bereits jetzt ein Wahlsieg der Muslimbrüder und der Salafisten ab. Sind Islam und Demokratie überhaupt vereinbar? Ein Jahr nach Beginn des "Arabischen Frühlings" ist nach Ansicht von Gudrun Krämer, Professorin für Islamwissenschaft an der Freien Universität Berlin, die Hoffnung auf eine Demokratisierung der Region nicht erloschen. Gleichzeitig müsse aber auch mit neuen Konflikten gerechnet werden.

Gestaltung: Dieter Kassel

 

 

„Weg des Lebens oder Weg der Gewalt – Schreckgespenst Scharia“

Das islamische Rechtssystem „Scharia“ wird im aktuellen Islamdiskurs häufig gleichgesetzt mit drakonischen Strafen, die mit dem westlichen Rechtsverständnis völlig unvereinbar sind: Steinigung, Auspeitschen, Hand abhacken. Tatsächlich gibt es derartige Strafen in einigen wenigen muslimischen Ländern. Mehrheitlich werden sie von Muslimen und Musliminnen auf der ganzen Welt abgelehnt. Das Strafrecht selbst ist nur ein kleiner Bestandteil der Scharia, die kein juristisches Nachschlagewerk ist, sondern als Rechts- und Wertesystem gilt: ein ethisches Konzept, das Gottesdienst, Handel und Wirtschaft, Familienrecht und viele Themen des Alltags umfasst. Die Auslegung freilich ist sehr flexibel.

Gestaltung: Wolfgang Slapansky und Lise Abid

 

 

“Wende mit bitterem Beigeschmack – die christliche Minderheit und die arabische Revolution“

Der Kampf gegen die autoritären Herrscher war und ist ein gemeinsamer. Angehörige der muslimischen Mehrheitsgesellschaft und der christlichen Minderheit stehen Seite an Seite. Doch wie sieht die Zukunft aus? Wird der Islamismus siegen und die Religionsfreiheit für Christinnen und Christen weiter einschränken? Und wie sehen die Forderungen der christlichen Minderheit aus?

Mit Fragen wie diesen beschäftigen sich Mar Gregorios Yohanna Ibrahim, der syrisch-orthodoxe Metropolit von Aleppo und Louis Sako, der katholische Erzbischof von Kirkuk, der nach dem Machtwechsel in seinem Land Irak sorgenvoll in die Zukunft blickt.

Gestaltung: Brigitte Krautgartner

 

 

Pastoraltheologe: „Jetzt nicht Hände in den Schoß legen“

Die Zahl der Kirchenaustritte bleibt auf hohem Niveau, allerdings haben im Jahr 2011 um rund ein Drittel weniger Männer und Frauen der katholischen Kirche den Rücken gekehrt als im Jahr 2010. Damals sorgte vor allem das Bekanntwerden von Missbrauchsfällen im kirchlichen Bereich für einen historischen Höchststand an Austritten seit 1945. Dem Wiener Pastoraltheologen Paul M. Zulehner zufolge ist die Konsolidierung der Kirchenaustritte "wesentlich auf den offenen Umgang der Kirche mit dem Thema Missbrauch zurückzuführen". Dies sei "zuerst ein Kompliment an Kardinal Schönborn und sein Krisenmanagement". Zugleich jedoch warnt Zulehner davor, "jetzt die Hände in den Schoß zu legen und zu meinen, man kann so weitermachen wie zuvor". Es könne "kein Zurück vor das Konzil" geben - dessen 50. Jahrestag übrigens 2012 begangen wird. Kirchlichen Handlungsbedarf sieht Zulehner weiters bei jungen, gebildeten Frauen - für diese müsse die Kirche "deutlich mehr bieten".

Gestaltung: Brigitte Krautgartner