Praxis - Spezial

Mittwoch, 21. 04. 2012, 16.00 Uhr - 16.40 Uhr
im Programm Österreich 1

 

 

 

Auf den Spuren der arabischen Intifada - Lokalaugenschein in den Zentren der Jasminrevolution

 

 

Die arabische Revolte begann nicht in den kulturellen und politischen Zentren, sondern in der Peripherie: in der kleinen mitteltunesischen Stadt Sidi Bouzid. Am 17. Dezember 2010 zündete sich dort der Gemüseverkäufer Mohamed Bouazizi aus Protest an.

Bouazizi musste nach dem frühen Tod seines Vaters als Jugendlicher seine Mutter und seine fünf Geschwister ernähren. Daher betätigte er sich als Gemüsehändler mit einem mobilen Marktstand. So ermöglichte er seinen Geschwistern den Schulbesuch und sich selbst die Matura. Ursache für seine Selbsttötung war die mehrfache Schließung seines Gemüsestands wegen einer fehlenden Genehmigung, die Beschlagnahme seiner Produkte und seiner Waage, seine erfolglose Beschwerde bei der Stadtverwaltung sowie die anschließenden Misshandlungen auf der Polizeiwache.

Dieses Ereignis entfachte einen Proteststurm, in dessen Verlauf Augenzeugen zufolge hunderte Jugendliche in Sidi Bouzid demonstrierten. Es kam zu Ausschreitungen, die Polizei setzte Tränengas ein und sperrte den Zugang zur Stadt für Journalisten. Ungeachtet dessen griffen die Proteste aus Sidi Bouzid auf andere Städte in Tunesien über. Die Protestwelle und die Unruhen, die im ganzen Land mehrere Todesopfer gefordert hatten, führten schließlich zum Sturz von Präsident Zine el-Abidine Ben Ali am 14. Januar 2011. Dies war der Beginn der arabischen Revolte, die nach Ansicht von Kennern des arabischen Raums das gesamte Jahrzehnt prägen wird.

Die arabische Revolte kam für den Westen völlig überraschend. Denn in der arabischen Welt gab es bereits seit vielen Jahren Gründe zu revoltieren, so auch im autokratisch regierten Tunesien. Verfolgung, Diskriminierung, Misswirtschaft, Korruption und staatliche Gewalt waren schon lange an der Tagesordnung. Es fanden auch lokale Proteste statt und auch mehrere öffentliche Selbstverbrennungen. Was sind die Gründe, weshalb Bouazizis Selbstverbrennung eine Intifada ausgelöst hat, die bis ins Zentrum der Macht erfolgreich wurde?

Johannes Kaup hat sich auf eine Spurensuche nach Tunesien begeben und unter anderem Sidi Bouzid besucht. Er porträtiert die Erfahrungen und Hoffnungen von Menschen, die sich Anfang 2011 unter Einsatz ihres Lebens für Demokratie und Gerechtigkeit eingesetzt haben. Ihrer Sehnsucht und ihrem Beispiel folgen Millionen in der arabischen Welt.

Gestaltung: Johannes Kaup