Das Evangelische Wort

Sonntag, 09. 04. 2006,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

                                                                    

von Superintendent Paul Weiland

 

 

Palmsonntag. Palmzweige. Frühling. Das kommt vielen in den Sinn an diesem Sonntag. Wenn Sie zu den mit den religiösen Festen etwas vertrauteren Menschen gehören, dann fallen Ihnen wohl auch Stichworte wie Einzug in Jerusalem, Esel, Jubelrufe ein.

Palmsonntag: Jesus, der König, zieht in der Hauptstadt Jerusalem ein, und das auf einem Esel, lautet die etwas verwirrende Botschaft dieses Sonntags. Welcher König reitet schon auf einem Esel, oder heute, welcher Politiker oder welcher Wirtschaftsmann oder Kirchenvertreter käme auf einem Moped? Die Menschen damals sind dem Bericht im Johannesevangelium zu Folge aber begeistert, jubeln dem König mit seinem unpassenden Transportmittel zu und schreien Hosianna, Herr, hilf. Endlich ist der da, der helfen kann. Aber ob sie es wirklich verstehen, worum es hier geht, ist wohl nicht ganz sicher.

 

Die engsten Mitarbeiter von Jesus, seine Jünger, verstehen es jedenfalls nicht, das sagt zumindest der Evangelist Johannes. Und der Fortgang der Geschichte legt nahe, dass nicht viele den wirklichen Durchblick gehabt haben. Immerhin steuert die Passionszeit in den nächsten Tagen unausweichlich ihrem tragischen Höhepunkt zu: Nach dem Jubel am Palmsonntag: Unverständnis, Hass, Verrat, Gefangennahme, Verspottung, Folter,tung, me, rem tragischen Höhepunkt zu: Hass, Verratm Moped?ikers  Ermordung.

 

Leid, wohin man blickt. Manchmal entsteht der Eindruck Christ sein und Leiden, das sind gleichsam zwei Begriffe für ein und dieselbe Sache. Wer rechter Christ sein will, der muss leiden. Ich widerspreche dieser These und setze dagegen: Gott will das Leid nicht.

 

Ich sage das ganz bewusst in den Tagen der Passionszeit und auch angesichts der Hochwasserkatastrophe, die wir in diesen Tagen schon wieder erleben, in Niederösterreich, aber auch in Tschechien und in Deutschland, und die für Tausende Menschen Not und Leid bedeutet. 

 

Ich weigere mich auch in diesem Leid einen Sinn zu sehen oder es gar mit dem Leiden von Jesus Christus zu vergleichen. Ich möchte zwei Bilder nennen, die für mich den Ansatz einer Antwort beinhalten.

 

Das erste Bild stammt aus der Bibel, auch aus dem Evangelium des Johannes: „Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es viel Frucht.“

 

Das andere Bild ist das Bild der Kerze. Eine Kerze, die nicht brennt, wird zwar nicht kleiner, aber sie gibt auch kein Licht. Eine Kerze, die brennt, verzehrt sich selbst, aber indem sie das macht, leuchtet sie anderen.

 

Es geht beim Leiden von Jesus Christus nicht um das Leiden um des Leidens willen, sondern um den schöpferischen Akt des Neuen, das mit Schmerzen und einem Totalen Sich Vergessen erreicht wird. Um wirklich Neues hervorzubringen, braucht es die Hingabe bis zur totalen Aufgabe. Das ist das Besondere und Einmalige des Leidensweges von Jesus Christus.

 

Das ist kein Wort der Verharmlosung oder gar des Verdrängens der Realität, der Leiderfahrung von Menschen heute. Aber es kann und soll diese Leiderfahrung richtig einordnen. Der Apostel Paulus sieht diesen Zusammenhang so:

 

„Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde.“

 

Um das Leben geht es, um nicht weniger. Das Ziel Gottes sind nicht leidende Menschen, sondern neue Menschen, die Leben können und  Liebe weitergeben. Das haben offensichtlich die Menschen am Palmsonntag in Jerusalem gespürt und darum Hosianna gerufen, obwohl sie das ganze Geschehen nicht wirklich einordnen konnten.