Das Evangelische Wort

Sonntag, 02. 07. 2006,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

„Sabbath – Ferien“

von Pfarrerin Gabriele Lang-Czedik

 

 

Ferien – das Wort klingt für mich wie die langen, freien Sommer als Kind: den ganzen Tag spielen, nichts müssen, Freunde treffen, Sonne und Natur genießen…

 

Aber wer hat das heute noch? Urlaub können wir uns als Erwachsene nur ein paar Wochen nehmen, verteilt über´s Jahr… Und oft ist auch da nicht Wegfahren angesagt, sondern Wohnung renovieren und vielleicht noch nebenbei jobben gehen.

Studenten müssen im Sommer nicht nur Arbeiten schreiben, sondern auch noch schauen, dass sie das richtige Ferial-Praktikum finden, damit ihr Lebenslauf dann einschlägige Praxis-Erfahrung aufweist…

 

Ferien–Zeit für mich selber, Zeit für uns als Paar, Zeit mit Menschen, die ich lieb habe. Ist das Luxus? Oder haben Menschen diese Auszeit immer schon gebraucht?

 

Otium – Freiraum gegenüber negotium, der Nicht-Freizeit, der Arbeit – das war in der griechischen Antike ein Vorrecht der Höhergestellten, und da v. a. der Männer. Frauen und besonders Sklaven, die Arbeiter der Antike, mussten jeden Tag arbeiten. Geregelte Freizeit oder Ferien hat es für sie nicht gegeben.

 

Das erste Freizeit-Gesetz für alle Menschen steht dagegen in der Bibel und ist über 2500 Jahre alt, das Sabbath-Gebot. Und es heißt „Aufhören!“ - Einmal in der Woche sollen alle für einen ganzen Tag aufhören zu arbeiten. Denn im Hebräischen kommt das Wort Schabbath von „aufhören“ oder auch „streiken“. Es ist das dritte und ausführlichste der 10 Gebote und doch viel zu wenig bekannt: Im 2. Buch Mose steht da zu lesen: „Sechs Tage in der Woche sollst Du arbeiten und alle deine Werke tun. Aber am siebenten Tag ist der Sabbath Gottes, da sollst Du keine Arbeit tun. Und auch nicht dein Sohn, deine Tochter, dein Knecht und deine Magd (…), auch nicht der Fremdling, der in deiner Stadt wohnt, sondern dein Knecht und deine Magd sollen ruhen können wie Du.“

 

Freizeit für alle, einen ganzen Tag lang. Das war neu! Bis heute halten Juden den Sabbath. Von Sonnenuntergang am Freitag Abend bis Sonnenuntergang am Samstag darf nicht gearbeitet werden. Denn der Sabbath gilt als Vorgeschmack des Paradieses.

 

Schaffen auch wir es, Sabbath zu machen, einmal in der Woche, einmal im Jahr? Wo wir uns selber und den anderen Ruhe gönnen, unserem Sohn, unserer Tochter, unserem Partner, den Menschen, die sonst mit ihrer Arbeitskraft für uns da sind? Oder beherrscht uns der Leistungswahn zu sehr? Muss sogar in der Freizeit immer etwas Nützliches geschehen? Oder müssen wir da zumindest ein tolles Urlaubsziel vorweisen können? Erlaube ich mir selbst, wirklich Sabbath zu machen?

 

Am Beginn des Sabbath zünden Juden auch heute noch feierlich die Sabbath-Kerzen an, dann beten sie miteinander, segnen einander und das Essen und beginnen den freien Tag mit einem Festmahl. Danach wird aber nicht mehr gekocht. Auch die Hausherrin soll ja Ruhe haben. Dann wird gespielt, gelesen, gelacht, gebetet, gefeiert - in der Familie, mit Freunden oder auch allein – der Sabbath als Vorgeschmack auf´s Paradies.

 

Vielleicht sollten wir am Beginn unseres Urlaubs auch eine Kerze anzünden. Und Gott danken für die geschenkte Zeit. Damit wir es wirklich glauben können, dass Ferien sind. Nicht nur für die Kinder, auch für uns. Tatsächlich halt machen können in unserem Hamster-Laufrad. Aussteigen und eine Ferien-Kerze anzünden als Zeichen für einen neuen Zeit-Rhythmus. Wenigstens für ein paar Tage heißt es dann: „Aufhören! Streiken! Den Sabbath des Jahres genießen!“