Das Evangelische Wort

Sonntag, 30. 07. 2006,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

                        

von Pfarrer Peter Karner (Wien)

 

1. Könige 17/1 – 2, 7

Da sprach der Prophet Elia zu König Ahab: „So wahr der Herr, der Gott Israels lebt, in dessen Dienst ich stehe, es wird in diesen Jahren weder Tau noch Regen fallen – außer ich sage es ausdrücklich!“ Und schon nach kurzer Zeit trockneten alle Bäche aus.

 

Wenn man der Bibel glauben darf, dann besteht ein enger Zusammenhang zwischen dem Wetter und den Sünden der Menschen. Man muss dabei nicht gleich an Noah und die Sintflut denken. Die Welt geht nicht durch Naturkatastrophen zugrunde, sondern dadurch, dass sie die Menschen zizerlweis zerstören. Fromme Lieder, die die Herrlichkeit der Schöpfung preisen, bleiben einem da direkt im Hals stecken. Und darum haben zornige, junge Christen folgendes Lied für den Gottesdienst vorgeschlagen:

 

„Geh aus mein Herz und suche Freud, denn du hast nicht mehr lange Zeit, dich an Natur zu laben.

Die Bäume stehen voller Laub, doch die Chemie senkt ihren Staub herab auf Wald und Weise.

Narzissen und die Tulipan, die weichen heut der Autobahn. Im Abgas wächst Getreide.

Die Glucke führt ihr Völklein aus, sofern sie nicht, bestimmt zum Schmaus nach dumpfer Mast verendet.

Der schnelle Hirsch, das leichte Reh, sie sterben in des Menschen Näh, vom Nachtverkehr geblendet.

Die Bächlein rauschen in dem Sand mit reduziertem Fischbestand, infolge Abfallstauung...“

 

Ja, ja – das ist eine Parodie: aber in der Tradition des zornigen Jesus, der die Geschäftemacher zum Tempel hinausgeworfen hat. Nach biblischer Überzeugung hängen aber auch Unmoral und schlechtes Wetter zusammen. König Ahab war ein korrupter Gewalttäter und Ausbeuter. Und deshalb kündigt ihm der Prophet Elia eine lange Dürrezeit an. Das ist dem König natürlich völlig verrückt vorgekommen. Er soll an der Trockenheit schuld sein? Da macht ers schon lieber wie viele österreichische Sportreporter und glaubt an einen launischen „Wettergott“.

 

Die religiöse Alternative gilt noch immer: Entweder ein Wettergott, dem die Menschen egal sind, oder ein „moralischer“ Gott. Als vor ein paar Jahren die großen Überschwemmungen in Holland waren, da haben konservative Christen gesagt: „Das ist die Strafe für das Sündenbabel Amsterdam.“ Diese sexistische Erklärung glaube ich auch nicht. Aber mit menschlichen Sünden hat es schon zu tun gehabt, dass Dämme und Deiche gebrochen sind: Die Überschwemmungen waren die Frucht jahrelanger Umweltverbrechen. Die Sünde hat eben ihre meteorologische Seite.

 

Früher einmal hat man die Frömmigkeit an guten Werken, Almosen und Wallfahrten gemessen. In Zukunft wird man unsere Frömmigkeit an den Schadstoffemissionen, den Ozonwerten und der Größe des Ozonlochs messen. Wir werden immer mehr das Klima haben, das wir verdienen. Vielleicht wird den Wetterbericht der Zukunft die Abteilung Religion gestalten. Und der Wetterbericht könnte zum Sündenbarometer der Menschen werden. Wer den Zusammenhang zwischen Moral und Wetter aufdeckt, macht sich erfahrungsgemäß nicht beliebt. Damals musste der Prophet Elia fliehen, um sein Leben zu retten – vor der Lobby des Wettergottes. Heute rennen viele vor der Lobby davon, die ihre Geschäfte mit der Zerstörung der Umwelt macht. Und der Treibhauseffekt ist für einen prominenten Gast der EU entweder Schicksal oder ganz harmlos.

 

Die Ergebnisse der bisherigen Klimakonferenzen waren eigentlich eine Schande für die Menschheit. Denn die Erderwärmung ist kein Schicksal. Und niemand darf uns dazu zwingen, dass wir uns die Seel aus dem Leib schwitzen.