Das Evangelische Wort

Sonntag, 15. 10. 2006,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von SI Dr. Gerold Lehner

 

Manchmal brauche ich Mut, wenn ich in diese Welt schaue. Wenn ich sehe, wie die Angst regiert. Eine Angst, die die einen dazu treibt, eine Atombombe haben zu wollen. Eine Angst, die die anderen dazu treibt, gerade dies verhindern zu wollen.

 

Wenn ich in die Welt schaue und sehe, das ist nicht die Ausnahme. Was im Großen geschieht, geschieht auch im Kleinen. Das Leben spiegelt immer wieder diese Angst. Diese Angst, zu kurz zu kommen. Die Angst vor den Anderen, das sind meine Konkurrenten, ja womöglich meine Feinde. Was ihnen nützt, das schadet mir.

 

Christinnen und Christen sollen sich aber nicht gefangen nehmen lassen von dieser Angst. Nur: manchmal ist das leichter gesagt als getan. Manchmal aber hilft es zu singen. So wie im Keller, wenn es finster war, damals. Ein Lied zu summen, das Mut macht, wo ich selber mutlos bin. Ein Lied zu singen, das mir den Horizont neu öffnet, wo sich alles zu verschließen scheint.

 

Der Himmel der ist

Ist nicht der Himmel der kommt

wenn einst Himmel und Erde vergehen.

 

So singt der Dichter. Und er meint wohl: der Himmel, der Horizont, der heute unsere Sicht und Perspektive begrenzt, der leere Raum, die Sterne und alles, das ist nicht der Himmel auf den wir warten. Dieser Himmel der Sterne wird vergehen wie unsere Erde auch. Dieser Himmel  ist aber auch nicht der Horizont unseres Denkens und heutigen Erlebens, der unsere Sicht und Perspektive begrenzt. Wir hoffen auf das ganz Andere. Auf das zu hoffen wir nicht wagen würden, wenn nicht jemand uns dieses Lied der Hoffnung gelehrt hätte.

 

Der Himmel, der kommt,

das ist der kommende Herr,

wenn die Herren der Erde gegangen.

 

Einmal werden sie gegangen sein. Es wird einmal aus sein mit ihnen, die sich die Macht nehmen und damit unsägliches Leid anrichten. Es wird einmal aus sein mit denen, die für ihre Ideen den Tod von Tausenden in Kauf nehmen. Es wird aus sein mit denen, deren kalte Machtpolitik ein Klima der Angst und Unterdrückung schafft.

Ein anderer wird kommen.

Wieder nur ein anderer, so wie immer wieder neue Machthaber aufgestanden sind?

Der kommende Herr, das ist der Liebende. Das ist der, der noch die Male des Leides trägt. Er der Ohnmächtige ist dennoch der Herr. Und das macht alles anders.

 

Der Himmel der kommt,

das ist die Welt ohne Leid

wo Gewalttat und Elend besiegt sind.

 

Sind das nicht doch Kindermärchen? Vertröstungen, die billig schmecken? Für mich ist es ein Lied der Hoffnung, das ich singen will. Singen gegen den Augenschein, singen gegen das Leid, das ich sehe. Singen gegen den Hass den ich sehe, Singen gegen die Gleichgültigkeit in mir. Denn:

 

Der Himmel der kommt,

das ist die fröhliche Stadt

und der Gott mit dem Antlitz des Menschen.

 

Ich werde in seine Augen sehen und das wird mein Angesicht strahlen machen. Der Gott mit dem Antlitz des Menschen ist der, der mich erkennt und den ich zu erkennen vermag.

 

Der Himmel der kommt,

grüßt schon die Erde die ist,

wenn die Liebe das Leben verändert.

 

Ich singe das Lied der Hoffnung, auch weil es mich lehrt, die kleinen Hoffnungszeichen nicht gering zu achten. Den neuen Himmel schon zu sehen, wo nach dem hundertsten Streit dennoch wieder Versöhnung geschieht. Ja, den neuen Himmel  zu schmecken, wenn ich das Lied der Hoffnung singe. Für mich alleine, im dunklen Keller. Mit anderen zusammen im Gottesdienst.

Ich brauche die Hoffnung, dass ich wieder Mut bekomme, zu lieben.

Und so singe ich, immer wieder aufs Neue.

Der Himmel der ist, ist nicht der Himmel der kommt….