Das Evangelische Wort

Sonntag, 28. 01. 2007,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von  Susanne Baus, burgenländische Militärpfarrerin

 

 

Was sollen wir tun? Das fragte vor 2000 Jahren die zusammengekommene Menge den Täufer Johannes am Jordan. Was sollen wir tun? Das fragten die ungeliebten Zöllner. Was sollen wir tun? Das fragten Soldaten, römische Söldner, diesen jüdischen Wüsten­prediger. Was sollen wir tun? Was soll ich tun? Diese Frage stellen sich auch heute Soldaten in Österreich. Da fragt der junge Grundwehrdiener: Was soll ich tun – in der mir ganz neuen Lebens-Situation? Da fragt der Unteroffizier: Was soll ich tun – bei den neuen Herausforderungen am Arbeitsplatz. Da fragt der junge Offizier: Was soll ich tun – wonach richtet sich mein Handeln aus, was sind die Maßstäbe meines Handelns?

 

Was soll ich tun – Diese Frage wird meist nicht direkt gestellt an den Militär­seelsor­ger, aber sie steht in den Begegnungen mit Soldatinnen und Soldaten oft im Raum. In ihrem besonderen Dienst erwarten sie eine Antwort auf diese für sie wichtige Frage. Sie alle haben ihre Befehle, ihre Aufträge, die ihnen klar umrissen die nächsten Schrit­te zeigen. Aber sie wollen sich ihrer Grundlage versichern. Sie wollen wissen, auf welchem Boden sie stehen in der verantwortungsvollen Ausübung ihres Dienstes. Und sie fragen ihren Seelsorger in zufälligen Begegnungen vielleicht mitten in der Nacht an der Grenze. Sie stellen sich selbst dieser Frage in lebens­kundlichen Unterrichten. Sie gehen dieser Frage nach in Seminaren, die von der Militärseel­sorge angeboten werden. Die Frage stellt sich den österreichischen Soldaten in den unterschiedlichen Auslandseinsätzen. Es geht um die Verrichtung eines anspruchsvollen Dien­stes, es geht um die Verbindung von Familie und Dienst, es geht um die Wahrneh­mung einer Verantwortung für andere Menschen. Jedes Mal wenn mir als evange­lischer Militärpfarrerin diese Frage gestellt wird, merke ich, wie ernst sie dem Soldaten ist. Und ich stelle fest, auf welch sicherem Grund wir uns dabei als Christen befinden.

 

Nein, ich kann dem Fragenden nicht zusagen, welches sein nächster Schritt sein wird. Ich kann ihm die Entscheidung nicht abnehmen, die er für seine ihm anvertrau­ten Leute im nächsten Augenblick zu fällen hat. Ich kann ihm auch nicht sagen, ob er gerade jetzt lieber zuhause bei seiner Familie sein sollte oder den Ruf in den Aus­lands­dienst annehmen kann. Aber ich kann mich mit ihm gemeinsam auf die Suche nach einer Antwort machen.

 

Der Prediger Johannes rief zur Umkehr auf das kommende Reich Gottes hin. Diese Hoffnung bestimmte seine Antworten auf die Frage. Als Martin Luther vor rund fünfhundert Jahren diese Frage gestellt bekam durch Regierende, da antwortete er: Ich kann mit der Bergpredigt keinen Staat regieren, aber es kann einem Staat nichts Besseres geschehen, als dass ein Christ ihn regiert.

 

Wenn mir diese Frage durch Soldaten gestellt wird: Was soll ich tun?  Dann antworte ich bisweilen: Ich kann mit der Bergpredigt keine Kompanie befehlen, aber es kann uns nichts Besseres geschehen, als dass bewusste Christen bei uns Soldaten sind.

 

Denn Christen sollten immer und überall ihr Tun und Handeln, ihr Verantwortungs­be­wusstsein und ihre Entscheidungen unter das höchste Gebot stellen: Du sollst den Herrn, deinen Gott, von ganzem Herzen lieben und den Nächsten wie dich selbst.

 

Wem das zu wenig ist als Antwort, der versuche sich einmal danach ganz auszurichten. Im Gespräch mit unseren Soldaten erlebe ich oft, wie ernst es ihnen letztlich mit der Befolgung dieses Gebotes ist. Ich erlebe, wie sie damit Konflikte ihres Dienstes und Lebens austragen. Ich erfahre aber immer wieder auch dankbar, wie sie sich mit diesem Gebot auf den Weg machen.