Das Evangelische Wort

Sonntag, 15. 04. 2007,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Mag. Elisabeth Kluge (Wien)

 

 

Mit der Feier der Auferstehung Jesu Christi am vergangenen Ostersonntag ist sie zu Ende gegangen – die vorösterliche Fastenzeit. Auch diesmal hatte ich mir vorgenommen, während der Passionszeit auf Fleisch, Alkohol und Süßigkeiten zu verzichten. Nie hatte ich es in den Jahren zuvor geschafft, das auch durchzuhalten. Immer wieder waren irgendwelche privaten Einladungen dazwischengekommen. Oder ich hatte bei beruflich bedingten Terminen mein Vorhaben mit dem Fasten gebrochen. Doch in diesem Jahr ist es mir gelungen, ganze vier Wochen lang absolut auf Fleisch zu verzichten. Alkohol und Süßigkeiten habe ich mir auch nur am Sonntag gegönnt. Erst in der letzten Woche vor Ostern, in der Karwoche, ist mir das Fasten nicht mehr so richtig gelungen. Früher war ich immer maßlos enttäuscht, wenn ich die Fastenzeit nicht durchhalten konnte. Doch in diesem Jahr bin ich stolz auf das, was ich geschafft habe. Für mich stand hinter dieser Form des Fastens nämlich nicht nur die Vorbereitung auf Ostern und die willentliche Entsagung von bestimmten Lebensmitteln. Ich habe damit auch noch ein anderes Ziel vor Augen gehabt. Für mich war meine Fastenzeit auch mit der Frage verbunden: Schaffe ich es, eingefahrene Gewohnheiten meines Lebens zu ändern? Kann ich die Veränderung vielleicht auch dauerhaft beibehalten?

 

In dem Dokumentarfilm „We feed the world“ beschreibt der Österreicher Erwin Wagenhofer den Zusammenhang zwischen der Produktion unseres Essens und der Globalisierung in dieser Welt. Wagenhofer scheut sich dabei nicht, die Kamera genau auf manche Ungerechtigkeiten in der Nahrungsmittelproduktion zu halten. Man sieht LKW-Ladungen voll von nicht verkauftem Brot, das weggeworfen wurde. Man blickt in riesige künstlich beleuchtete Fabrikhallen voller kleiner flaumiger Kücken, die vielleicht niemals mit dem Licht dieser Welt in Kontakt kommen. Dieser Dokumentarfilm hat bei mir eine Initialzündung ausgelöst. Ich wollte nicht mehr an den im Film angesprochenen Ungerechtigkeiten dieser Welt teilhaben. Voller Enthusiasmus bin ich am nächsten Tag in einen Supermarkt gegangen, um meine Wochenendeinkäufe zu tätigen. Ich war dabei auf der Suche nach Fleisch von artgerecht gehaltenen Tieren. Biologisch sollten die Dinge sein, die ich mir da in den Einkaufswagen lege. Auch ein gerechter Preis für den Erzeuger meiner Nahrungsmittel war mir wichtig. Und ich stellte fest: solche guten Vorsätze sind gar nicht so einfach in der Durchführung! Ich fand bei meinem Einkauf letztlich nur wenig, was auf all das passte, was ich mir vorgenommen hatte. Doch seitdem hat mich dieser Gedanke nicht mehr losgelassen, meine Einkaufsgewohnheiten und meine Lebensgewohnheiten hin zu einer gerechteren Welt zu verändern. Heute lasse ich mir regelmäßig eine Kiste mit biologisch angebautem Obst und Gemüse aus meiner Region ins Haus liefern. Ich versuche, möglichst fair gehandelte Lebensmittel zu kaufen. Und ich achte darauf, dass die meisten Kosmetika und Putzmittel in meinem Haushalt biologisch abbaubar sind. Noch habe ich es nicht geschafft, meine Lebensgewohnheiten komplett umzustellen. Aber ich habe gelernt, dass es gut ist, einen Schritt nach dem anderen zu tun. Ich habe gelernt, dass die Umstellung meiner Gewohnheiten hin zu einem gerechteren Leben für mich und andere Zeit braucht – dass ich nicht alles auf einmal ändern kann. Und deswegen bin ich auch stolz auf „meine Fastenzeit“. Auch wenn ich sie nicht ganz geschafft habe: einige Wochen ging es ohne Fleisch, einige Wochen ging es ohne das tägliche Stück Schokolade. Natürlich freue ich mich jetzt, wenn ich wieder ganz ungezwungen ein Glas Wein am Abend trinken kann. Aber ich weiß auch – ich konnte einige Zeit darauf verzichten. Es ist nicht immer notwendig. Ich habe es selbst in der Hand gehabt, etwas in meinem Leben zu ändern. Und darüber bin ich unglaublich froh.