Das Evangelische Wort

Sonntag, 15. 07. 2007,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Pfarrer Harald Kluge (Wien)

 

 

Live Earth. So was hat die Welt noch nicht erlebt. Und vom ökologischen Standpunkt aus betrachtet, bleibt zu hoffen, dass es sich auch nicht so bald wiederholt. Aber es war auch toll. Ein echter Megaevent. Und zur Erhaltung der guten Stimmung kann ich mir die CDs und DVDs dazu ab sofort im Musikgeschäft besorgen.

Bei Live Earth konnten hunderttausende Menschen weltweit wieder einmal zeigen, es geht auch anders. Nicht traurig und mit gesenktem Haupt sondern: „Lasst uns essen und trinken und feiern, denn morgen könnten wir tot sein!“ Das steht schon beim alten Propheten Jesaja im Ersten Testament.

Also wird gesungen, getanzt, gerockt und gelacht.  Dieser Planet hat eine Menge Probleme. Und für den Glauben an Heilung braucht es die Magie der Musik. Mit rasanten Hüftschwüngen von sexy Shakira lassen sich selbst müde Umweltaktivisten, und solche die es werden wollen, in Schwung bringen. Gleich einer indischen Göttin tanzt sie die Heilung dieser an Wundern und Wunden reichen Erde herbei. Und die Gruppe The Police motiviert mein Gewissen, mehr für die Umwelt zu tun, mit dem Hinweis „I’ll be watching you“.

Danach schreien sich die Hardrocker Linkin Park die Seele aus dem Leib. Und das klingt wie eine vertonte Panikattacke. Nach der Urschreitherapie habe ich wieder Platz für positive Vibes und hoffnungsvolle Gedanken.

Die Erde schreit um Hilfe und sie bekommt populäre Stimmen. Wir retten die Welt, wenn ich sofort beginne und die Promitipps zum Umweltschutz oder die 10 Gebote des Vatikan zum Autofahren beherzige. Intelligent Design hin oder her. Jedenfalls verhalten wir uns derzeit nicht very intelligent.

Deshalb braucht es Musik und Power, um diesen Planeten vor der Zerstörung zu retten. 100e Bands und deren Manager sagen der Umweltzerstörung den Kampf an. Nur warum eigentlich nicht unplugged, also nicht mit elektrisch verstärkten Instrumenten? So nach dem Motto: „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt unterginge, würde ich heute akustisch spielen.“ Ein Beitrag zum Stromsparen wäre das allemal gewesen. Und irgendwie ehrlicher, alternativer und natürlicher, biologisch besser abbaubar. Aber wahrscheinlich gab es Ökostrom.

Wir Fans müssen noch viel lernen, denn noch pfeifen wir meistens auf die Umwelt und reisen per Flieger oder mit dem Auto zum Konzert. Und, wie bei jeder großen Party, gibt es auch hier die Spiel- und Spaßverderber. Neider, Zyniker und Unlustige haben immer schon versucht, allen anderen ihre depressive Grundstimmung aufzudrücken. Schon beim Propheten Amos tritt so ein Partycrasher auf und meckert: „Ich hasse eure Feiern. Ich verwerfe eure Feste und eure Festversammlungen kann ich nicht mehr riechen.“ Für manche stinkt so eine Veranstaltung eben auch zum Himmel.

Und angeblich waren es mehrere 100.000e Tonnen CO2, die bei den Konzerten zum Live Earth-Projekt weltweit in die Luft gepulvert wurden. Eine Sauerei ungeplanten und ungeahnten Ausmaßes, wie es hieß. Da werden wir schon ganze Wälder neu pflanzen müssen, um das klimamäßig wieder auszugleichen. Also los geht’s. Wir retten die Welt!