Das Evangelische Wort

Sonntag, 29. 07. 2007,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Pfr. Mag. Jürgen Öllinger aus Villach

 

  

Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Übel. Matth. 5,37

 

Ich habe mich in München in einem Museum an diese Regel gehalten. Scharf verwarnt, weil ich ein Kunstwerk aus großen Granitsteinen berührte, sagte ich: Ja, ja.

Als ich an der strengen Wächterin vorüber ging um den Ort meines Verbrechens möglichst schnell zu verlassen, sagte diese: Leck mich am Arsch! Darauf ich: wie bitte?! Und jene wiederum: ja, ja heißt genau das.

Fassungslos verließ ich den Schauraum. Aber ich hatte wieder etwas gelernt.

 

Das „ja, ja“ im biblischen Zusammenhang meint das Schwören. Es ist der Versuch des Menschen, einem anderen ganz deutlich zu machen, dass er die Wahrheit spricht. Es soll ein wirksames Gegengift sein, wenn ein Mensch einem anderen in seinen Worten nicht vertraut. Der Schwur soll etwas Heiliges oder besonders Wertvolles in die Waagschale des Glaubens werfen.

 

Jesus sagt dazu ein klares Nein. Euer Ja oder euer Nein muss untereinander ausreichen. Ihr braucht nichts in die Waagschale zu werfen. Sonst werdet ihr einen üblen Weg beschreiten. Wie recht er damit hat, zeigt die christliche Geschichte der üblen Nachrede und Verleumdung wie sie in vielen Kirchen und Gemeinden zu beobachten war und ist.

 

Üble Nachrede übrigens macht fast jeden Menschen fassungslos. Es ist ein Weg der Feigheit. Es ist nicht der Weg des Mutes oder der Liebe. Üble Nachrede hat mit Verletzungen zu tun. Ich kann mich nicht anders wehren, also schlage ich den Weg der Verleumdung ein. Ich wage mich nicht in den Bannkreis meines Kontrahenten, sondern verwende andere Menschen, missbrauche sie, indem ich ihnen Dinge erzähle, die sie kaum überprüfen und schon gar nicht verändern können.

 

Konzentrieren wir uns auf das Ja und Nein. Es ist hier auch z.B. das „Ja, ja“ der pubertierenden Jugendlichen gemeint, die sich schnell über elterliche Ansichten und Vorstellungen hinwegsetzen. Sie knüpfen damit an die Interpretation der Aufseherin im Museum an.

 

Auch das gelangweilte „Nein! Nein!“ des bedrückten Partners hat hier Platz, der nur seine Ruhe haben will. Jesus schlägt vor, dass wir uns mit unserem Ja oder Nein festlegen lassen.

 

Wenn uns Menschen nicht glauben, schlingt sich das Nachfragen wie ein übles Kunstwerk um uns herum. Hast du das wirklich so gemeint. Hat der das wirklich so gesagt über mich. Würdest du unter Umständen sogar schwören, damit ich mich darauf verlassen kann?

 

Wir sind so verunsichert, dass wir Schwurformeln brauchen, Zeugen, Verträge, Reputationen. Bei all diesen Dingen verlieren wir den Menschen aus den Augen, der da vor uns ist. Den Menschen, der vor uns steht und sich auf uns verlassen will.

 

Es ist eine Kunst, auf Anfragen mit einem klaren Ja oder Nein zu antworten. Nein, das mache ich nicht. Ja, da werde ich helfen. Es gibt Ja-Sager, die die Dinge, die sie zusagen nicht halten werden und jene Ja-Sager, die eigentlich nein sagen wollen, es aber einfach nicht schaffen.

 

Eure Rede sei Ja, ja oder nein, nein. Beide können sich auf die Weisheit Jesu einlassen. Wenn ich Ja sage, muss man sich auf mich verlassen können. Nur so bleibe ich glaubwürdig und damit auch hilfreich. Und es bleibt eine Option, nein zu sagen, ohne den anderen vor den Kopf zu stoßen. Und ihm in dieser Klarheit mehr zu helfen.

 

Schlagen wir diesen Weg ein, sind wir versöhnt mit der Wahrheit. Und damit fängt es an, dass wir uns versöhnen mit Gott und der Welt. Darum ist es Jesus von Nazareth immer gegangen.

 

Bevor wir also unser Ja oder Nein einem anderen anvertrauen, können wir kurz verweilen. Können innerlich nachfragen: wie bitte? Und erst dann eine Antwort geben, die stimmig ist, also einfach stimmt.

 

Wie bitte? als erstaunte Pause vor der Entscheidung, einem anderen Menschen mein Ja oder mein Nein anzuvertrauen. Es wird wohltuend sein, wenn mein Gegenüber sich auskennt, ohne Schwüre, Verträge oder andere Sicherheiten.