Das Evangelische Wort

Sonntag, 02. 09. 2007,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Pfarrerin Mag. Ingrid Tschank (Gols, Burgenland)

 

  

Heute ist in Ostösterreich der letzte Tag der Sommerferien und morgen um diese Zeit beginnt wieder ein neues Schuljahr. Viel Aufregung und Anspannung wird es vor allem bei den Kindern geben, die mit der ersten Klasse beginnen, sei es in der Volksschule, in der Hauptschule oder im Gymnasium.

 

Können sie sich noch an ihren ersten Schultag erinnern?

Von meinem ersten Volksschultag weiß ich noch, dass meine Mama mich hübsch angezogen hat und mit mir zur Schule gegangen ist. Ein Foto gibt es von diesem Tag, auf dem ich voll Freude und Stolz mit meiner Schultasche zu sehen bin. Viel genauer erinnere ich mich an meinen ersten Schultag im Gymnasium. In der großen Eingangshalle der Schule wartete ich mit einer fast unüberschaubaren Menge an Schülerinnen auf die Klasseneinteilung. Ich war glücklich ins Gymnasium gehen zu können und sehr gespannt auf alles, was ich lernen würde. Vor der neuen großen Schule hatte ich keine Angst, aber als die Direktorin uns begrüßte spürte ich doch ein mulmiges Gefühl im Magen. Ihre Worte klangen ernst und streng und machten mir klar, dass an dieser Schule viel Leistung und Disziplin von mir verlangt werden würde. In diesem Augenblick war es wohltuend zu wissen, dass Mama draußen auf mich wartete, sie gab mir das Gefühl von Sicherheit und Schutz.

 

Erstklassler und Kinder, die in eine andere Schule wechseln, brauchen die Unterstützung ihrer Eltern und Familien. Ermutigende Worte und die Begleitung zur Schule tun beim Schulstart gut. Sie geben das Gefühl, nicht allein gelassen zu werden und sie helfen dem Kind, mit der neuen Umgebung umzugehen und leichter Freunde zu finden. Am Anfang ist alles neu, aufregend und herausfordernd, aber auch fremd, ungewiss und manchmal sogar bedrohlich. Die Zuneigung und Liebe der Eltern und Familie gibt dem Kind die notwendige Sicherheit, dass es sich selbst zutraut, mit den neuen Lehrkräften, der ungewohnten Umgebung und den höheren Anforderungen gut zu Recht zu kommen. Ein Kind, das mit Freude und Zuversicht in das neue Schuljahr geht, bringt damit eine gute Voraussetzung mit, sich rasch in der Klasse zu integrieren und sich den Herausforderungen zu stellen.

 

Lernen macht Kinder glücklich, aber nicht nur sie, sondern alle Menschen, denn der Mensch ist von seinem Wesen her auf Lernen ausgerichtet. Die Fähigkeit zu lernen ist für den Menschen eine Grundvoraussetzung dafür, dass er sich den vorgegebenen Lebensverhältnissen und seiner Umwelt anpassen kann. Aber nicht nur das, er kann durch Lernen sein Leben selbständig und sinnvoll gestalten und nach seinen Interessen verändern. Der Mensch hört also niemals auf zu lernen, so alt kann er gar nicht werden. Im Volksmund heißt es daher: „Am Abend ist der Mensch immer klüger, als er es am Morgen gewesen ist.“ Auch die Herkunft des Wortes „Lernen“ zeigt diesen Zusammenhang auf: Es bedeutet „Wissen“ und „Gehen“. Daher wird Lernen auch als ein Prozess beschrieben, bei dem ein Weg zurückgelegt wird, auf dem der Mensch zu Wissen gelangt.

 

Jesus hat zu seinen Jüngerinnen und Jünger gesagt: „Lehrt die Menschen halten, was ich euch gesagt habe und siehe ich bin bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt. Ich wünsche uns allen zum morgigen Schulbeginn, dass unsere Kinder nicht nur Stoff lernen, sondern dass sie das Gelernte auch „behalten“ können. Denn noch immer gilt: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Das wird überall dort gelingen, wo Kinder sich in ihren Familien und in der Schule mit Freude auf den Weg des Lernens machen und wo sie in angstfreier Atmosphäre neugierig und wissbegierig sein dürfen.