Das Evangelische Wort

Sonntag, 16. 12. 2007,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Renate Moshammer, evangelische Pfarrerin in Pörtschach, Kärnten

 

 

Bereitet dem Herrn den Weg,

denn siehe, der Herr kommt gewaltig.

 

Das ist der Wochenspruch für den heutigen Sonntag, Zuerst hab ich ihn eigentlich nur überflogen. Schließlich feiere ich nicht zum ersten Mal die Advent– und  Weihnachtszeit. Irgendwann gehören diese Worte dazu. Sie werden vertraut. Sie klingen im Ohr und im Herzen mit, wie die Weihnachtslieder, die jetzt – einmal im Jahr – wieder zu Ehren kommen, die man mitsummt und bei denen man hier und da eine Zeile sogar mitsingen kann.

 

Bereitet dem Herrn den Weg,

denn siehe, der Herr kommt gewaltig.

 

Das passt in diese Tage, in denen gewaltig die Werbetrommel gerührt und mit echtem Glühwein und falschen Eiszapfen das Herz erwärmt wird.

 

Um aber heute mit Ihnen gemeinsam über diesen Text nachdenken zu können, hab ich ihn doch noch einmal genauer lesen wollen. Ich hab zur Bibel gegriffen – und bin überrascht, ja enttäuscht worden. Denn: Ich hab ihn nicht gefunden. So steht das einfach nicht da.

 

Das „Bereitet dem Herrn den Weg“, das finde ich gleich zweimal: einmal bei Jesaja und einmal bei Matthäus, aus dem Mund von Johannes dem Täufer. Bei dem ist das die Bekräftigung seines Aufrufs zur Buße und mündet ein in eine Publikumsbeschimpfung ersten Ranges. Bei Jesaja sind diese Worte der Anfang einer Trost–Rede. Von vergebener Schuld und vom Ende der Knechtschaft spricht der Prophet. Von der Wüste ist da die Rede. Von der Steppe, durch die sich Gott Bahn bricht.

 

Jesaja schreibt im vierzigsten Kapitel seines Buches:

Es ruft eine Stimme: In der Wüste bereitet dem Herrn den Weg, macht in der Steppe eine ebene Bahn unserm Gott! Alle Täler sollen erhöht werden, alle Berge und Hügel sollen erniedrigt werden, und was uneben ist, soll gerade, und was hügelig ist, soll eben werden; denn die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden, und alles Fleisch miteinander soll es sehen.

 

Und dann heißt es: Alles vergeht. Alles verdorrt. Der Mensch ist genauso vergänglich wie das Gras. Sein Wirken und Wollen führen zu nichts. Aber endlich kommt Gott und richtet sein Reich auf. Gott kommt – ja, da steht ´s wirklich – ganz am Ende dieser Rede – Gott kommt „gewaltig“. Nachdem die Menschen mit ihrer Politik und mit ihren Träumen von Macht und Einfluss eben gewaltig gescheitert sind.

 

Seltsam, dass ich das in meiner Erinnerung ganz gestrichen habe – den Ruf zur Umkehr genauso wie die Vergänglichkeit.

 

Seltsam auch, dass diese Text–Kombination über dem heutigen Sonntag steht. So, als ob andere vor mir das auch schon gern zusammengebracht hätten: Dass Gott gewaltig kommt, auf den Wegen, die Menschen ihm bereiten.

 

Dabei erzählt mir Weihnachten eine ganz andere Geschichte:

Gott kommt – gewaltig anders als Menschen sich das wünschen und ausmalen. Keine Täler werden da aufgeschüttet, keine Berge werden eingeebnet. Gott kommt als Mensch, um mit uns Menschen unterwegs zu sein. Auf unseren Straßen, auf unseren verschlungenen Wegen. Gott begleitet uns. Bergauf und bergab. Beim steilen Anstieg der Karriere und auch beim tiefen Fall im Beliebtheitsranking. Gott bleibt mit mir unterwegs. Auch auf allen Umwegen und in allen Sackgassen, die ich ausprobiere und in die ich gedrängt werde.

Gott kommt gewaltlos und stellt damit die Gewalt bloß.

 

Bereitet dem Herrn den Weg?

 

Das geht dann wahrscheinlich am besten, wenn ich mich selbst auf den Weg mache. Auf den Weg zu anderen Menschen um sie zumindest ein Stück weit zu begleiten. In ihrer Freude und in ihrem Leid, bis hinein in ihre Sackgassen.

Ich bin sicher: in diesem Unterwegs – Sein können wir dann gemeinsam etwas erspüren von der gewaltigen Liebe Gottes, mit der er sich zu uns auf den Weg gemacht hat.