Das Evangelische Wort

Sonntag, 03. 02. 2008,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

Pfrin. Ingrid Tschank (Gols, Burgenland)

 

 

Mit dem heutigen Faschingsonntag steuert das närrische Treiben auf seinen Höhepunkt zu. In vielen Orten werden Faschingsumzüge veranstaltet und Vereine laden zu einem Gschnas oder Kostümball ein. Sogar in Geschäften werden ab morgen Verkäufer verkleidet ihre Kunden bedienen und so manche Büroangestellte wird im Clownkostüm zur Arbeit kommen. Das ausgelassene Faschingstreiben ist bei vielen Menschen beliebt, weil es eine willkommene Abwechslung zur Routine und zum harten Arbeitsalltag bietet. Ein Narr ist in diesen Tagen, wer sich nicht die Narrenfreiheit nimmt für Spaß, Tanz und einen kleinen Schabernack.

 

Narren und Spaßmacher gab es bereits in der Antike. Im Mittelalter und in der frühen Neuzeit gehörten Narren selbstverständlich zu den Adelshöfen. Für diese Narren galt die sprichwörtlich gewordene „Narrenfreiheit“, die es ihnen ermöglichte, ungestraft Kritik an den bestehenden Verhältnissen zu üben. Es war ihnen sogar erlaubt, die Adeligen zu parodieren und ihre Schwächen aufzudecken.

 

Die Hofnarren waren jedoch ursprünglich nicht in erster Linie dafür da, ihren Herrn mit Späßen zu unterhalten und zu belustigen, sondern sie sollten ihn als ernste Figur ständig an die eigene Fehlbarkeit und Sterblichkeit erinnern.

 

Erst allmählich entwickelte sich der Hofnarr zum Spaßmacher, der sich absichtlich dumm und tölpelhaft stellte, lustige Scherze trieb und seinen Herrscher zum Lachen brachte. Die Hofnarren waren keine Narren mehr. Sie wurden als Unterhalter eingestellt und verfügten über ein besonderes künstlerisches oder humoristisches Talent. Unter ihnen waren nicht selten intelligente und intrigante Strippenzieher, die ihre Position ausnutzten, um sich ein schönes Leben bei Hofe zu machen.

 

Neben den Adelshöfen hatten auch Städte Narren in ihrem Dienst, wenn diese auch meist von den erbettelten Gaben leben mussten. Der wohl bekannteste Stadtnarr war Till Eulenspiegel.

 

So mancher Narr, sei es Till Eulenspiegel, Marsmensch, Indianer, Pirat oder Scheich wird in den nächsten Tagen dort und da anzutreffen sein und es werden unter ihnen Menschen aus allen Bereichen unserer Gesellschaft sein, auch Christinnen und Christen. Narren sind in guter Gesellschaft, denn auch die Anhänger Jesu wurden oft als Narren und Verrückte bezeichnet, denn unter ihnen waren viele, die Jesus von einer schweren Krankheit geheilt oder aus der Isolation der Ausgrenzung geholt hat.

 

Zur Zeit Jesu wurden diejenigen Menschen als Narren bezeichnet, die durch eine geistige oder körperliche Behinderung oder auch durch eine unheilbare Krankheit nicht dem Normalbild entsprachen. Sie mussten am Rand der Gesellschaft leben, waren Ausgestoßene und wurden gemieden. Mit diesen Menschen Kontakt zu pflegen war unangebracht, oftmals auch für die eigene Familie. Solchen Menschen hat sich Jesus immer wieder zugewandt, hat mit ihnen gesprochen, ist in ihr Haus hinein gegangen, hat sie geheilt und sie in seine Schar der Jüngerinnen und Jünger aufgenommen.

 

Als Christinnen und Christen dürfen wir uns daher die Lust am närrischen Treiben, an guter Laune und heiterer Ausgelassenheit zugestehen und sie auch ausleben. Wer Freude daran hat, in lustige Kostüme zu schlüpfen und sein Gesicht mit einer Maske zu verändern, wie es Kinder zu jeder Jahreszeit mit großer Begeisterung und Leidenschaft tun, für den sind die drei letzten Faschingstage eine gute Gelegenheit.

 

Kinder leben ihre Fantasie, ihre Wünsche und Träume mit ihren Verkleidungen aus, sie fühlen sich wie eine Prinzessin mit goldener Krone, ein Sheriff mit Stern oder ein Matrose auf hoher See. Sie spielen die Rolle, die sie glücklich macht aus ganzem Herzen und es zählt für sie nur, sich dabei selbst zu gefallen und zu lieben.

 

Wohl deshalb liebte Jesus die Kinder, denn sie haben einen unmittelbaren Zugang zur sinnlichen Welt und zur Sphäre des Heiligen. Obwohl sie mitten in der Realität des Alltags leben, übersteigen sie die Wirklichkeit in ihren Spielen und Geschichten mühelos zu jeder Zeit. Sie glauben an das, was sie sich wünschen, sich erträumen und wonach sie sich sehnen, fragen nicht danach, was sie davon haben oder dadurch gewinnen.

 

Die Kinder stellte Jesus uns als Vorbild hin als er sagte: „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, werdet ihr nicht in das Reich Gottes kommen.“ (Matthäusevangelium 19, 14) Wir dürfen in Jesu Namen wie die Kinder sein und träumen und hoffen. Wir dürfen bleiben wie wir sind und immer wieder neu werden und anders. Im Fasching und jeden Tag.