Das Evangelische Wort

Sonntag, 09. 03. 2008,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Diakon Michael Kamauf (Wien)

 

 

Heute ist der Sonntag „Judika“ in der Passionszeit. Das bedeutet so viel wie „Gott, schaffe mir Recht!“ Es geht also sozusagen „ums Eingemachte“ unseres Lebens und unseres Glaubens, denn wer wünscht sich nicht, im Recht zu leben? Wer will nicht zu seinem Recht im Leben kommen?

 

Paulus schreibt, dass jeder Mensch mit verschiedenen Gaben, Talenten und Begabungen von Gott ausgestattet, beschenkt und gesegnet ist. Das gibt jedem Menschen auch das Recht, selbstbewusst durch sein Leben zu gehen. Jeder Mensch hat das Recht auf Menschenrechte und Lebensrechte weil jeder Mensch einmalig und wertvoll ist.

 

Von diesen verschiedenen Gaben unter dem Geist Gottes schreibt Paulus im Römerbrief. Und gerade die Passionszeit inspiriert mich persönlich auch wieder einmal an das Wesentliche und an das Wertvolle unseres Lebens und meines Glaubens zu denken. Da möchte ich Gott für seine vielfältigen Gaben, die er mir und jedem Menschen geschenkt hat einfach danken.

 

Es ist auch außerordentlich beruhigend, dass es nicht unsere Aufgabe ist, alles zu können, alles zu wissen oder alles zu tun. Wir müssen auch nicht auf unseren Händen gehen lernen... Vielmehr sollten wir in jedem Menschen zuerst die vorhandenen Fähigkeiten und Begabungen erkennen und nicht nur auf Defizite schauen und darauf herumreiten, wie es unser Erziehungssystem oft noch immer so gerne tut.

 

Ein lieber Freund, der Personalchef eines Weltkonzerns war, sagte mir einmal, dass „Gute Manager die Begabungen ihrer anvertrauten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst fördern und sie motivieren und nicht nur auf Defizite schauen!“

 

Gute Manager! Wie viele Gute Chefs gibt es in unserem Leben?

 

Paulus geht von einem Gott gewollten positiven Menschenbild aus, er schreibt, dass Gott in seiner Schöpfung, in jedem einzelnen Menschen wertvolle Gaben mit auf den Lebensweg gegeben hat, wir sollen sie nur gezielt erkennen und effizient einbringen.

 

Das klingt dann in unserer so genannten Lutherbibel so: ”Wir haben verschiedene Gaben, nach der Gnade, die uns gegeben ist.”

In der Schöpfungsgeschichte heißt es: ”...Gott sah an alles, was er geschaffen hatte... und siehe ES WAR GUT...!”

Wir dürfen glauben, weil wir sind wertvolle, mit den besten Anlagen ausgestattete Menschen, wir sind Gottes geliebte Einzelstücke, keine Massenproduktion ”Made in Irgendwo”. Diese Gaben dürfen wir für die Gemeinde, für unsere Mitmenschen, für unsere Gemeinschaft umsetzen und sie gut und behutsam nützen und benützen.

 

”Ist jemand ein Amt gegeben... so diene er”

Ämter sind anvertraute Aufgaben zum Wohle der Menschen. Ämter sind Berufungen, Menschen werden in den Gemeinschaftsdienst gerufen. Ämter sind daher nicht zur bloßen persönlichen Bereicherung oder eitlen Selbstdarstellung da.

 

”Ist jemand Lehre gegeben, so lehre er”

Der Glaube muss weitergetragen, weitergelehrt, weitergelebt werden. Ohne Begleitung im Glauben kann er schlecht wachsen und wird bald vergehen. Lebenserfahrungen sollen an junge Menschen weitergegeben werden.

 

”Ist jemand Ermahnung gegeben, so ermahne er”

Wenn jemand aus dem Glauben heraus etwas sieht oder wahrnimmt, was bisher noch keiner gesehen hat, so ist er oder sie dazu verpflichtet, aus der Liebe zur Gemeinde heraus, darauf hinzuweisen und auch zu warnen.

 

”Gibt jemand, so gebe er aus lauterem Sinn”

Wenn du helfend deinen Mitmenschen beistehst, dann soll deine Motivation die Liebe sein, nicht nur die Lust auf Anerkennung und Hoffnung auf Gegenleistung, Anerkennung und Gegenleistung sind unter liebenden Gemeindemitgliedern übrigens sowieso selbstverständlich.

 

”Steht jemand der Gemeinde vor, so sei er sorgfältig”

Sorgfältig selbstverständlich in Geldsachen, sorgfältig aber auch im mitmenschlichen Miteinander in der Gemeinde, das heißt: Rat geben, Erfahrung austauschen und andere daran teilhaben lassen.

 

”Übt jemand Barmherzigkeit, so tue er es gerne.”

Wenn wir uns zum Dienst am Menschen entschließen, so tun wir es aus liebevollem Herzen heraus - und das macht fröhlich.

 

Wenn wir das alles umzusetzen versuchen haben wir nicht nur eine neue Lebensqualität sondern wir verschaffen auch jedem einzelnen Menschen sein ganz persönliches Menschen-Recht. Und wertvoll geachtete, angenommene Menschen sind wirklich glückliche Menschen.

 

Menschen, die auf die Sorgen, Nöte, Ängste achten, aber auch Menschen, die auf Freuden und Erfolge ihrer Mitmenschen neidlos achten und die sich gegenseitig so annehmen wie Christus uns angenommen hat. Menschen, die sich voll und ganz akzeptieren und über ihr Leben glücklich sind. Das wäre wirklich eine paradiesische Welt, nicht im Ewigen Leben sondern schon heute, hier und jetzt.