Das Evangelische Wort

Sonntag, 25. 05. 2008,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

Unsere Teddybären

von Pfarrerin Marianne Fliegenschnee (Wien)

 

 

Unsere Pfarrgemeinde plant eine Teddybär-Ausstellung. Jeder und jede die will, kann ihren liebsten Teddy dort ausstellen. Sie fragen sich vielleicht, warum gerade eine Teddybär-Ausstellung in einer Kirche. Diese Ausstellung hat nicht nur damit etwas zu tun, dass unsere Kinderzeitung der Miniblick ihren 10-jährigen Geburtstag feiert, und der Brummi - ein Bär - ihr Maskottchen ist.

 

Diese Ausstellung hat etwas mit Lebensgeschichten zu tun. Und in einer Kirche sollte es doch um unser Leben gehen - um das, was uns bewegt, was uns freut und traurig macht. Unser Leben soll in der Kirche zur Sprache kommen können und dann in Beziehung zu Gott und den biblischen Geschichten gesetzt werden.

 

Für kleine Kinder sind Teddys oft sehr wichtige Begleiter. Sie sind immer da, mit ihnen kann man kuscheln und reden. Sie geben Sicherheit und beruhigen das Kind, z. B. beim Einschlafen oder in einer fremden Umgebung. Die zuverlässige Begleitung der Teddybären erinnert mich an Gottes Zusage, uns nicht alleine zu lassen. So heißt es im Psalm 23 in einigen Versen: Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts fehlen. ... Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal fürchte ich kein Unglück, denn Gott ist bei mir. Auf dieses Versprechen Gottes, bei mir zu sein, verlasse ich mich, wie sich Kinder auf die zuverlässige Gegenwart ihres Teddys verlassen.

 

Zuerst habe ich gedacht, Teddybären sind etwas für Kinder und für so verrückte Leute, wie mich, die gerade Teddybären sammeln. Als ich aber mit den Männern und Frauen unserer Gemeinde über die Idee dieser Ausstellung gesprochen habe, habe ich erstaunt festgestellt, wie viele ältere Menschen einen Teddybären zu Hause haben. Anscheinend spielt bei den Teddys das Alter eines Menschen gar keine Rolle.

 

In unserer Ausstellung sollen die Bären einen kleinen Steckbrief erhalten. Darauf soll der Name des Bären stehen, sein ungefähres Alter und eine kleine Geschichte über den Bären oder etwas, was dieser Bär erlebt hat. Lebensgeschichten sollen so sichtbar und hörbar werden. Denn die Bären spiegeln unser Leben wieder. Sie erzählen von ganz alltäglichen Geschichten und von unvergesslichen Ereignissen. Sie erzählen lustige und traurige Geschichten, sie erzählen von anderen Menschen und anderen Ländern. 

 

Ich liebe Geschichten, die das Leben schreibt - fast mehr noch als Teddybären, so bin ich auf diese schon besonders gespannt. Schon im Vorfeld habe ich einige davon gehört. Da gibt es einen Bären, der einen Winter im Freien überlebt hat, weil er unter einem Busch nicht wiedergefunden wurde. Da gibt es einen Bären, der kopfüber im Kakao gelandet ist und seither Kakaobär heißt. Da gibt es einen Bären, der Dramatisches an der Grenze des ehemaligen Ostblockes erlebt hat. Da gibt es Bären, die schon in der Wiege eines Kindes gelegen haben und Bären, die mir von einem ganz wichtigen Menschen geschenkt wurden. Und es gibt Bären, die einem Menschen gehört haben, der jetzt nicht mehr lebt und deshalb von großer Bedeutung sind.

 

Teddybären scheinen viele Menschen ihr ganzes Leben zu begleiten. Sie bekommen Vieles mit, was ihre Besitzerin oder ihr Besitzer erlebt haben. Sie tragen unsere Vergangenheit in sich und nehmen sie in unsere Gegenwart mit. Sie wandern mit uns durch das Leben. Sie bleiben bei mir, auch wenn ich erwachsen werde, auch wenn ich umziehe, auch wenn sich meine Lebenssituation ändert. Die Teddys wandern mit uns durch die Zeiten. So wie Gott uns begleitet und bei uns ist, zu allen Zeiten unseres Lebens.

 

Teddys sind etwas Gutes, das uns liebevoll durchs Leben begleitet. Ich finde es sehr schön, dass auch in den Altersheimen immer mehr Menschen ihre Teddys und Stofftiere bei sich haben dürfen. Denn gerade in dieser Lebensphase braucht man oft etwas zum Anhalten und Anschmiegen, das weich ist und das man schon lange kennt.

 

Teddys erzählen also von unseren Lebensgeschichten und erinnern uns, dass auch Gott uns durchs Leben begleitet - schützend und tröstend.

 

Die Teddys werden wir auf dieser Welt zurücklassen müssen - aber Gott wird uns auch nach unserem Tod weiter begleiten. Denn der 23. Psalm endet mit den Worten: Gutes und Barmherzigkeit werden mir folgen mein Leben lang und ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.