Das Evangelische Wort

Sonntag, 28. 12. 2008,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

                                             

von Superintendent Paul Weiland

 

 

Jetzt sind sie vorbei, die großen Weihnachtsfeiertage. Ich hoffe, Sie kommen nicht erst jetzt zur Ruhe und Besinnung. Ich hoffe vor allem aber, dass Sie nicht das Gefühl haben, jetzt ist sozusagen die Luft draußen.

 

Eigentlich geht es jetzt für uns ja erst so richtig los. Nachdem wir uns mit den Hirten in den Tagen vor Weihnachten nach Bethlehem aufgemacht haben, zum Weihnachtsfest in Bethlehem waren, gehen wir nach Weihnachten mit den Hirten wieder zurück. In unser Leben, in unseren Alltag.

 

Ich persönlich kann mich übrigens mit den Hirten viel besser identifizieren als mit den Weisen, der zweiten Besuchergruppe des Neugeborenen in Bethlehem, von der die Bibel berichtet. Während die Weisen großartige Geschenke mitbringen, Gold, Weihrauch und Myrrhe, kommen die Hirten nach den biblischen Berichten scheinbar mit leeren Händen.

 

Oder doch nicht ganz? Sie bringen sich selbst mit, ihre Person, ihr Leben. Ganz offensichtlich ist das das Entscheidende, wenn man sich aufmacht nach Bethlehem. Mit alledem, was das eigene Leben ausmacht, was bestimmt und prägt, mit seiner Persönlichkeit und auch mit den eigenen Schwächen, können und sollen wir auf das Wunder des Geschehens zu Weihnachten zugehen.

 

Und dann auch wieder umkehren und gleichsam nach Hause gehen. Von den Hirten berichtet das Lukasevangelium (2/20): „Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.“

 

Die Hirten sind durch die Begegnung in Bethlehem zu anderen Menschen geworden. Zu Menschen mit Perspektive und Zukunft. Zu fröhlichen Menschen. Darum konnten sie Gott loben und preisen.

 

Die Bibel berichtet uns nicht mehr, wie es in ihrem Leben weitergegangen ist. Wahrscheinlich ist ihr Leben als Hirten bei den Herden ähnlich hart und entbehrungsreich verlaufen wie zuvor. Aber offensichtlich war ihr Leben nun getragen von einem Grundton der Hoffnung. Diese Hoffnung hat sie lebensfest gemacht. Und einsatzbereit für andere.

 

Genau das will Weihnachten bei uns Menschen bewirken, wenn wir nach den Feiertagen wieder zurückkommen in den Alltag. Es geht um das Leben. Wie immer, wenn es um die Geschichte der Menschen mit Gott, oder besser gesagt, um die Geschichte Gottes mit uns Menschen geht.

 

Weihnachten bringt diese Geschichte für uns Christen gleichsam zu einem Höhepunkt. Gott schafft neu und er vollendet. Gott wird neu geboren, damit es neu werden kann für uns Menschen.

 

Neu, das heißt auch, wieder frei von Belastungen, frei von Schuld zu werden. Die Weihnachtsbotschaft sagt uns gerade in Situationen des Zweifelns und der Unsicherheit: Niemand braucht zu verzweifeln. Jesus ist in die Welt gekommen, um uns zu begleiten und zu trösten. Er ist gekommen, um uns zu sagen, dass Schuld vergeben werden kann. Er ist gekommen, um uns zu erlösen.

 

Weihnachten heißt, mein Leben gehört dem Gott, der seinen Sohn in die Welt gesandt hat, damit alle, die an ihn glauben nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben.

 

Die Epistellesung des heutigen Sonntags in den Evangelischen Kirchen will uns auf diese fundamentale Änderung der Lebensbedingungen durch Weihnachten hinweisen. Im 1. Brief des Johannes heißt es im 1. Kapitel:

 

„Was von Anfang an war, was wir gehört haben, was wir gesehen haben mit unsern Augen, was wir betrachtet haben und unsre Hände betastet haben, vom Wort des Lebens

(2)und das Leben ist erschienen, und wir haben gesehen und bezeugen und verkündigen euch das Leben, das ewig ist, das beim Vater war und uns erschienen ist -,

(3)was wir gesehen und gehört haben, das verkündigen wir auch euch, damit auch ihr mit uns Gemeinschaft habt; und unsere Gemeinschaft ist mit dem Vater und mit seinem Sohn Jesus Christus.

(4)Und das schreiben wir, damit unsere Freude vollkommen sei.

 

Das Besondere ist, dass das Weihnachtserlebnis der Hirten nicht auf sie beschränkt bleibt. Dass es auch kein einmaliges Ereignis von vor rund 2000 Jahren bleibt. Weihnachten gibt es für jeden von uns und in seiner Wirkung über den 24. Dezember hinaus. Weihnachten ist Freude und Hoffnung für uns alle.