Das Evangelische Wort

Sonntag, 27. 09. 2009,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Superintendentin Luise Müller (Innsbruck)

 

 

Manchmal ist die Zeit reif für Bekenntnisse. Da bekennt eine Frau einem Mann ihre Liebe, weil jetzt der Zeitpunkt ist, laut auszusprechen, was man schon lange denkt und fühlt. Ein anderer bekennt vor einer Gruppe anonymer Alkoholiker sein Alkoholproblem, weil er nicht mehr so weitermachen will wie bisher, sondern zu dem stehen will, was er ist und was er ändern möchte. Da findet eine Taufe statt und das christliche Glaubensbekenntnis wird auf einmal persönlicher als in einem ganz normalen Sonntagsgottesdienst. Denn wir sprechen es nicht mehr grundsätzlich, sondern auf diesen einen konkreten Anlass bezogen. Wir, die christliche Gemeinde, übernehmen Mitverantwortung für den Täufling und sagen: ja, das bekenne ich, das bekennen wir. So glauben wir und wir wollen unseren Glauben auch dem Menschen bekannt machen, dessen Taufe heute stattfindet.

 

Am vergangenen Sonntag habe ich meinen Enkelsohn Friedrich getauft. Da wird es noch einmal persönlicher. Da bin ich nicht nur Gemeindemitglied, nicht nur Taufpfarrerin, sondern Großmutter, eine, die aufgrund der dreißig Jahre mit den eigenen Kindern weiß, wie unverzichtbar es ist, den Rückhalt bei Gott zu haben, wenn man sich auf das Abenteuer Familie einlässt.

 

„Ja Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“ Dieses Bekenntnis spricht Marta, die Schwester des Lazarus, nachdem sie Jesus vorher ziemliche Vorwürfe gemacht hat, weil er nicht da war, um ihren Bruder vor dem Tod zu retten.

 

Jesus bleibt nicht unbeteiligt. Er wird vom Lauf der Ereignisse berührt und am Ende der Geschichte ist Lazarus nicht mehr im Grab, sondern lebt. Für viele, die damals dabei waren, war dies der Auslöser, um an Jesus zu glauben, das Bekenntnis der Marta zu ihrem zu machen.

 

Ob Friedrich das Bekenntnis, das wir gesprochen haben, auch zu seinem eigenen machen wird? Ob Jesus Christus auch für ihn seine Macht so zeigen wird, dass er ihm glauben kann? Wir wissen, dass das von vielen Komponenten abhängt. Von dem, was wir ihm vorleben, von dem, was er im Religionsunterricht erfährt, von dem, wie seine Freunde denken, von lifestyle, gesellschaftlichen Vorgaben und von viel mehr. Und dann ist da noch jener Rest Unverfügbarkeit, Unberechenbarkeit. Wir können den Glauben zwar vorleben, aber wir können ihn nicht machen, nicht bewirken. Auch Söhne frommer Eltern melden sich vom Religionsunterricht ab, auch Pfarrerskinder distanzieren sich von der christlichen Gemeinde und legen ihren Glauben weg, wie ein unmodern gewordenes Hemd.

 

Manchmal, da scheint es im menschlichen Leben keinen Ausweg, keine Alternative zu geben. Vorbei. Alle Chancen verpasst, nichts geht mehr. So wie bei Lazarus. Er war tot, begraben, hat die Schwelle überschritten, die wir nicht rückgängig machen können.

 

Auch in solchen Situationen, wo scheinbar gar nichts mehr geht, noch zu hoffen, und dieser Hoffnung dann auch Worte zu geben, ist das Kennzeichen der Christen. Unser Glück: Gott ist ein leidenschaftlicher, der sich bewegen lässt. Dies weiß ich, weil es viele Menschen erlebt haben, ihre Geschichten stehen so wie die von Marta und Lazarus in der Bibel, aber sie werden auch heute noch erlebt und erzählt.

 

Meine Aufgabe als Großmutter für Friedrich wird zum einen sein, das, was in meiner Macht steht zu tun: Nämlich mein Bekenntnis ihm gegenüber lebendig werden zu lassen. Und zum anderen nicht zu vergessen, dass Gottes Macht weiter reicht, als ich es je verstehen werde können.

 

„Ja Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt gekommen ist.“