Das Evangelische Wort

Sonntag, 31. 01. 2010,  6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1

 

 

 

von Pfr. Mag. Adalbert Tölgyes

 

 

Gassi oder Bussi? Ich tippe auf Gassi. Damit werden Sie - oder besser gesagt: Ihr vierbeiniger Freund – diesen Tag begonnen haben oder noch beginnen. Meine Vermutung beruht auf der Tatsache, dass in unserem Land mehr Menschen mit einem vierbeinigen Freund zusammenleben als mit einem zweibeinigen – verständlich, der vierbeinige hört immer zu, redet nicht zurück und kommt meist vor Einbruch der Dunkelheit nach Hause; und dafür nimmt man hin und wieder einen kleinen Floh gern in Kauf.

 

Jetzt sagen Sie vielleicht: „Das kratzt mich wenig, weil ich außer Hausstaubmilben keine Tiere im Haus habe.“ Dann bleiben Sie trotzdem dran, denn das Verhalten des so genannten „besten Freund des Menschen“ kann uns einiges deutlich machen. So lernt etwa ein Hund in erster Linie durch das Loben. Dieses muss innerhalb einer dreiviertel Sekunde nach der ausgeführten Handlung erfolgen, damit er das Lob als Bestätigung begreift. Ebenso wichtig ist das überzeugende „Nein!“. Es darf ihm nicht aus falsch verstandener Zuwendung vorenthalten werden - sonst steht Bello eines Tages mit triefender Schnauze vor der zerbrochenen Suppenschüssel. Und das plagt Hund und Hausmann.

 

Freunde hören aufeinander. Und durch das Hören lernen sie die Sprache des Anderen. Der Gefährte mit den Samtohren sagt uns schlicht aber ergreifend: „Lobt das Lernen und lernt das Loben!“ Mit diesem Motto ließe es sich auch in Familie und Schule auf den Hund kommen...

 

Worüber freuen wir uns? Wann sind wir am zufriedensten? Hat man uns nicht dazu erzogen, auf das „Zu-wenig“ zu achten und Unzufriedenheit als Voraussetzung für eine florierende Wirtschaft zu akzeptieren? Wo der Hund begraben liegt, wissen wir wohl; wie man auf ihn kommt, weniger... In unseren Augen sind Bäume zu einer Kulisse der Freizeitindustrie verkommen - für einen Hund sind sie Versteck, Zeitung und Reviermarke in einem. Idefix, der Hund von Obelix, weint sogar, wenn sein Herrchen versehentlich einen Baum ausreißt!

 

Der Schnee ärgert die einen Menschen, wenn er ausbleibt und die anderen, wenn er da ist – ein Hund genießt nichts mehr als mit seiner Schnauze durch das frischgefallene Himmelsweiß zu pflügen.

 

Schaut unsereins längere Zeit aus dem Fenster, dann deswegen, weil er sich empört oder Skandale wittert. Der Hund schaut aus dem Fenster, weil er auf etwas wartet. Fast bin ich geneigt zu glauben, dass er hinter der Glasscheibe Mächte zwischen Himmel und Erde wittert.

 

Manch volle Schüssel auf unserem Mittagstisch landet nicht im Magen sondern im Mülleimer - ein Hund springt vor Freude über jede Schüssel Futter in die Höhe.

 

„Olle Menschen samma z´wider, i mecht s´ in die Goschn hau´n“ – wir kennen diesen Refrain von Kurt Sowinetz. Vielleicht sogar zu gut. Ein Hund hingegen ist am zufriedensten, wenn Menschen um ihn herum sind. „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“, sagen wir. Doch der Partner mit der kalten Schnauze sucht gleich am Morgen die Familienmitglieder, schaut, ob eh alle da sind. Und wenn man noch schlaftrunken an ihm vorbeischlurft, legt er sich schon vertrauensvoll und schutzlos auf den Rücken und schaut einen herzerweichend an. Martin Luther war sicher deswegen davon überzeugt, dass Hunde in den Himmel kommen und goldene Schwänze haben...

 

Wie viel reden wir – und wie wenig sagen wir! Der Hund redet nichts, aber sagt doch viel. 10.000 Jahre gemeinsame Geschichte von Hund und Mensch sind kein Zufall. „Die Fährte zum eigenen Ich führt über das Du“, stellt Carl Gustav Jung fest – er muss ein Hundehalter gewesen sein! Und vielleicht auch ein gewisser Jesus Sirach, dessen Worte wir in der Bibel finden: „Ein treuer Freund ist ein Trost im Leben; wer Gott fürchtet, der bekommt solchen Freund.“

 

Ich wünsche Ihnen einen wunderschönen guten Morgen mit Ihrem besten Freund!