Das Evangelische WortSonntag, 07. 03. 2010, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr Österreich 1
von Pfarrerin Ulrike Wolf-Nindler, Tulln
„Haben Sie Schmerzen?“, fragte mich neulich der Arzt, und ich setzte mühsam an zu beschreiben, was im Grund genommen unteilbar und damit auch nicht mitteilbar ist: Denn ob der Schmerz uns nun schleichend oder völlig unvermittelt trifft: Er hat immer unzählige Gesichter. Er kann stechen, ziehen oder jucken, brennen, krampfen oder hämmern, hell, heiß, attackenartig oder hintergründig sein.
Ja, es gab wohl Zeiten, da wusste ich noch gar nicht richtig, dass ich einen Körper hatte, er funktionierte einfach zuverlässig. Der Schmerz aber ändert alles: Der lässt einem keine Ruhe, jagt ins ungewisse Neuland bisher kaum erahnter Körperteile oder ist er gar schon zum guten alten Bekannten avanciert? In jedem Fall treibt er in die Enge, sprich: In die Angst. Denn was ist, wenn er noch ärger wird? Was, wenn der Körper gänzlich nicht mehr mitmacht und ich die Kontrolle über ihn verliere? Schmerz gehört aber zum Leben, zum Körper sein.
Wer Worte braucht, der mag sich Worte holen und da tönen durch Jahrtausende bewährte Worte aus der Bibel bis zu mir herüber.
“Wir haben aber unseren Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott kommt und nicht von uns. Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht.
Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leib. Das geschieht, damit auch das Leben Jesu an unserm Leib offenbar wird“.
Schrieb einst der Apostel Paulus an seine Gemeinde in Korinth. Da wird der Schmerz jetzt nicht mehr als Antwort auf die Frage „Was habe ich versäumt zu tun? Oder wer ist schuld an meiner Pein?“ verstanden, sondern als Folge unsres irdisch Seins. Wenn das so ist, dann wäre Krankheit die Kunst, in und mit diesem irdnen Körper zurecht zu kommen. - Und die Kraft, die man dazu braucht, wär dann nicht Eigenleistung, sondern göttliches Geschenk.
„Hallo! Haben Sie Schmerzen?“, hörte ich da auf einmal die Stimme meines Arztes wieder, und ich antworte darauf mit einem schlichten: „Ja.“
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