Propst Maximilian Fürnsinn

Stift Herzogenburg von innen

Franz von Assisi

Krippe


Erfüllte Zeit
Sonntag 25. 12. 2000 -  7.05 Uhr - 8.00 Uhr

Radio Österreich 1

"Der Prolog des Johannes-Evangeliums" 
(Johannes 1, 1 - 18)
Das Evangelium zum Feiertag, gelesen von Dieter Dorner,
kommentiert von Propst Maximilian Fürnsinn

"Einfach wie im Stall" – Weihnachten in der Franziskus-Gemeinde
Rund um Weihnachten wird viel von Besinnung gesprochen, aber nur die wenigsten Menschen schaffen es wirklich, sich aus dem Konsumtrubel rund um das Fest der Geburt Christi auszuklinken, um vielleicht einmal ganz "einfach" Weihnachten zu feiern – etwa so wie in der "Franziskusgemeinschaft" im burgenländischen Pinkafeld. Die Gemeinschaft ist ein Zweig der sogenannten "Wüstenbewegung", die sich der Spiritualität des verstorbenen italienischen Mystikers Carlo Carretto verpflichtet weiß und versucht so einfach wie Franz von Assisi zu leben.

Gestaltung: Alexandra Mantler

 

Prälat Mag. Maximilian Fürnsinn
Propst des Stiftes Herzogenburg, 
kommentiert das Evangelium zum Feiertag

GOTT SCHENKT SICH HER 
(Johannes 1, 1 - 5.  9 - 14)

Weihnachten ist das Fest des Schenkens.

Wochenlang wurde in Einkaufshäusern und Geschäften eine Flut von Geschenken zum Kauf angeboten. Geschenke und Weihnachten gehören zusammen.

Ich hoffe, Sie haben durch die Geschenke, die Sie am Weihnachtsabend erhalten haben, die Liebe der schenkenden Menschen gespürt. Denn erst diese Liebe macht ein Geschenk wirklich zum Geschenk.

In der Festmesse von Weihnachten, in der "Messe am Tag" wird der Prolog des Johannesevangeliums verkündet. Dieses Vorwort, dieser "Aufmacher" des Johannesevangeliums ist ein einziger Lobpreis der sich verschenkenden Liebe Gottes. Dieser Prolog zeigt den Goldhintergrund unseres Lebens auf.

Die sich verschenkende Liebe Gottes ist für mich das Schlüsselwort
 zu diesem nicht sehr leichten Evangelientext.

Dieser Prolog zeigt viele Facetten göttlicher Liebe. Ein paar greife ich aus diesem Text heraus.

Gottes verschwenderische Liebe ist schöpferisch – immer neu, lebendig, jung.

Eine totale Phantasie der Liebe. Liebe ist der eigentliche Name für Gott.

"Alles ist durch das Wort geworden .... In IHM war das Leben"
– sagt das Evangelium. Ein Wort der Liebe erschafft alles. Alles kommt aus diesem Wort der Liebe. Auch das Leben eines jeden Menschen entspringt dieser Liebe – auch wenn das Leben dann schief läuft. Als erstes und letztes Wort steht über jedem Menschen: Du bist gewollt und geliebt.

Diese sich verschenkende Liebe Gottes ist der "Treibstoff" aller Liebe. In jeder menschlichen Liebe leuchtet der Glanz göttlicher Liebe durch. Denn alles ist durch IHN. Ohne diese Liebe wäre alles dunkel.

Eine andere Facette dieser göttlichen Liebe: Sie geht bis zum Äußersten.

Sie schreckt vor nichts und niemandem zurück.

"Er kam in Sein Eigentum, aber die Seinen nahmen IHN nicht auf." – sagt das Evangelium weiter.

Diese Liebe Gottes nimmt alles in Kauf: Ablehnung, Fremdheit, Ausgrenzung.

Eine Liebe, die alles aushält.

Dadurch möchte sie verändern. Sie möchte so die Angst nehmen, die hinter jeder Ablehnung steht; sie möchte den Egoismus überwinden, Versöhnung provozieren.

Sie ist jene Kraft, die das Auseinandertriften der Menschheit verhindert.

Sie macht Dunkel hell.

Weiters: Die sich verschenkende Liebe Gottes kommt dem Menschen ganz nahe.

Das Johannesevangelium bringt das kurz auf den Punkt: "Und das Wort ist Fleisch geworden."

Die Liebe wird Mensch – wird Fleisch.

Gott geht ganz in das Schicksal des Menschen und in seine Geschichte ein. Diese Liebe bekommt in Jesus Christus ein Gesicht und ein Herz.

Es gibt keine andere Religion, in der Gott dem Menschen näher kommt.

Gott wird einer von uns – ein Bruder. ER ist der "verschenkte" Gott.

Gott hat keine Berührungsängste – auch wenn der Mensch seinen Gotteskomplex hat und sich lächerlicherweise als Konkurrent Gottes sieht.

Und schließlich: Nur die verschwenderische Liebe Gottes erfüllt den Menschen.

"Und wir haben Seine Herrlichkeit gesehen." – resümiert der Evangelist Johannes im Prolog.

Diese Liebe Gottes geizt nicht. Sie ist Gnade – das heißt: sie lässt aufblühen, macht frei, glücklich und ganz. Nur durch sie wird der Lebensdurst des Menschen erfüllt. Wir sind eingeladen, Kinder Gottes zu werden. So gesehen ist Weihnachten das Fest, das unsere tiefste Wahrheit zeigt: Wir sind Kinder Gottes!

Die größte Sünde des Menschen besteht darin, dass er diese Würde vergisst.
Das hat auch Konsequenzen: Wer die Herrlichkeit der Liebe Gottes gesehen hat, der soll als Sohn oder Tochter Gottes leben. Man wird sie an ihrer Liebe erkennen.

Weihnachten ist das Fest des Schenkens – aber nicht durch unsere Geschenke, sondern weil wir Gottes verschenkende Liebe an diesem Fest feiern und dabei neu erfahren.

 

Letztes Update dieser Seite am  02.09.2002 um 10:53 

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