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Erfüllte Zeit
Sonntag 26. 12. 2000 -  7.05 Uhr - 8.00 Uhr

Radio Österreich 1

"Aufforderung zum furchtlosen Bekenntnis" 
(Matthäus 10, 17 – 22)
Das Evangelium zum Feiertag, gelesen von Dieter Dorner,
kommentiert von Propst Maximilian Fürnsinn

"Drei Religionen, drei Feste"

Es kommt nur selten vor, dass muslimische, jüdische und christliche Feste ganz nahe beisammen zu liegen kommen. Um den 25. Dezember ist es aber der Fall: Muslime feiern am 27.12. das "Zuckerfest", Juden zünden ab dem 22.12. jeden Tag eine Kerze mehr an ihrem Chanukkah-Leuchter, und Christen feiern Weihnachten.

Allesamt Familienfeste, besonders geliebt von den Kindern.

Martin Gross erzählt in seinem Bericht von Freude und Vorfreude in allen drei Religionen.

 

Prälat Mag. Maximilian Fürnsinn, 
Propst des Stiftes Herzogenburg, 
kommentiert das Evangelium zum Feiertag

DAS GESCHENK IST AUSGEPACKT
(Matthäus 10, 17- 22)

Spätestens am heutigen Tag sind alle Weihnachtsgeschenke ausgepackt.

Goldbänder und Glitzerpapier sind weg. Das Geschenk liegt offen da. Das kann erfreuen; das kann aber auch ernüchtern und herausfordern.

Der Stephanustag mit seiner Botschaft ist ein herausfordernder Tag. Gott hat sich in Liebe verschenkt. Die Frage an uns lautet nun: Wozu bist Du fähig und bereit? Wie ernst nimmst Du das, wenn Gott sich Dir schenkt? Was bist Du bereit zu geben? Was bewirkt Gottes verschenkte Liebe in Dir?

Der Stephanustag macht Weihnachten zum Ernstfall, zur Nagelprobe.

Das Festtagsevangelium kommt aus der Frohbotschaft des Matthäus
und zwar aus der Aussendungsrede Jesu. Jesus sendet seine Jünger aus. Er vertraut ihnen seine Botschaft an. Jesus sagt den Jüngern keine rosige Zukunft voraus. Jüngerschaft hat Konsequenzen.

Dieser Evangelientext spiegelt die frühchristliche Situation wider.

Aus dem Bekennerkreis um Jesus ist die Gemeinde des Auferstandenen geworden. Aus einer jüdisch geprägten Gruppe ist Kirche entstanden. Aus einer noch zur jüdischen Synagoge gehörenden Gemeinschaft ist eine missionarische Gemeinde geworden, die sich immer deutlicher vom Judentum absetzt und ihren eigenen – den christlichen – Weg geht, mit eigenen Gottesdiensten, mit eigener Botschaft, mit eigener Leitung usw. Das macht kantig, entschieden, selbstbewusst.

Aber das ruft auch Widerstand und Verfolgung hervor; das führt zu Ausgrenzung und Exkommunikation der Christen; das führt zu inneren Spannungen und Spaltungen; das macht Angst – aber befreit zugleich. Kirche wird zum Ernstfall.

Was sagt das Evangelium des Stephanustages uns Christen heute? Was fordert es von der Kirche heute?

Drei Akzente möchte ich herausheben:

Erstens: Wer Christ oder Christin sein will, muss Jünger oder Jüngerin werden!

Es geht um die bewusste Entscheidung für den Herrn. Gehorsam und Nachfolge werden eingefordert. Man muss mit dem Leben dahinter stehen und sich Seiner Führung anvertrauen. Christus soll durch uns erkennbar und berührbar werden. In so eine enge Beziehung führt uns Jüngerschaft hinein.

Sören Kierkegaard sagt: "Es gibt zwei Arten von Christen: Den der Nachfolge von Jesus, und den der billigen Ausgabe davon, den Bewunderer Jesu."

Das führt zu einer zweiten Konsequenz: Christsein hat mit Widerstand zu tun.

Christliche Existenz kann herausfordern.

Das Evangelium spricht diesbezüglich eine deutliche Sprache. Es warnt vor Anpassung, vor einer Liaison mit der politischen Macht; es warnt vor einer bloßen Ästhetisierung der christlichen Botschaft, die sie zu einem frommen Aufputz verkommen lässt. Es gehört zur Natur des Evangeliums, widerständig zu sein. Bequem ist diese Botschaft nicht.

Im Extremfall ruft das auch Verfolgung hervor. Diese kann bereits mit der Verächtlichmachung des Christentums beginnen – wenn etwa Christentum als Utopie abgetan wird; oder wenn die Großmacht der Medien christliche Prägung und Kultur überspielt und mit dem Grauschleier der Esoterik überzieht.
Deshalb ein kantiges Christentum – nicht in dem Sinne, dass alle Glaubenssätze möglichst genau eingehalten werden, sondern dass Christen in diesem Land durch ihr Leben überzeugen und in dieser Gesellschaft unverzichtbar sind. Das Matthäusevangelium nennt das an anderer Stelle Salz und Licht – Würze und Klarheit.

Damit hängt ein Drittes zusammen: Sind wir noch missionarisch?

Das Tagesevangelium entstammt der Aussendungsrede Jesu. Was bedeutet das für unsere Zeit?

Diese missionarische Strategie fehlt mir in der österreichischen Kirche. Wir sind eine Kirche, die ein wenig dahintümpelt. Aufbrüche sind selten geworden. Dabei ist unser Land bereits ein Missionsgebiet.
Mit Mission meine ich nicht, dass man mit der alten Evangelisierung wieder von vorne beginnt, sondern das Christentum ist neu zu entdecken als ein Christentum des Lebens, der Existenz und des Alltags. Wir sind mit einer Botschaft gesandt, die nicht dem Privatgebrauch dient, sondern die Strukturen der Welt und der Gesellschaft verändern und dort wirksam werden soll, wo sich Zukunft abspielt.

Das alles gehört auch zu Weihnachten. Wer die glitzernde Verpackung dieses Festes wegtut, der kommt zum Geschenk!

 

Letztes Update dieser Seite am  24.09.2002 um 11:32 

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