Bischof Maximilian Aichern

Diakoniedirektor Michael Chalupka

Erfüllte Zeit

Erfüllte Zeit


Erfüllte Zeit
Sonntag 4. 2. 2001 -  7.05 Uhr - 8.00 Uhr

Radio Österreich 1

"Die Berufung der ersten Jünger" (Lukas 5, 1 – 11)
Das Sonntagsevangelium kommentiert 
Rektor Wolfgang Schwarz

Treffpunkt Ökumene: "Ökumenisches Sozialwort –
Stimmen der Basis"

In der Sendung "Erfüllte Zeit" wird zum ersten Mal eine Zwischenbilanz des Ökumenischen Sozialwortes gezogen.

Das Sozialwort wird derzeit von vierzehn christlichen Kirchen gemeinsam vorbereitet. Sein Ziel ist es, dass Angehörige der verschiedensten christlichen Traditionen gemeinsam gesellschaftliche Verantwortung wahr nehmen. Nach dem Willen des römisch-katholischen Bischofs Maximilian Aichern – er ist für soziale Fragen zuständig – sollen hinter den Worten auch konkrete Taten stehen.

Der erste Arbeitsdurchgang ist jetzt abgeschlossen. Im Treffpunkt Ökumene berichten Michael Chalupka, Direktor der evangelischen Diakonie, und Markus Blüml von der Katholischen Sozialakademie Österreichs über ihre bisherigen Erfahrungen.

Auch Vertreter der Kirchen des Ostens, der anglikanischen Kirche und der Methodistenkirche kommen zu Wort. Stimmen von der Basis werden sich im Rahmen der Publikumsdiskussion zu Wort melden.

Gestaltung: Brigitte Krautgartner

 

Dr. Wolfgang Schwarz
Lukas 5, 1 - 11

Jesus hatte in Kafarnaum großen Erfolg gehabt. Er konnte dort in der Synagoge aus einem Besessenen einen Dämon vertreiben und danach die Schwiegermutter des Simon (Petrus) vom Fieber befreien. Voller Hoffnung brachten daher die Menschen viele ihrer Kranken und Leidenden zu Jesus und er heilte sie. Genauso trieb er viele Dämonen aus. Als sich Jesus zurückziehen wollte, liefen ihm die Menschen nach und wollten ihn bei sich behalten. Er aber gab ihnen zu verstehen, dass er auch in andere Städte gehen muss, denn auch dort hat er die Frohe Botschaft vom Reich Gottes zu verkünden, denn dazu sei er gesandt worden.

Die Evangelienstelle, die wir heute gehört haben, schließt an diese Erfolgsgeschichte Jesu an. Jesus steht irgendwo am Ufer des Sees Gennesaret und wiederum drängen die Menschen zu ihm, denn sie wollen das Wort Gottes hören. Wer orientalische Begeisterung kennt, weiß, dass man sich vor solchem Gedränge am besten in Sicherheit bringt. Jesus besteigt daher eines der Boote von Fischern, die vom Fischfang zurückgekehrt waren und lehrt das Volk vom Boot aus. Das Boot gehörte dem Simon, der später im Text auch Simon Petrus genannt wird.

Dass Jesus in das Boot des Simon gestiegen war, ist für dessen Leben nicht ohne Folgen geblieben. "Fahr hinaus auf den See!", sagt Jesus zu ihm. Er und seine Fischerkollegen sollen ihre Netze auswerfen. Simon, der in der Gegend des Nordufers des Sees aufgewachsen war und sein Fischerhandwerk verstand, wirft seine Netze aus. Seine Erfahrung als Fischer sagt ihm zwar, dass das nichts bringen wird, denn er und die anderen Fischer hatten die ganze Nacht hindurch vergeblich gefischt, aber weil ihn Jesus dazu ermuntert, tut er es. Das Unerwartete tritt ein: ihre Netze füllen sich mit Fischen, zum Bersten voll. Andere Fischerboote müssen zu Hilfe gerufen werden.

Was nun im Evangelientext weiter erzählt wird, ist eine Berufungsgeschichte: Im Unterschied zur Berufung der ersten Jesusjünger in den Evangelien des Markus und des Matthäus konzentriert sich der Verfasser des Lukasevangeliums besonders auf die Berufung des Simon Petrus. Simon Petrus erkennt sofort, dass er als erfahrener Fischer den Rat Jesu unterschätzt hatte (nochmals die Netze auszuwerfen). Er ist tief betroffen. 

"Ich bin ein Sünder", sagt er. Und da er meint, dass man sich von einem Sünder am besten fernhält, bittet er Jesus eindringlich, von ihm wegzugehen. Aber Jesus lässt sich von einem Sünder nicht wegschicken. Er bleibt und beruhigt den Simon Petrus mit den gleichen Worten, mit denen in der Bibel Gott oder von Gott gesandte Boten Menschen beruhigt haben, die voller Angst sind, weil sie Gott oder einer seiner Boten angesprochen hatte. 

Jesus sagt: "Fürchte dich nicht!". Dadurch bekommt die nun folgende Verheißung Jesu an Simon Petrus göttliche Autorität: " Von jetzt an wirst du Menschen fangen" und sie verliert so die Gefahr, als gewaltsamer Menschenfang missverstanden zu werden. So wie Gott für die Menschen ist, so wie es Jesus zu den Menschen hingezogen hat, so gehört Simon Petrus jetzt nicht mehr zu seinen Fischen, sondern zu den Menschen. Simon Petrus hat verstanden; noch einmal zieht er mit seinen Fischerkollegen die Boote an Land. Nicht nur er, sondern auch die anderen lassen alles liegen und stehen und folgen Jesus nach.

Diese Geschichte von der Berufung des Simon Petrus zum Jünger Jesu ist - wie sie der Evangelist Lukas erzählt - bewegend, aber gleichzeitig auch lehrreich. Sie zeichnet ein sehr realistisches Bild des Jesusjüngers. Er ist kein Heiliger. Er ist Jesus, Jesus nicht einfangen, sondern überzeugen. Der Jünger Jesu ist ein Sünder und er erkennt seine Sünde. Er ist nicht perfekt. Er schwebt nicht über der Welt, sondern er ist - wie ein Fischer - mit der harten Realität der Welt vertraut. Der Jünger steht auch nicht über seinen Mitmenschen; er ist einer von ihnen. Auch steht er nicht erhaben über den Menschen, genauso wie er sich nicht danach sehnt, erhaben zu sein. 

Jesus sucht gerade einen solchen Menschen in Simon Petrus. Als dieser zu ihm sagt, "Geh weg von mir, denn ich bin ein Sünder", bleibt Jesus. Und darüber hinaus signalisiert ihm Jesus: "Ich will dich! Einer wie du, ist bei mir gefragt". Der Jesusjünger kennt den Schmerz der Sünde. Der Jünger muss Erfahrung haben mit eigener Sünde und persönlicher Umkehr, sonst kann er den Menschen nicht helfen, die doch auch alle Sünder sind. Der Jünger tritt in den Dienst Jesu, der von sich gesagt hat: "Ich bin gekommen, um die Sünder zur Umkehr zu rufen, nicht die Gerechten."

Jesus zeigt in der Berufung des Simon Petrus auch pädagogisches Geschick: Er lehnt den einsichtigen Sünder nicht ab, sondern mutet ihm etwas zu und gibt ihm einen Auftrag, in dem er seine Erfahrungen mit Schuld einbringen kann. Er schließt den Sünder, der Reue zeigt, aus seinem Umfeld nicht aus, sondern er zieht ihn an sich. Er verurteilt ihn nicht und lässt ihn nicht fallen, sondern er lässt ihn spüren, dass er zu ihm steht. Er kanzelt ihn nicht ab, sondern er schafft eine angstfreie Atmosphäre. Die Sünde des Simon Petrus ist für Jesus nicht Anlass zur Aufkündigung der Freundschaft, sondern sie wird Anstoß für eine tiefe Freundschaft, auch wenn diese noch öfter enttäuscht werden wird.

Jesus hatte in Kafarnaum großen Erfolg, als er dort Besessene von Dämonen befreit und Kranke geheilt hat. Er hatte Erfolg, weil ihn die Menschen wegen seiner Frohen Botschaft vom Reich Gottes nicht mehr weggehen lassen wollten. Er hatte Erfolg, weil sich die Menschen um ihn drängten, um das Wort Gottes zu hören. 

Die Berufungsgeschichte des Simon Petrus reiht sich ein in Jesu Frohe Botschaft vom Reich Gottes und sie ist Gottes Wort. Wo sie so verstanden wird, hat Jesus weiterhin Erfolg; bis heute. 

 

Text von Martin Luther

Denn Lüge und Untreue zertrennet erstlich die Herzen; wenn die Herzen getrennet sind, so gehen die Hände auch auseinander; wenn die Hände auseinander sind, was kann man da tun oder schaffen ?

Einen Irrenden wieder auf den rechten Weg zu bringen, ist leicht; aber einen Lügner, der mit allem Fleiß wider die Wahrheit streitet, wer kann den wieder zurechtbringen?

Das sind die rechten beiden Farben, die der Teufel in seinem Reim führet, nämlich Lügen und Mord. Die müssen in der Welt den Namen, Ruhm und Preis der höchsten Heiligkeit und Gerechtigkeit haben.

Lüge und Verführung werden allein damit zerstöret, daß sie offenbar und erkannt werden. Sobald die Lüge erkannt wird, bedarf sie schon keines Schlages mehr, sie fällt und verschwindet von sich aus in alle Schande.

Will einer ein Prediger sein, so muß er sagen: Dies ist Wahrheit, jenes ist Lüge und wenn er fest darauf bestehet dann folgt bald darauf die Ehre von den Zuhörern, nämlich das Urteil der Gottesfürchtigen, daß solcher Prediger recht und christlich lehret und die Wahrheit für sich habe.

 

Letztes Update dieser Seite am  26.08.2002 um 12:21 

Pfeil zum Seitenanfang  Startseite "Erfüllte Zeit"   Pfeil zum Seitenanfang Seitenanfang  Pfeil zum Seitenanfang Startseite ORF Religion