Erfüllte Zeit
Sonntag 18. 02. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Von der Vergeltung und von der 
Liebe zu den Feinden" (Lukas 6, 27 – 38) 
Prof. Wilhelm Zauner kommentiert das Sonntagsevangelium

"Frater Georg" – Der Einsiedler von Bad Ischl

Frater Georg ist der einzige echte Einsiedler in Österreich. Seit Jahren betreut er die Wallfahrtskirche in Bad Ischl. 

Die Stille, bewusste Einsamkeit und der tägliche Umgang mit Tieren und Pflanzen sind sein Gebet. Trotzdem ist er kein Sonderling sondern plaudert gerne mit Menschen, die seine Kirche besuchen und hilft ab und zu in der Pfarre. In Bad Ischl ist er auch als ein Berater für die Seele bekannt.

Gestaltung: Georg Motylewicz

Augustinus
Vom Gebet

Das Gebet ist ein Rufen des Herzens, nicht etwa der Stimme oder der Lippen. Im Innern ertönt es, Gott hört es.

Glaube, Hoffnung, Liebe ist ein immerwährendes Beten der Sehnsucht. Zu gewissen Zeiten und Stunden aber beten wir auch mit Worten, auf daß unsere Sehnsucht um so kräftiger sei. Da sollen wir das Gemüt von andern Geschäften und Sorgen, die die Sehnsucht nach den himmlischen Gütern gewissermaßen erkühlten, zu dem einen Geschäft des Gebetes zurücklenken. Die Worte des Gebets sollen uns aufwecken, daß wir uns das Ziel unseres Strebens vor Augen halten. Sonst könnte gar erkalten, was schon lau zu werden angefangen, und könnte vollends erlöschen, was wir öfter hätten entfachen sollen. Es ist deshalb keineswegs tadelnswert oder nutzlos, wenn man auch viele Zeit auf das Gebet verwendet - sofern nicht andere pflichtmäßige Arbeit dabei zu kurz kommt, obwohl man auch bei dieser "allzeit beten" soll durch jenes Verlangen nach dem ewigen Leben, Denn es heißt nicht viele Worte machen, wenn man etwas länger betet. Etwas anderes ist, viele Worte machen, etwas anderes stete Andacht. Vom Herrn selbst steht geschrieben, daß er nachts im Gebet zubrachte und da mit besonderer Innigkeit betete.

Freilich, viele Worte machen, heißt das Notwendige überflüssig erörtern. Viel beten aber heißt mit anhaltend frommem Gemüte anklopfen bei ihm, zu dem wir uns wenden. Dies geschieht mehr mit Seufzen als mit Reden, mehr mit Tränen als mit Worten. "Der Vater weiß schon, wessen ihr bedürft" - er will dein Gebet nur, um auf dein Verlangen hin zu geben, was er gibt, auf daß es dir nicht gleichgültig sei. Das Verlangen ist ihm wohlgefällig. Je inniger die Sehnsucht, desto reicher die Erfüllung.

Von den Brüdern in Ägypten heißt es, daß sie zwar häufig beten, aber immer nur kurz, gleichsam mit raschen Pfeilen, damit der Bogen des Gemütes durch langes Anziehen nicht erschlaffe. Sie zeigen uns dadurch, daß man die Andacht des Herzens ebenso wenig ausleiern soll, wenn sie nicht länger vorhalten will, als man sie jählings abbrechen soll, wenn sie noch dauert. Fern sei vom Beten das Plappern! Aber es fehle nicht an häufigem Bitten, wenn die Glut der Andacht fortwirkt!

Die Sehnsucht betet stets, auch wenn die Zunge schweigt. Hast du immer Verlangen, so betest du immer. Wie viele rufen mit ihrer Stimme, sind aber stumm in ihrem Herzen! Aber auch wie viele schweigen mit ihren Lippen, rufen dagegen in heiliger Andacht, und Gott höret sie. Viel Liebe, nicht viele Worte, wenn du betest!

Aus: Otto Karrer (Hg.) "Der mystische Strom", Verlag Otto Müller

 

Letztes Update dieser Seite am  27.09.2002 um 10:15 

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