Erfüllte Zeit
Sonntag 25. 02. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Vom Richten und der wahren Frömmigkeit" 
(Lukas 6, 39 – 45)
Prof. Wilhelm Zauner kommentiert das Sonntagsevangelium

"Bausteine für die Zukunft" –
Erfahrungen von Entwicklungshelfern

"Seit ich vom Entwicklungseinsatz zurück bin, gehe ich viel langsamer – ich habe mein Tempo gedrosselt, dafür nehme ich das, was um mich geschieht, bewusster wahr". "Ich habe gesehen, wie fröhlich Menschen sein können, auch wenn es ihnen materiell schlecht geht. Das ist ganz anders als in Österreich: hier geht es den Leuten gut, aber sie gehen so missmutig durch’s Leben". So beschreiben zwei Entwicklungshelfer die Lernprozesse, die sie während ihres Aufenthaltes in Übersee durchgemacht haben.

Viele Monate lang in einer ganz anderen Kultur tätig zu sein, das relativiert manches. Man nimmt zum Beispiel die Verhältnisse in der eigenen Heimat anders wahr – aus der Ferne sieht man vieles besser. Man lernt aber auch andere Wertvorstellungen kennen, andere Möglichkeiten der Lebensgestaltung.

Wie sich diese Erfahrungen auf die Entwicklungshelfer auswirken, dieser Frage ist Brigitte Krautgartner nachgegangen.

 

Simone Weil
Das Christentum muß alle Berufungen ohne Ausnahme in sich befassen,
da es katholisch ist. Also die Kirche ebenfalls. Aber in meinen Augen ist das Christentum katholisch de jure und nicht de facto. So vieles liegt außerhalb seiner, so vieles, das ich liebe und nicht aufgeben will, so viele Dinge, die Gott liebt; denn sonst hätten sie kein Dasein. Die ganze unermeßliche Erstreckung der vergangenen Jahrhunderte, mit Ausnahme der letzten zwanzig: alle von farbigen Rassen bewohnten Länder; das ganze weltliche Leben in den Ländern weißer Rasse; in der Geschichte dieser Länder alle der Ketzerei beschuldigten Überlieferungen, wie die Überlieferung der Manichäer und Albigenser; alles, was von der Renaissance seinen Ausgang genommen hat, was zwar all zu oft entwürdigt, aber doch nicht völlig wertlos ist.

Da das Christentum de jure und nicht de facto katholisch ist, so erachte ich meinesteils mich für berechtigt, der Kirche als ein Mitglied de jure und nicht de facto anzugehören, nicht nur auf eine Weile, sondern unter Umständen mein ganzes Leben.

Ich bin der Ansicht, daß es unsere Pflicht ist - und zwar eine so streng verbindliche Pflicht, daß man fast nicht ohne Verrat gegen sie verstoßen kann -, der Öffentlichkeit die Möglichkeit eines wahrhaft inkarnierten Christentums vorzuleben. Niemals noch hat es in der ganzen gegenwärtig bekannten Geschichte eine Zeit gegeben, in der die Seelen über den ganzen Erdball hin in einer ähnlichen Gefahr wie heute standen.

Aber alles ist derart mit allem verknüpft, daß das Christentum nur dann wahrhaft inkarniert sein kann, wenn es katholisch ist, in dem eben von mir definierten Sinne. Wie könnte es einen Kreislauf durch das ganze Fleisch der europäischen Nationen vollbringen, wenn es in sich selber nicht alles, unbedingt alles enthält? Selbstverständlich mit Ausnahme der Lüge. Aber in allem, was ist, ist meist mehr Wahrheit als Lüge.

Da ich diese Dringlichkeit so tief und schmerzlich empfinde, würde ich die Wahrheit verraten, das heißt: den Aspekt der Wahrheit, der meiner Wahrnehmung zugänglich ist, wenn ich die Stelle verließe, an der ich mich seit meiner Geburt befinde, an jenem Schnittpunkt des Christentums mit allem, was es nicht ist. Immer bin ich an genau dieser Stelle geblieben, auf der Schwelle der Kirche, ohne mich zu rühren, unbeweglich, in Erwartung, nur das nunmehr mein Herz, wie ich hoffe für immer, in das Allerheiligste versetzt worden ist, das auf dem Altar ausgesetzt ist.

Aus: Greshake/Weismayer "Quellen geistlichen Lebens. Die Gegenwart", Matthias-Grünewald-Verlag

 

Letztes Update dieser Seite am  02.08.2002 um 16:22 

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