Erfüllte Zeit
Sonntag 8. 4. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Der Einzug in Jerusalem" (Lukas 19, 28 – 40)
Das Sonntagsevangelium kommentiert 
Bischof Alois Kothgasser

"Die Passion der Christen im Heiligen Land"

Rund zwei Prozent Christen leben heute noch im Heiligen Land - Tendenz fallend. Ihre Situation ist sehr unterschiedlich, besonders schwer haben es diejenigen, die in den palästinensischen Autonomiegebieten leben. Mariam Mino, eine junge Katholikin, die in Bethlehem studiert, beschreibt ihre Situation: "Bombenangriffe, Schüsse und Ausgangssperre - so hat unser Alltag ausgesehen. Die Ausgangssperre dauert ja immer noch an. Diejenigen, die in Jerusalem und im israelischen Sektor ihre Arbeit hatten, haben deshalb ihren Posten verloren. Die Arbeitslosenrate wird auf ungefähr 50 Prozent geschätzt. Die Einkommenseinbußen führen dazu, dass viele die Ausbildung für ihre Kinder nicht mehr finanzieren können - Schule und Universität sind nicht gratis. Manche können sich nicht einmal mehr die nötigen Lebensmittel leisten. Natürlich gibt es humanitäre Organisationen, die helfen - aber das genügt nicht. Und ich glaube, dass die Lage noch schlimmer wird - ich bin nicht sehr optimistisch."

Besonders die Kinder sind traumatisiert - als Ergebnis der Gewalttaten, die sie mit ansehen mussten. Nicht zuletzt, um der nachkommenden Generation eine angstfreie Zukunft und adäquate Karrieremöglichkeiten zu schaffen, verlassen viele christliche Palästinenser ihre Heimat.

Wie diejenigen leben, die bleiben, welche Hilfsmaßnahmen es für sie gibt - und warum die weltweite Solidarität für diese Christen so notwendig ist, davon handelt die Sendung.

Gestaltung: Brigitte Krautgartner

 

Jesus stirbt am Kreuz
Wir sterben und hören den Nachhall der Stimme Christi, der uns Worte unendlichen Trostes zuflüstert: Fürchtet euch nicht. Ich bin der Lebendige. Ich habe die
Schlüssel der Unterwelt und des Todes. Kommt ins Reich des Lebens!

Am Baum des Bösen, aus dem die Sünder das Kreuz machten, wollte Jesus gekreuzigt werden und sterben. Er wollte den Kelch bis zur bitteren Neige trinken. Nicht aus dem Verlangen nach Qualen, sondern aus Solidarität und Liebe. Er wollte an sich selbst erfahren, was der Tod als Folge der Sünde hervorbringt: völlige Einsamkeit, die finstere und grauenvolle Nacht des Geistes, die Zerrissenheit des Herzens, den bis zum Äußersten gehenden Argwohn und die erschreckende Versuchung der Verzweiflung.

Jesus hängt zwischen Himmel und Erde und fühlt sich verstoßen von der Erde und vom Himmel. Er ist ganz allein. Niemand sorgt sich um ihn. Er aber macht sich Sorgen um seinen Lieblingsjünger und seine Mutter. "Frau siehe, dein Sohn!" "Sohn siehe, deine Mutter!"

Jesus lässt das Leben und den Tod in ihm selbst ihren letzten Zweikampf austragen. Der Tod benutzt dabei seine furchtbarsten Waffen. Zuerst der Schrecken der physischen Not: der brennende Durst. "Mich dürstet!" Das Leben siegt. In Gemeinschaft mit den Durstigen aller Zeiten lehnt Jesus es ab, aus der Hand derer zu trinken, die ihnen das Wasser und den Trost verweigern.

Danach greift der Tod mit der Waffe der Verzweiflung an. Sie lässt Jesus einen lauten Schrei ausstoßen: "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?" Das bedeutet: War meine Vertrautheit mit dir, Vater, nichts wert? War meine völlige Hingabe an dein Reich vergeblich, Vater? Hat die Liebe, mit der ich das Leiden und das Kreuz auf mich nahm, keinen Sinn, Vater? Und wieder siegt das Leben.

Das letzte Wort Jesu ist kein Schrei der Verzweiflung, sondern der gelassenen Hinnahme und der vertrauensvollen Hingabe: "Vater, in deine Hände lege ich meinen Geist!"

Der Tod ist für alle ein Trauma und ein Drama. Er macht das Grundlegende unseres Lebens zunichte: den Wunsch nach Unsterblichkeit für den Augenblick und nach einem Glück ohne Ende für die Gegenwart. Je näher der Tod kommt, um so mehr verbreitet er Angst, Bedrohung, das Gefühl des Absurden und Irreparablen, der Verzweiflung. Das ist das Wirken der Sünde in uns, die verhindert, dass wir den Tod wie einen Bruder sehen, der uns in das Haus des ewigen Lebens einlässt.

Seit Christus allein gestorben ist, braucht niemand mehr einsam und verlassen zu sterben. Er stieg hinab in die Hölle unserer eigenen Situation. Er hat die Tür des Todes geöffnet und sie zu einem Durchgang auf dem Weg zum Vater gemacht. Wir sterben und hören den Nachhall seiner Stimme, die uns Worte unendlichen Trostes zuspricht: "Fürchtet euch nicht. Ich bin der Erste und der Letzte, und der Lebendige. Ich habe den Tod kennengelernt. Aber jetzt lebe ich in alle Ewigkeit. Ich habe die Schlüssel der Unterwelt und des Todes. Kommt ins Reich des Lebens!"

 

Letztes Update dieser Seite am  28.02.2003 um 10:56 

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