Erfüllte Zeit

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Erfüllte Zeit
Sonntag 15. 4. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Die Entdeckung des leeren Grabes" 
(Johannes 20, 1 – 9)

Das Sonntagsevangelium kommentiert 
Bischof Alois Kothgasser

"Christos Anesti – Christus ist auferstanden" –
Heuer feiern Katholiken und Orthodoxe 
am selben Tag Ostern
Nicht nur in den unterschiedlichen Liturgien oder in theologischen Differenzen wird die immer noch bestehende Spaltung der christlichen Kirchen offenbar, - auch der unterschiedliche Festkalender ist ein Ausdruck dessen. Die meisten orthodoxen Kirchen planen ihre Feste nach dem julianischen Kalender, was dazu führen kann, dass sie Ostern bis zu fünf Wochen später feiern als der Rest der Christenheit. Es kommt aber auch vor, dass die beiden Festkalender zu Ostern übereinstimmen, ein seltener Gleichklang, wenn der orthodoxe Osterruf "Christos Anesti" am selben Tag mit "Er ist wahrhaft auferstanden" beantwortet wird.

Gestaltung: Martin Gross

 

Jesus ist zum vollen Leben auferstanden
Die Auferstehung Jesu ist der Triumph derer, die entgegen jeder
Hoffnung hoffen, derer, die glauben, ohne zu sehen, und derer, die das Unsichtbare lieben.

Die Nacht hat zum Vorschein gebracht, was sie bis dahin in ihrem Schoß bewahrte: das Licht. Der faulig gewordene Stamm barg einen Keim, der jetzt als mächtiger Baum hervorbricht. Der Tod brachte uns das triumphierende Erscheinen eines Lebens, das gewachsen war in der Erfahrung der Ablehnung und der Kreuzigung und sich bewahrt und geläutert hatte.

Die Utopie eines Reiches des Lebens, der Freiheit, der Brüderlichkeit und der vollkommenen Gotteskindschaft erweist sich jetzt als die einzig wirkliche Wahrheit. Die Auferstehung Jesu ist der Triumph derer, die entgegen jeder Hoffnung hoffen, derer, die glauben, ohne zu sehen, und derer, die das Unsichtbare lieben. Darum ist die Auferstehung die Konkretisierung des Gottesreiches unter den Menschen. Sie ist viel mehr als die Rückkehr eines Toten ins Leben; sie bedeutet die Erfüllung und Vollendung des menschlichen Lebens in Gott.

Der Auferstandene war kein Sieger, der auf seine großen Triumphe zurückblickt, sondern ein Geschlagener; kein Mächtiger, der nun seine Macht gesichert sieht, sondern ein Besiegter, der um Gottes Willen und aus Liebe zu den Menschen, besonders zu den Ärmsten, gekreuzigt wurde. Aber Gott hat sich auf die Seite des Opfers gestellt. Der Tote ist der Lebendige, der Geschlagene ist der Triumphierende.

Gott hat durch die Auferstehung gezeigt, dass er das Alte neu machen, die Niederlage in den Sieg und den Tod ins Leben verwandeln kann. Daher verkünden wir die Einheit des österlichen Geheimnisses von Tod und Auferstehung Jesu als göttliches und menschliches Drama, in dem das Leiden, die Krise und der Tod eine Rolle spielen, die uns die Überraschung des neuen und siegreichen Lebens übermitteln.

Die Auferstehung erhellt den Sinn unseres Leidens. Sie ist die Antwort auf das Warum? unserer Opfer und unseres Verzichts. Sie deutet die Dunkelheit des Todes. Im Genuss von so viel Leben und in der Freude über so viel Licht können wir sagen: Das Opfer lohnt sich, der Tod ist nicht mehr fürchterlich. Gepriesen seien sie! Von jetzt an können wir froh und hoffnungsvoll leben, weil wir wissen: Wir sterben, um aufzuerstehen! Die Auferstehung geschieht jetzt; sie ist ein laufender Prozess. Ein Herz hat sich einem anderen Herzen in Liebe und Vergebung geöffnet? Hier ist die Auferstehung geschehen! Die Menschen haben untereinander gerechtere und brüderlichere Beziehungen hergestellt? Hier verwirklicht sich die Auferstehung!

Es hat eine Verbesserung der Lebensumstände, besonders für die Unterdrückten und Abgeschriebenen, gegeben? Hier zeigt sich die Auferstehung! Jemand ist gestorben, der in seinem Leben gütig war oder sich für seine Brüder aufgeopfert hat? Hier ist die Auferstehung hell und klar hervorgetreten!

Das letzte Wort, das Gott sprach, um unser Schicksal zu besiegeln war nicht Tod, sondern Leben. Wir brauchen nicht mehr traurig zu sein. Säen wir Samenkörner der Auferstehung auf dem dunklen Boden unserer Ängste. Freuen wir uns!

Christus ist auferstanden, damit wir mit ihm auferstehen! Amen. Halleluja!

(Aus: Leonardo Boff "Kreuzweg der Auferstehung", Patmos-Verlag)

 

Letztes Update dieser Seite am  21.10.2002 um 10:00 

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