Prof. Johannes Huber


Erfüllte Zeit
Sonntag 22. 4. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Die Beauftragung der Jünger" 
(Johannes 20, 19 – 31)
Das Sonntagsevangelium kommentiert 
Bischof Alois Kothgasser

"Was glauben Sie?" – Prof. Johannes Huber
Der Gynäkologe und renommierte Wissenschaftler Johannes Huber wurde am 31. Mai 1946 in Bruck/Leitha geboren. An der Universität Wien studierte er Medizin und katholische Theologie. Seit dem Jahr 1979 arbeitet er an der 1. Universitätsfrauenklinik am Wiener Allgemeinen Krankenhaus. Es folgten Arbeitsaufenthalte in den USA: 1987 war er Visiting Professor an der George Washington University, der John Hopkins-University und an der Georgetown-University. Seit 1992 leitet er die Abteilung für Gynäkologische Endokrinologie und Sterilitätsbehandlung. Er sitzt im Vorstand mehrerer Gesellschaften.

Huber ist weiters Mitglied des obersten Sanitätsrates Österreichs. Er hat mehr als 400 wissenschaftliche Arbeiten verfasst und eine Reihe von Lehrbüchern auf dem Gebiet der gynäkologischen Endokrinologie publiziert. Außerdem ist er Mitglied des Parlamentarischen Ausschusses zur Vorbereitung des Reproduktionshilfegesetzes. Bekannt ist Johannes Huber auch durch seine zahlreichen öffentlichen Stellungnahmen und Artikel zum Thema Ethik in der Medizin, sowie Chancen und Grenzen der Biotechnologien.

Johannes Kaup hat Johannes Huber nach seinen Werthaltungen in Bezug zu seiner Arbeit und nach seinem Glauben gefragt.

Das komplette Interview

Ignatius von Antiochien
Jetzt ist die Endzeit angebrochen. Folglich müssen wir uns schämen und vor der Langmut Gottes bangen, dass sie uns nicht zum Gericht wird. Entweder müssen wir den kommenden Zorn fürchten oder die gegenwärtige Gnade lieben. Eines von beiden gilt, damit wir in Jesus Christus erfunden werden zum wahren Leben. Außerhalb dieses Einen soll euch nichts bewegen. In ihm trage ich Fesseln - es sind gleichsam geistliche Perlen -, in denen mir die Auferstehung durch euer Gebet geschenkt werden möge. Ich möchte eures Gebetes stets teilhaftig sein, damit ich zugleich mit der Christengemeinde von Ephesus das Erbe empfange. Sie stimmten ja auch immer überein mit den Aposteln in der Kraft Jesu Christi.

Ich weiß, wer ich bin und wem ich schreibe. Ich bin ein Verurteilter, ihr habt Erbarmen gefunden. Ich bin in Gefahr, ihr seid gefestigt. Ihr seid ein ruhender Punkt für diejenigen, die ihren Weg zu Gott emporgehen werden, ihr seid eingeweiht in die Mysterien zugleich mit Paulus, dem geheiligten Manne, der zum Märtyrer ward und in höchster Seligkeit ist, der in einem ganzen Brief euer gedenkt. In seinen Spuren möchte ich erfunden werden, wenn ich zu Gott gelange.

Tragt also Sorge, recht oft zur Feier der Eucharistie Gottes zusammenzukommen und versammelt euch zu seinem Lobe. Denn wenn ihr euch häufig versammelt, wird die Macht des Satans vernichtet, und sein verderblicher Einfluss bricht sich an eurer Glaubenseintracht. Nichts ist besser als Friede, an dem jeder Angriff böser Geister und irdischer Mächte scheitert.

Von all dem bleibt euch nichts verborgen, wenn ihr in vollkommener Weise Glauben und Liebe, die Anfang und Ende des Lebens sind, auf Jesus Christus hin ausrichtet. Anfang ist der Glaube, Ende die Liebe, beide vereint, das ist Gott. Alles, was sonst noch zur Frömmigkeit und Tugend gehört, folgt daraus. Niemand, der furchtlos seinen Glauben bekennt, sündigt. Wer in der Liebe lebt, hasst nicht. Den Baum erkennt man an seiner Frucht. So werden auch die, die sich zu Christus bekennen, an ihren Werken klar erkannt. Denn hierin kommt es nicht auf das gesprochene Bekenntnis an, sondern darauf, ob einer in der wirkenden Kraft seines Glaubens bis ans Ende erfunden wird.

Gedenkt meiner, wie auch Jesus Christus eurer gedenkt. Betet für die Kirche von Syrien. Man führt mich als den Geringsten der dortigen Gläubigen in Fesseln nach Rom, weil ich gewürdigt wurde zur Ehre Gottes erfunden zu werden. Lebt wohl in Gott Vater und in Jesus Christus, unserer gemeinsamen Hoffnung.

Aus: Wilhelm Geerling/Gisbert Greshake (Hg.) "Quellen geistlichen Lebens, Band 1: Die Zeit der Väter", TOPOS Taschenbücher

 

Interview mit Prof. Johannes Huber
Herr Professor Huber als Theologe wissen sie, theoretisch könnte jeder als Papst gewählt werden, wenn ich mir die Entwicklung der katholischen Kirche ansehe, dann juckt es mich schon manchmal und ich denke mir Papst werden, das ist nicht so schlecht. Vielleicht können sie mir da aus eigener Erfahrung Ratschläge geben. Wie sind sie denn Papst geworden? Genauer hin werden sie ja als Hormon-Papst bezeichnet.

Das ist schwer zu beantworten. Möglicherweise deswegen weil ich doch eine gewisse Assoziation zur katholischen Kirche habe, die ich als meine katholische Heimat betrachte.
Und weil ich mich dann auf dem Gebiet der Endokrinologie und der Hormonbehandlung spezialisiert habe und doch glaube, dass wir mit unserer Arbeit manchen Frauen das Leben verbessern, erleichtern können und sie von manchen Krankheiten heilen können.

Ich bin zwar verheiratet und hab eine Tochter, gynäkologisch bin ich allerdings ein Totallaie, was ist denn gynäkologische Endokrinologie?

Das ist die Lehre von den Hormonen, die für die Frau spezifisch sind, die aus den Eierstöcken stammen und die nicht nur der Fortpflanzung dienen sondern der Fitness der Frau, der Schönheit, ihrer Gesundheit, dem Cholesterinspiegel, der Psyche etc., etc. Also ein sehr umfassendes Fach, das eigentlich die ganze Frauenmedizin zum Inhalt hat.

Kommen wir zum ersten heißen Eisen. Die katholische Kirche verwirft alle Formen der sogenannten künstlichen Empfängnisverhütung, also Pille, Spirale, Hormonspritze etc. Das Argument: ab dem Zeitpunkt der Zeugung, also Verschmelzung von Ei- mit Samenzelle ist menschliches Leben gegeben. Das ist autonom und von Gott geschenkt, also der Mensch dürfe nichts tun, was die Entfaltung des Lebens verhindert oder zerstört. Wer es dennoch tut handelt schwer sündhaft. Und diese Argumentation ist ja relativ logisch. Wie denken sie darüber?

Ah, die Empfängnisverhütung greift in die Menschwerdung in keiner Weise ein, sie unterdrückt ja nur den Eisprung und damit ist diese Argumentation von Seiten des Vatikan nicht richtig. Ich sehe das nicht nur pragmatisch, sondern auch theologisch. Nicht nur der Vatikan ist die Kirche, auch wir sind Kirche, auch ich bin Kirche und habe daher auch das Recht meine Meinung zu sagen. Und letzen Endes muss man auch die Meinung des Volkes Gottes berücksichtigen. Das war ja in der Vergangenheit schon oft so, dass das Volk Gottes eine andere Meinung hatte, als die Führung.

Aber die Demokratie allein macht es ja nicht. Es muss ja auch Argumente geben, Sachargumente, die dafür sprechen.

Die Sachargumente sind eindeutig. Die Empfängnisverhütung greift in keiner Weise in die Menschwerdung ein, denn man verhindert ja nur, dass die Eizelle freigesetzt wird. Also hier ist ein Argument auf Seiten der Wissenschaft. Auf der anderen Seite könnte man fragen, wenn jetzt die Tür aufginge und Paulus würde reinkommen, würde er sich tatsächlich so intensiv mit diesen Fragen auseinandersetzen, die heute die Amtskirche beschäftigen oder hätte er nicht andere Fragen zu vermelden.

Sie sind Arzt und Theologe, auf diesem Hintergrund verwundert folgendes, sie haben sich im scharfen Gegensatz zu christlichen Lebensschutzorganisationen und auch dem Widerstand der Kirche für die Zulassung der Abtreibungspille Mifegyne ausgesprochen, die erleichtert die Abtreibung auch auf einem chemischen Weg. Warum sind sie dafür?

Ich bin nicht für die Abtreibung und ich glaube, dass das der schlechteste Weg der Empfängnisverhütung ist. Allerdings als Pragmatiker und vor allem als Gynäkologe und als Arzt sehe ich, dass es manchmal Situationen gibt, die man sich in der Kirche gar nicht vorstellen kann, und die der Grüne Tisch und auch die Kanzel nicht kennen. Und man hat im Leben leider manchmal das kleinere Übel zu wählen , das minus malum, das ja auch in der heiligen Schrift so bezeichnet wird, und für manche Frauen ist das eben bei aller Schwierigkeit der Entscheidung das kleinere Übel und ich würde vorschlagen, dass man die Beurteilung dem lieben Gott überlassen soll, und nicht voreilig über Menschen den Stab zerbrechen soll.

Ich möchte sie jetzt was praktisches, persönliches fragen. Sie haben eine Tochter, die Medizin studiert. Stellen sie sich vor die kommt eines Tages zu ihnen und sagt, "Papa, ich hab jetzt eine sexuelle Beziehung mit einem Freund, ich bin schwanger, aber ich spüre, wir passen nicht zusammen. Außerdem dauert mein Studium noch drei Jahre. Was soll ich tun?" Was sagen sie da?

Es ist der Schutz des Lebens ein ganz hohes Gut und natürlich ist es besser, wenn Kinder in eine funktionierende Familie hineingeboren werden. Aber auch da gibt es Ausnahmesituationen, dass eben Kinder nicht in eine Familie hineingeboren werden, und das ist meiner Meinung nach kein Grund für einen Schwangerschaftsabbruch.

Ist für sie Abtreibung Mord, wie die Diktion mancher christlicher Lebensschutzbewegungen lautet?

Die Entstehung des Lebens ist meiner Meinung nach fließend. Natürlich ist bei der Befruchtung schon das genetische Material für das Leben vorhanden. Allerdings der Schutz des Lebens ist anders bei einem Embryo, der drei Tage alt ist als bei einem Embryo, der zwölf Wochen alt ist, und wieder anders bei einem Embryo, der dreißig Wochen alt ist. Also Leben entsteht und das hat ja auch die Frühkirche so gesehen und hier haben die Kirchenväter sehr klar Unterscheidungen gemacht, also die überzogene Haltung der Amtskirche, hier das Wort Mord so voreilig in den Mund zu nehmen, halte ich für schlecht und auch nicht kongruent mit der Tradition der katholischen Kirche.

Anders gefragt, ist für sie die Fristenlösung aus den siebziger Jahren ein großer Fortschritt in Richtung Humanisierung?

Es wäre besser gewesen, wenn sich die Fristenlösung und der damalige Bundeskanzler Kreisky mehr mit Naturwissenschaftlern beraten hätten, denn es gibt sehr wohl Momente in der Embryogenese, wo das Nervensystem noch nicht vorhanden ist, wo auch das Gehirn bei weitem noch nicht so arbeitet, wie zum Beispiel in der zwölften Woche.

Zum Beispiel wann wäre das?

In der siebenten Woche, wo auch schon drei Wochen lang bekannt ist, dass man schwanger ist und es wäre sicher humaner gewesen den Schwangerschaftsabbruch nach vor zu legen zu einem Zeitpunkt wo der Embryo noch nichts fühlt und noch keine Nervenreaktionen in dem Ausmaß zeigt wie in der zwölften Woche.

Die Kirche sagt trotzdem strikt und kompromisslos dazu njet. Stimmt die Argumentation der Kirche in dem Fall?

Es ist ein Zielgebot und Zielgebote muss es geben und soll es geben. Das darf uns aber nicht davon abhalten im einzelnen individuellen Fall pastoral zu entscheiden, und die letzte Entscheidung wie gesagt, der Barmherzigkeit Gottes zu überlassen.

Sie waren in ihrer Schulzeit im Knabenseminar Hollabrunn, dort haben sie ihre Liebe zur Theologie und zur Biologie entdeckt. Was hat sie damals so fasziniert?

Ich bin ein Kind armer Eltern und hätte das Studium wahrscheinlich nicht machen können, wenn ich nicht diese Möglichkeit gehabt hätte, und so bin ich dann letzten Endes in Hollabrunn gelandet und habe auch angeregt, das muss ich offen sagen, durch die Lehre und durch den Religionsunterricht von dem damaligen Doktor Hans Groer mich sehr für den Weitblick und für die wollhistorische Komponente der Theologie zu interessieren begonnen. Ein Fach das von der Philosophie über die Geschichte bis hin letzten Endes zur Rechtsprechung reicht. Also ein sehr umfassendes Fach, wie es auch im Mittelalter gesehen wurde, und mich hat das sehr fasziniert und deshalb hab ich es auch parallel zur Medizin studiert. Die Theologie fürs Herz und die Medizin fürs Leben. Aber in der Zwischenzeit ist beides eigentlich fürs Herz geworden.

Wenn man als Außenstehender das betrachtet würde man sagen, also die beiden Fächer Medizin und Theologie sind doch so entfernt wie Mars und Venus. Ist das für sie anders?

Das scheint nur so, denn erstens einmal braucht man als praktisch tätiger Arzt eine große Mischung von pastoraler Eigenschaft, weil die Sorge um die Menschen eben pastorale Betätigung im weitesten Sinn des Wortes ist. Also hier glaube ich hat mich die Theologie schon befruchtet und auf der anderen Seite sind ja die großen Fragen, was ist der Mensch vorher, woher kommt er, was ist die Materie, was sind unsere Kohlenwasserstoffmoleküle. Das sind einerseits naturwissenschaftliche Fragen, andererseits theologische. Und nicht umsonst hat Kardinal König diese Kooperation zwischen Theologie und Religionswissenschaft auf der einen Seite und Naturwissenschaft auf der anderen Seite sehr gefördert. Also ich sehe da keinen Widerspruch.

Stichwort Kardinal König, sie waren bis 1983 sein persönlicher Sekretär. Wenn sie die Entwicklung der katholischen Kirche in den letzten 15 Jahren zusammenfassend beschreiben würden, was wäre da ihr Resümee?

Herr König war zweifellos ein Grand Seigneur unter den Bischöfen und auch unter den Kardinälen aus vielerlei Gründen. Und die Führung, bei aller Liebe zur Führung, geht doch wieder in die Provinzialität zurück.

Was meinen sie konkret damit?

Na ja, die wirklichen Themen, die den Menschen unter den Nägeln brennen, die werden meiner Meinung nach zuwenig berücksichtigt.

Zum Beispiel?

Zum Beispiel das furchtbare Mobbing, die Egozentrik, der Hedonismus in allen konkreten Details, es hat keinen Sinn, wenn man nur biblische Formulare verwendet und Terminologien aus dem vergangenen Jahrhundert. Sondern man muss also die Botschaft des Christentums aktualisieren und so verkünden, dass die Menschen sehen, hier habe ich Antwort auf die Fragen des Jahres 2001. Und hier hätte das Evangelium sehr wohl Antworten bereit, aber das rüber zu bringen, dass gelingt meiner Meinung nach der jetzigen Kirchenführung nicht, das ist aber König gelungen.

Woran liegt das ihrer Meinung nach?

Sie haben zuwenig Kontakt zum Volk, es ist eine gewisse Fremdheit mit den Bedürfnissen der Menschen. Es ist eine geschlossene Welt, die nicht die Realität wiederspiegelt. Eine andere Erklärung hab ich nicht.

Die Medizin befindet sich derzeit in einem revolutionären Prozess durch Biotechnologien. Worin sehen sie denn da die größten ethischen Probleme, die auf uns zukommen.

Momentan darin, dass die Menschen ihre Lebenszeit sicher um 18 Jahre prolongieren, durchschnittlich, und durch die länger lebenden Menschen, natürlich eine Fülle von ökonomischen, soziologischen und psychologischen Problemen, auch in Zusammenleben der Menschen entstehen und dafür sind wir nicht vorbereitet.

Was hätte das für Folgen, würde das für alle möglich sein?

Ja das hätte die Folgen, dass zum Beispiel ein immer kleinerer Anteil junger Menschen für eine immer größere Portion älterer Menschen sorgen muss, also das vierte Gebot kommt hier zweifellos in einen challenge hinein. Es ist sicher auch die Frage, ob das sechste Gebot so hält, denn wenn man plötzlich 60, 65, 70 Jahre mit ein und dem selben Partner zusammenleben soll, wie lange das gut geht, wie oft das gut geht, ob das nicht zu einer dauernden Regulierung aller jener Rezeptoren, die Sympathie bedingen, kommt. Es kommt sicher zu einer Relativierung des siebenten Gebotes, denn das alles zu bezahlen wird in der jetzigen Wirtschaftsordnung nicht möglich sein. Es muss umverteilt werden. Es wird an Besitzverhältnissen wahrscheinlich gekratzt werden. Also ich glaube schon, dass das länger leben der Menschen momentan die größte Herausforderung ist, und nicht ob jetzt jemand geklont wird oder nicht.

Trotzdem, das Klonen von Menschen, das jetzt im letzten Jahr schon als Möglichkeit verkündet wurde, ist schon eine große ethische Herausforderung. Sie sind ja Mitglied der Bioethikkommission, wie sehen sie das als gläubiger Arzt im Zusammenhang mit der Fortpflanzungsmedizin?

Das Klonen der Menschen ist widernatürlich, es ist unnatürlich und dadurch ist es unethisch und ist es abzulehnen. Allerdings ist es bei weitem nicht so eine große Gefahr für unseren Globus, wie die globale Erwärmung.

Wieso, es gibt auch sehr viel mögliche Missbrauchsvarianten, die hier auf eine Dehumanisierung des Menschen hinauslaufen könnten.

Ob das missbraucht wird oder nicht, hängt letzten Endes von der Gesellschaft ab. Das können alle mitbestimmen und das ist nach wie vor der beste Garant dafür, dass es zu keinem eklatanten Missbrauch kommt, weil die Demokratie darüber wachen kann. Das ist überwachbar. Was anderes ist beim Wärmerwerden des Kosmos bzw. unseres Planeten. Da kommt es zu Mutationen, da kommt es zu biologischen Veränderungen, die wir noch gar nicht absehen, und da kann keine Demokratie mitbestimmen, denn das ist uns vorgegeben. Also ich persönlich halte es existentiell, existentiell unterstrichen, für eine größere Gefahr, dass sich die durchschnittliche Temperatur auf unserem Planeten erhöht, als die Möglichkeit des von mir abgelehnten Klonens.

Ich hab gelesen, dass sie in Zukunft einmal Bauer in Burgenland werden wollen um dort Pflanzen zu züchten, die Hormone produzieren. War das Koketterie oder meinten sie das ernst?

Es ist das erste Hormonpräparat aus Pflanzen heute zufällig vorgestellt worden bei einer Pressekonferenz, nämlich aus Rotklee, ein Präparat, das möglicherweise manche Hormonpräparate unnotwendig macht. Also der Hang zur Natur prägt schon mein Inneres und ich glaube, dass man sich in der Natur am Besten erholt, und für mich persönlich ist es der beste Weg zur Entspannung und das war natürlich auch eine Motivation für diese meine Aussage.

Also durchaus realistisch auch?

Das ist realistisch, wobei also der Ort auch ein anderer sein kann. Aber es ist sicher die Integration in die Natur, das Beobachten des Laufs der Sonne, das Wissen um die Jahreszeiten, der Abhängigkeit letzten Endes auch von den Gestirnen, das ist etwas was die Naturwissenschaftler genauso fasziniert wie den Theologen.

Mediziner haben es mit dem Leben und Erhaltung des Lebens und der Lebensqualität zu tun. Gibt es für sie als Mediziner aber auch rationale Gründe an ein Weiterleben nach dem Tod, zum Beispiel an die Auferstehung, zu glauben?

Wir wissen ja heute, dass nur ein Teil der Physik von unserem Gehirn tatsächlich erkannt werden kann, und im Unterschied zu vor hundert Jahren spricht heute mehr für ein Weiterleben, als gegen ein Weiterleben spricht. Wir wissen, dass die Materie unterschiedliche Formen hat in der sie sich präsentieren kann, das hat die Physik bewiesen und dass sich eine Form der Materie ohne weiteres in eine andere umwandeln kann. Darüber hinaus wissen wir auch, dass unser Genom, genauso wie unser Bewusstsein nicht kreativ und assoziativ, sondern ausschließlich reaktiv ist. Also wir sind ein Abbild der uns umgebenden Elemente, ein Abbild des Periodensystems, das uns umgibt und genauso ist unser Bewusstsein letzten Endes auch ein Abbild. Gäbe es keinen Weltenbaumeister, wir hätten von ihm wahrscheinlich keine begriffliche Ahnung.

Was ist ihre Hoffnung, wenn sie jetzt auf ihr Leben zurückschauen, einmal am Ende ihrer medizinischen Karriere. Was gibt ihnen da Aussicht?

Na ja, so alt bin ich Gott sei dank noch nicht, dass ich schon zurückschauen muss, allerdings meine ich, dass in den nächsten Jahren eine derartige Revolution stattfinden wird in der Medizin, dass der Rückblick von jetzt aus noch gar nicht abschätzbar sein wird.

Was möchten sie gelebt haben, wenn sie unter ihr Leben einmal so einen Schlussstrich ziehen und sagen, das ist mir gelungen, das ist nicht so gelungen, aber im Großen und Ganzen ist es gut?

Letztendlich zählt eigentlich nur das, ob man anderen Menschen hilft, ob man Gutes tut und ob man bemüht ist, seine eigenen Interessen und seinen eigenen Egoismus nicht auf Kosten anderer ausleben zu können. Das Gute tun, und das ist ja auch ein zu tiefst biblisches Postulat, ist meiner Meinung nach das Wichtigste im Menschsein und ich bin sicher, es kommt alles zurück. Die guten wie die schlechten Taten, man muss nur warten können.

Worin unterscheidet sich ihr Postulat das Gute zu tun von einem Humanisten?

Der Humanist tut es aus den Überlegungen des Menschseins ich tu es aus diesen Überlegungen genauso, wie auch aus der Überlegung, dass es über unserer Physik noch eine Metaphysik gibt. Diese Metaphysik kleide ich für meinen Teil mit dem Christentum aus.

Ich danke für das Gespräch.

Das Interview mit Prof. Johannes Huber führte Johannes Kaup

 

Letztes Update dieser Seite am  18.04.2003 um 11:39 

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