Erfüllte Zeit
Sonntag 24. 5. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Die Erscheinung des Auferstandenen in Jerusalem" (Lukas 24, 46 – 53)
Das Evangelium zum Feiertag 
kommentiert Veronika Prüller-Jagenteufel

Dietrich Bonhoeffer

"Das Evangelium und die Arbeiter" – 
Über die Wichtigkeit der Betriebsseelsorge
Kirche und Arbeiterschaft werden üblicher Weise verschiedenen Lagern zugeordnet. Die Kirche sei eben traditioneller Weise auf Seiten der Reichen und Mächtigen, die Arbeiter dagegen Anhänger der linken Gewerkschaften. Das stimmt schon lange nicht mehr.

Ein Beispiel dafür ist die katholische Betriebsseelsorge. Hier sind Priester und Pastoralhelfer im Einsatz, die sich ganz auf die Seite der Arbeiter stellen, ihre konkreten Alltagsprobleme erfragen und Lösungen zu finden suchen. Meist gemeinsam mit den Betriebsräten, denn die haben oft schon entdeckt, dass es den Kirchenvertretern tatsächlich um das Wohl der Arbeiter geht, nicht um eine vordergründige Missionierung. Martin Gross war an der Seite des Betriebsseelsorgers der Diözese St. Pölten bei einem Fabrikbesuch dabei.

 

Veronika Prüller-Jagenteufel kommentiert das Evangelium zum Feiertag

Zum Himmel fahren – manchmal würde ich das auch gern. Dann nämlich, wenn mir unsere Welt, wie sie ist, zu unsympathisch wird, zu schwierig vorkommt – und dabei kann "Welt" die große Welt bedeuten, die mir manchmal Angst macht, oder auch meine kleine Welt, die mich manchmal nervt. Manchmal möchte ich mich entziehen und mit all dem nichts mehr zu tun haben.

In der heutigen Lesung aus der Apostelgeschichte wird ähnlich wie im eben gehörten Evangelium auch von der Himmelfahrt Christi berichtet. Und da heißt es dann am Schluss, dass die Jünger gebannt Jesus nach - und zum Himmel hinaufschauten, bis zwei Engel erschienen und ihnen sagten: "Ihr Männer von Galiläa, was steht ihr da und schaut zum Himmel?" Und sie wiesen die Jünger auf das hin, was ihnen Jesus gesagt und aufgetragen hatte.

Manchmal, wenn ich mich der Welt am liebsten entziehen würde, kann es vorkommen, dass ich gebannt auf etwas schaue: z.B. darauf, wie alles anders wäre, wenn ich mich mit dem Lottogewinn zur Ruhe setzen könnte; wie alles anders wäre, wenn der oder die in meiner Familie endlich einsehen würde, dass...; oder ich verschwinde wie gebannt in einem Roman oder in meine verschiedenen Tätigkeiten; oder ich glotze einfach wie gebannt ins Fernsehkastl ... Ich denke, wir alle haben so unsere Strategien, wie wir uns der Welt und dem Leben entziehen, wenn oder weil uns eine unbestimmte Angst treibt und wir dem Leben nicht so recht trauen wollen.

Der Satz aus der Apostelgeschichte ist mir in solchen Situationen eine aufrüttelnde Herausforderung: was stehe ich da und schaue zum Himmel? Was lasse ich meine Hoffnungen und Sehnsüchte, meine Kraft und meine Erfahrungen auswandern aus meinem konkreten Leben, aus der Welt, in die ich gestellt bin? Was entziehe ich mich dem Anspruch und den Geschenken des Lebens?

Im Bericht von Christi Himmelfahrt aus dem Lukasevangelium heißt es, dass die Jünger und Jüngerinnen von diesem Ereignis voll großer Freude zurückkehrten und Gott lobten. Keine Hoffnungslosigkeit, nicht das Gefühl, verloren und verlassen in der Welt bleiben zu müssen, nicht einmal bequeme larmoyante Weltflüchtigkeit bringen sie mit, sondern Freude, große Freude und Gotteslob.

Vielleicht haben sie begonnen zu verstehen, dass das, was sie mit Jesus erlebt haben, kein Zufall war, keine Laune der Weltgeschichte, sondern eine endgültige Antwort Gottes auf die Hoffnungen des Volkes Israel und auf die in allem Scheitern und allen Irrwegen durchgetragene Treue diese Volkes zu den Verheißungen Gottes.

Vielleicht haben sie begonnen zu verstehen, dass in dieser Antwort Gottes eine Hoffnung für die ganze Welt liegt, die Einladung sich zu bekehren, sich also neu auszurichten auf diesen Gott hin und so frei zu werden. Denn Sünde bedeutet gefangen sein, gefangen in sich selbst, in alten unheil gewordenen Mustern, in Angst und Misstrauen.

Vielleicht haben sie begonnen zu verstehen, dass sie – Menschen mit Fehlern, aber ebenso mit Fähigkeiten – hierbei eine Rolle, einen Auftrag haben: "Ihr seid Zeugen dafür." sagt das Evangelium. Ihr habt es erlebt, wie ihr euch verändert habt in der Gemeinschaft um Jesus, wie ihr neu aufeinander zu gehen konntet; wie ihr Frieden schließen konntet mit euch selbst und untereinander und sogar euren Feinden eine Hand reichen konntet. Ihr habt erlebt, wie im Umkreis Jesu, im Einzugsbereich der Liebe Gottes, euch ein neues Vertrauen in das Leben, eine neue Lust auf das Leben und die Welt zuwachsen konnte. Tragt das weiter.

Vielleicht haben Jesu Jüngerinnen und Jünger auch begonnen zu verstehen, dass sie nicht allein sind, dass Gott seine Verheißungen wahr macht und die "Kraft aus der Höhe", wie es hier heißt, ihre unerschöpfliche Kraft- und Lebensquelle sein will, die nicht versiegt.

Vielleicht haben sie begonnen, in dem Bewusstsein zu leben, dass sie Gesegnete sind.

Vielleicht haben sie geahnt, dass Christi Himmelfahrt nicht bedeutet, dass er fort ist, sondern ein Symbol für seine neue und unverlierbare Gegenwart unter ihnen; dass Christi Himmelfahrt keine Einladung zur Weltflucht bedeutet, sondern die Verlockung zu einer neuen, vertauensvollen, freudigen und lustvollen Zuwendung zur Welt und zum konkreten eigenen Leben. Das Gotteslob ist ein guter Weg dazu.

Dietrich Bonhoeffer
HIMMELFAHRTSFREUDE

Himmelfahrtsfreude - man muss sehr still geworden sein, um den Klang dieses Wortes zu hören. Diese Freude lebt von der Stille und von der Unbegreiflichkeit. In der Tat, begreiflich ist diese Freude nicht. Aber das Begreifliche macht keine Freude; es ist das Unbegreifliche und doch Wahre, das Wirkliche und Lebendige, an dem Freude sich entzündet. Darum hat rechte Freude immer etwas Unbegreifliches, sowohl für die anderen als auch für den, der sie empfindet. Himmelfahrtsfreude ist einfach da, wo in der Kirche von Christi Erhöhung über alle Welt und von seiner Wiederkunft geredet wird, wo er selbst seiner freudig wartenden Gemeinde im Sakrament begegnet. Sie ist da, nicht laut, sondern verhalten. Die Welt macht ihr Angst, die Sünde macht ihr Angst, - aber sie ist da als die himmlische Freude der Knechte, die des Nachts wachen und Ausschau halten bei brennenden Kerzen, bis ihr lieber Herr heimkommt. Alle Christusfreude in dieser Welt ist Vorfreude - und wer wird seine Vorfreude laut verraten? Und welche Freude ist stärker als die Vorfreude?

CHRISTUS MEINE FREUDE

Jesus Christus von Gott gekommen und zu Gott gehend - das ist nicht eine neue Welt von Problemen, von Fragen und Antworten, das ist nicht ein neues moralisches Gesetz, das ist nicht eine neue Last zu den Lasten, die der Mensch schon zu tragen hat, das ist eigentlich und vor allem Gottesfreude in der nach Freude hungernden Menschheit. Kirche Christi, du weißt es, sag es laut: Christus, meine Freude. Christi Himmelfahrt steht unter einem doppelten Zeichen. Sie ist der Abschied Jesu von seinen Jüngern, von der Welt, die er liebt. Es war ein langer, schwerer Weg, den sie miteinander gegangen waren. Er hat ihnen viel gesagt, - aber nun ist die Stunde da, wo er sie allein lassen muss. Nun müssen sie gehen, ohne dass sie immer wieder auf ihn sehen. Ein letztes Stück Weges legen sie miteinander zurück - dann ist der letzte Augenblick gekommen. Segnend legt er seine Hand auf sie, und dann ist er ihren Blicken entnommen. Sie sind allein. Der Vorhang ist gefallen. Er ist von der argen Welt zu seinem himmlischen Vater gegangen. Herr, erbarme dich unser!

Aus: Wolfgang Brinkel "Dem Leben auf der Spur – Gedanken für jeden Tag des Jahres", Gütersloher Verlagshaus

 

Letztes Update dieser Seite am  19.11.2002 um 11:05 

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