Heiliger Geist


Erfüllte Zeit
Montag 4. 6. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Das Ziel der Sendung Jesu" 
(Johannes 3, 16 - 21)
Das Feiertagsevangelium kommentiert 
Pater Leo Wallner SJ

 

"Soll ich süße Nachricht von der Liebe überbringen"
"Als mich die Liebe des Freundes ergriff"

* "Ist Gott einer oder drei?" – 
Anfragen an die christliche Trinitätslehre

Es gibt drei monotheistische Religionen, Judentum, Christentum und den Islam. Juden glauben an Jahwe, Muslime an Allah, Christen glauben an Gott Vater, Gott Sohn und den Heiligen Geist.

Und genau dieser Glaube an eine Dreifaltigkeit stößt bei Vertretern anderer Religionen immer wieder auf Unverständnis: "Wie könnt ihr behaupten, an einen einzigen Gott zu glauben, wenn ihr in eurem Glaubensbekenntnis doch drei Götter anführt?", lautet der Vorwurf.

Zu Pfingsten steht für Christen die göttliche Dreifaltigkeit im Mittelpunkt der Betrachtungen. Die "Erfüllte Zeit" hat aus diesem Anlass Vertreter aller monotheistischen Religionen zu ihrem Verständnis von der christlichen Trinitätslehre befragt.

Gestaltung: Martin Gross

 

SO SEHR HAT GOTT DIE WELT GELIEBT

Im Gespräch mit dem führenden Pharisäer Nikodemus, der heimlich bei Nacht zu Jesus kommt (in der seither sprichwörtlichen "Nikodemusstunde"!), lässt Johannes Jesus meditieren über Gott und die Welt, im tiefsten Sinn dieser Worte! Und ausgerechnet im Johannesevangelium, in dem die "Welt" immer wieder als die wider-göttliche Menschenwelt gesehen wird, ausgerechnet in diesem Evangelium steht einer der großartigsten und tröstlichsten Texte der ganzen Bibel über Gott und die Welt: "Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab, damit jeder, der an ihn glaubt, nicht zugrunde geht, sondern das ewige Leben hat" (Joh 3,16).

Man könnte die Frage stellen - und manche, Christen wie Juden, stellen sie gar nicht, sondern haben sie ein für allemal schon negativ beantwortet: Ist dieser Gott, der Gott Jesu, denn überhaupt noch der Gott Israels? "Nein!", sagen sie, "das ist nicht derselbe Gott, den die hebräische Bibel, das Alte Testament, kennt und bekennt. Und dieser Gott kennt auch Israel nicht mehr und kann sich zu diesem Volk nicht mehr bekennen!"

"Es ist derselbe Gott!", sagt Jesus, sagt das Johannesevangelium, sagt das ganze Neue Testament. Und sie sagen das allen Christen und besonders jenen, die aus welchen Gründen immer meinen, zwischen dem Gott Jesu und dem Gott des Alten Testaments einen Graben ziehen zu müssen. Jesus selbst sagt diesen Christen, dass sie keine Christen sind!

Es ist derselbe Gott! Nicht nur, weil es ja nur einen Gott gibt, sondern auch und vor allem, weil Gottes Liebe zu seinem Volk nicht aufhört, und weil sie von Anfang an die tiefere Wahrheit seiner Liebe zur Welt, zu allen Völkern in sich beschlossen hatte! Darum gibt es Erwählung, darum gibt es Israel und darum gibt es die Kirche! Ja, man darf und muss wohl noch weitergehen: Israel ist, von Abraham und Isaak her, im ewigen Plan Gottes, der geliebte Sohn, der einzige, erstgeborene, den Gott dieser Welt gegeben hat, hingegeben hat zu ihrer Rettung. Bereits in seiner Existenz und Erwählung ist Israel zum Licht der Welt und zum Zeugen für den einen Gott bestellt unter allen Völkern. "Das Volk, das ich mir gebildet habe", heißt es im Jesajabuch (43,21), "mein Lob sollen sie verkünden!" Das ist - auch nach jüdischem Selbstverständnis - die bleibende Sendung Israels und der Juden, weil Israel nie ein Volk, abgesondert von allen anderen und nur für sich zum Heil berufen, gewesen ist, sondern immer, von Anfang an im Dienst dieses Planes Gottes für die ganze Welt steht. Eine Sendung schließlich, in die die Kirche als Kirche, als Volk Gottes aus allen Völkern, eingetreten ist.

Es ist wohl nicht von ungefähr, sondern von ganz tiefer Wahrheit, wenn der Jude Marc Chagall dieses sein Volk immer wieder darstellt durch den Gekreuzigten. Denken Sie an die verschiedenen Bilder, auf denen das Kruzifix oder besser: der Crucifixus irgendwo zu schweben scheint, und der immer das Bild für das jüdische Volk ist. Es liegt nahe, dass der christliche Glaube in aller Demut und Ehrfurcht den gekreuzigten Juden Jesus als Zusammenfassung, als tiefste Verkörperung dieses Volkes und damit des Planes Gottes mit der Welt sieht.

So sehr hat Gott die Welt geliebt...! Das ist die unausschöpfbare Wahrheit der Existenz und des Todesleidens Jesu, seiner Menschwerdung und seines Kreuzes, die dasselbe Johannesevangelium zwei Verse vor diesem Satz mit einer Szene aus der Rettungsgeschichte Israels verdeutlicht: in der Erhöhung des Schlangenbildnisses in der Wüste ist die Erhöhung des Menschensohnes vorgebildet: Tod und Auferstehung und Aufnahme auf den Thron Gottes zugleich! Wer zu ihm, dem am Kreuz Erhöhten, emporschaut - so wie die damals zu diesem Schlangenbild emporgeschaut haben und durch die Kraft Gottes von den tödlichen Schlangenbissen geheilt wurden! -, das heißt: wer an ihn glaubt, der hat das unvergängliche Leben, und zwar durch ihn, mit ihm, ja, in ihm!

Freilich nur, wenn er zugleich auch zum Zeugen wird für die Liebe Gottes zu dieser Welt, und wenn er die Liebe, die er selbst empfangen hat, weitergibt. Andernfalls ist er "schon gerichtet", wie das Evangelium sagt, weil er offenbar an einen anderen Jesus glaubt und nicht an den, der, am Kreuz erhöht, in der Liebe des Vaters zur Welt "alle an sich ziehen" will!

Diese und weitere Texte sind zu hören auf der ORF-CD 268 "Liebesmystik. Heilende Klänge der Sufis" von Oruc Güvenc & Tümata

 

Letztes Update dieser Seite am  18.04.2003 um 11:39 

Pfeil zum Seitenanfang  Startseite "Erfüllte Zeit"   Pfeil zum Seitenanfang Seitenanfang  Pfeil zum Seitenanfang Startseite ORF Religion