Erfüllte Zeit
Sonntag 10. 6. 2001 
7.05 Uhr - 8.00 Uhr
,  Radio Österreich 1

 

"Der Geist als Beistand und Lehrer" 
(Johannes 16, 12 – 15)

Pater Leo Wallner kommentiert das Sonntagsevangelium 

 

Ernesto Cardenal

"Die Bibel tanzen" – 
Neue Zugänge zum Buch der Bücher
Sport und Spiritualität, Bibel ganzheitlich erfahren, am besten in freier Natur, mit Elementen aus Tanz und Selbsterfahrung – so lässt sich mit wenigen Worten ein Projekt für erlebnisorientierte Bibelarbeit beschreiben, das derzeit in Graz stattfindet.

Das Buch der Bücher nicht zerreden, sondern es am eigenen Leib erfahren, das ist der Ansatz, den Theologen, Bibelwissenschafter und Sportpsychologen gemeinsam entwickelt haben, um neue Zugänge zu alten Überlieferungen zu schaffen. Ziel der Initiative ist es, neue Glaubensimpulse zu liefern und eine neue Form der christlich orientierten Persönlichkeitsbildung anzubieten.

Wie man biblische Inhalte in Bewegung, Tanz und Naturerfahrung übersetzen kann; welche neuen Erkenntnisse sich daraus ergeben und ob es überhaupt heute noch möglich ist, Elemente aus der Bibel am eigenen Leib zu erleben – diesen Fragen geht Brigitte Krautgartner in der Erfüllten Zeit nach.

 

(Johannes 16, 12 - 15)
IM NAMEN DES VATERS UND DES SOHNES
UND DES HEILIGEN GEISTES! AMEN.

"Um das Zeichen des heiligen Kreuzes zu machen," so schreibt Ignatius von Loyola einmal, "legen wir die Hand an das Haupt, was Gott Vater bedeutet, welcher von niemand ausgeht; wenn wir die Hand an den Leib legen, bedeutet es seinen Sohn, unseren Herrn, der vom Vater ausgeht und bis in den Leib der heiligen Jungfrau Maria gekommen ist; wenn wir die Hand von einer Seite zur anderen legen, bedeutet es den Heiligen Geist, der vom Vater und vom Sohn ausgeht.

Wenn wir die Hände zusammenlegen, bedeutet es, dass die drei Personen eine wahre Wesenheit sind..." Diese symbolische Ausdeutung, so einprägsam sie ist, beantwortet noch nicht die Frage, warum denn eigentlich beim Kreuzzeichen die heiligste Dreifaltigkeit angerufen wird. Anders gefragt: Wie kommt die Dreifaltigkeit zum Kreuz? Was ist der tiefere Zusammenhang zwischen Kreuz und Dreifaltigkeit?

Der liturgische Kalender gibt einen Hinweis: Mit dem Dreifaltigkeitsfest schließt das Kirchenjahr das jährlich entfaltete Gedächtnis der Erlösung in Christus ab: Advent und Weihnachten, Ostern mit Passion, Kreuzigung, Auferstehung und der Geistsendung zu Pfingsten, das sind die Stationen, an denen Vater, Sohn und Geist je verschieden und doch gemeinsam am Werk gesehen werden; und eben dieses soll in dem zusammenfassenden Bekenntnis dieses Festes ausgesprochen werden. Darum die so selbstverständliche Verbindung von Kreuzzeichen und "Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes":
- als Segenswunsch, den man über sich selbst ausspricht, zB wenn man als Katholik/Katholikin beim Betreten oder Verlassen der Kirche Weihwasser nimmt und sich der Taufe, des eigenen Getauftseins, erinnert;
- als Segen und Segenswunsch auch, den man anderen weitergibt, indem man dabei einem nahen Menschen - vor einem Abschied vielleicht, vor dem letzten Abschied gar!, oder auch dem Täufling vor der Taufe - ein Kreuz auf die Stirn zeichnet!
Erinnerung an die Taufe, habe ich gesagt, in der man selbst wie die Mitchristen und Mitchristinnen dem Dreifaltigen Gott überantwortet, anvertraut wurde - dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist! Es kommt nur alles darauf an, was man dabei für ein Gottesbild hat und anderen vermitteln will: ob es das des letztlich unbarmherzig gerechten Richtergottes ist - "der das Gute belohnt und das Böse bestraft"! -, ein Bild, das als Über-Ich stabilisierend zwar, aber auch zugleich verzehrend von uns einmal Besitz genommen hat, und dem wir darum auch immer wieder entfliehen möchten. Oder ob es das Bild ist, das schon die hebräische Bibel zeichnet, wenn es im Buch Exodus heißt: "Der Herr ist ein mitfühlender und wohlwollender Gott, langmütig, reich an Gunst und Treue" (34,6), bzw. das Johannesevangelium mit seinem: "Gott hat die Welt so geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab..."(3,16). Die "Gnadenstuhl"-Darstellungen auf vielen unserer "Dreifaltigkeitssäulen" in Stadt und Dorf etwa, auf denen der Vater das Kreuz in Händen hält und der Heilige Geist in Gestalt der Taube vom Angesicht des Vaters auf das geneigte Haupt des Sohnes herabkommt, sind ein sprechender Beweis für diesen Glauben!...

Es geht den Christen ja bei Gott (bei Gott!) nicht um eine Rechenaufgabe und auch nicht um höhere Mathematik, nach der 3 gleich 1 wäre, sondern um die Erfahrung der menschgewordenen Gnade dieses Gottes und seiner bergenden Nähe, die das Johannesevangelium in diesen so kostbaren Satz kleidet: dass Gott aus Liebe zu seiner so verlorenen Welt und ihren Menschen den Sohn, sein Ebenbild, in diese Verlorenheit hineingibt, um die Welt eben nicht zu richten, sondern um sie zu retten und um ihre Freiheit fürwahr "mit menschlichen Fesseln, mit den Seilen der Liebe", wie er beim Propheten Hosea schon formuliert (Hos 11,4), an sich zu ziehen und zu verewigen in der Gemeinschaft, die er anfang- und endlos immer schon ist!

Wenn es uns Christen und Christinnen nur besser gelänge, die Konsequenzen aus diesem Gottesbild deutlich und glaubwürdig zu leben...!

 

Ernesto Cardenal

Gott ist drei und eins, aber Seine Zahl ent-
spricht nicht unserem Zahlensystem, sondern
ist unendlich eins und unendlich drei, und in
Ihm haben alle Zahlen und alle Einheiten
Raum. Gott steht über allen Zahlen, und Sein
Name (das Wort) steht über allen Namen. Alle
anderen Worte und alle anderen Namen sind
Zeichen und Symbole der Dinge, die sie benen-
nen. Das Unendliche Wort aber ist das Zeichen
und Symbol des Unendlichen. Es ist der unend-
liche Name einer unendlichen Realität, und der
Name ist die gleiche Realität. Wenn Gott von
sich selbst spricht, sagt Er: "der, der da ist", das
soll heißen, der, dessen Existenz in Seinem Na-
men eingeschlossen ist. Oder der, der keinen
Namen hat, sondern ist. Oder der, dessen
Name Wirklichkeit ist.

 

Alle Schönheit deiner Erde,
Gott, ist voll Verzauberung,
und all deine Geschöpfe
sind verführerisch.
Wenn uns die Welt schon so entzückt,
wie sollten wir nicht brennen,
wenn wir dich von Angesicht
zu Angesicht schauen?
Ich würde zu Fuß
bis ans Ende der Welt laufen,
wenn ich dich dort fände.
Aber du bist
nicht am Ende der Welt,
sondern in mir.

 

Wir wurden von dir geschaffen für die Liebe; von einem
Gott, der die Liebe ist. Selbst das schwerste
Leid und der heftigste Schmerz haben ihren Ursprung in der Liebe.
Es gibt viele Arten unbefriedigter Liebe. Da sind
die, die auf eine Liebe warten, die nie eintrifft.
Da gibt es andere, die an der Bitterkeit einer verschmähten Liebe leiden. Es gibt verbotene Liebe
oder unmögliche Liebe oder verlorene Liebe. Es gibt auch die fade Traurigkeit einer befriedigten Liebe, die doch nicht ausfüllt. Und alle diese Leben könnten bis zum Rand angefüllt sein mit Liebe, alle könnten ihre fast unbegrenzten Möglichkeiten der Zärtlichkeit und Hingabe voll ausleben, wenn sie sich ihrem eigenen Inneren zuwenden würden, zur Großen, Einzigen Liebe, die in ihnen pulsiert und atmet. Man kann sich kaum vorstellen, wie alle jene Leben verändert würden, wenn sie nur einmal den Versuch machten, diese Liebe aller Liebe zu finden.

(Aus: "Dem Leben auf der Spur", Gütersloher Verlagshaus)

 

Letztes Update dieser Seite am  18.04.2003 um 11:39 

Pfeil zum Seitenanfang  Startseite "Erfüllte Zeit"   Pfeil zum Seitenanfang Seitenanfang  Pfeil zum Seitenanfang Startseite ORF Religion