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Das Evangelische Wort
Sonntag 18. 3. 2001, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr, Radio Österreich 1

 

Pfarrer Wolfgang Olschbaur aus Bregenz

Jesus Christus spricht: "Siehe, ich mache alles neu!" 
(Offenbarung 21,5)

Männer suchen ein neues Selbstverständnis. Was die 
Frauen längst bewegt, müssen Männer jetzt nachholen. 
Im Frauenministerium ist eine Männerabteilung eingerichtet 
worden. Mit Spott haben manche darauf reagiert: Jetzt machen 
sie ein "Reservat für seelisch misshandelte Alleinerzieher"! Die 
frivole Numerierung dieser Abteilung - VI-6 - tut das ihre.

Viele Männer sind frustriert, ihre früheren Privilegien sind 
abhanden gekommen, Macht und Ansehen müssen sie teilen, 
Erfolg ist - das merken sie - nicht mehr männlich allein. Und sie 
allein machen nicht mehr Geschichte. Sie stehen in Konkurrenz 
und leiden an ihrer verlorengegangenen Identität. Das frustriert!

Darum ist es gut, wenn Männer ihre neue Rolle unter den 
geänderten Bedingungen bedenken und gestalten. Denn eines 
ist klar: Das alte Männerverständnis ist out. Machos sind passé. 
Softis wollte ohnehin niemand. Und Manager sind nur gut für's Geld.

Frauen selbst fordern ein neues Männerbild: "Ich will, dass uns die 
Männer nicht auf den Hintern schauen, sondern in die Augen", 
bringt es Alice Schwarzer auf den Punkt.

Der "neue Mann" definiert sich nicht mehr ausschliesslich von 
seinem Beruf her und seiner Karriere. Andere Bereiche wie 
Familie, Freunde... werden erschlossen. Er hat es gelernt, seine 
Innenwelt zu bewohnen und bei sich selbst besser daheim zu sein, 
er bewertet das Thema Gewalt ganz neu, sucht Zugang zu seinen 
Gefühlen, scheut den Umgang mit Leid und Tod nicht - und Religion 
ist für ihn nicht nur Frauensache.

Wenn Jesus alles neu macht, - vielleicht finden sich bei ihm auch 
Anregungen für ein neues Männerbild?

Die Evangelien sind keine Jesus-Biografien. Aber ausreichende 
Hinweise über sein Rollenverständnis und seine Haltung den 
Frauen gegenüber, sind vorhanden.

Er hat die Männerfixierung und die Frauenfeindlichkeit damaliger 
Gesellschaft aufgedeckt und in Frage gestellt. Er ist sachbezogen, 
einfühlsam, kräftig. Frauen gegenüber ist er vorurteilsfrei, 
partnerschaftlich und spontan. Er lässt sich von ihnen in Frage 
stellen und ist bereit, von ihnen zu lernen. Er unterdrückt das 
Weibliche in sich nicht und projiziert es nicht aggressiv auf die 
Frauen seiner Umgebung. Mitleid ist ihm nicht fremd, er kann 
klagen und auch weinen.

Das Weibliche ist für ihn nicht gleich dem Mütterlichen. Für ihn 
sind Frauen keine Ersatzmütter und er ist kein Müttersöhnchen. 
Die Welt ist voll davon! Sie wollen nicht reif werden, bleiben 
immer Kind und verweigern die Übernahme von Verantwortung.

Die Zukunft gehört den neuen Männern und den neuen Frauen. 
Das alte Männerbild ist sehr anstrengend gewesen. Es hat viel 
gefordert an Stärke, an Bereitschaft zur Rivalität und zum 
Kampf. Dabei ist Stärke verwechselt worden mit der Pferdestärke 
des Autos oder mit der Konto- höhe bei der Bank. Vielleicht hat 
der "alte" Mann insgeheim schon lange gemerkt, dass es mehr im 
Leben geben muss und anderes ... Der "neue" Mann setzt es um, 
er zieht Konsequenzen. Er ist bereit, sich zu befreien und der Seele 
in sich ein Obdach zu gewähren.

Wenn sich von emanzipierten Frauen inspirierte emanzipierte 
Männer auf den Weg der Partnerschaft begeben, gestalten sie 
die "neue" Welt mit, von der Jesus seinerzeit geträumt hat.

Quellen:
Paul M.Zulehner, Rainer Volz. Männer im Aufbruch. Wie 
Deutschlands Männer sich selbst und wie Frauen sie sehen. 
Ein Forschungs- bericht, Ostfildern 1998

Franz Alt. Jesus - der erste neue Mann, München 1999

Evangelischer Erwachsenenkatechismus, 6.Aufl., 
Gütersloh 2000

 

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Letztes Update dieser Seite am  15.03.2001 um 09:42