Das Evangelische Wort
Sonntag 24. 6. 2001, 6.55 Uhr - 7.00
Uhr, Radio Österreich 1
von Senior Klaus Niederwimmer
Zwei kurze Passagen aus der Schöpfungsgeschichte
im ersten Buch Mose: Und Gott segnete die Menschen
und sprach: ...füllet die Erde, macht sie euch untertan
und herrschet über die Tiere, die auf Erden leben"
"...und Gott setzte den Menschen in den Garten
Eden dass er ihn bebaue und bewahre."
Es ist wieder ruhiger geworden um Tierseuchen
wie BSE und die Maul- und Klauenseuche. Ich frage
mich allerdings, ob das Problem wirklich behoben ist.
Radikallösungen allein wie das Verbrennen kranker
und gefährdeter Tiere, scheinen mir zu wenig zu sein.
Es würde wohl auch mich verunsichern, in der jetzt
beginnenden Urlaubszeit in ein Land zu fahren, wo der
Übergang nur über Seuchenteppiche möglich ist oder
wo ich den Gestank verbrennender Tierkadaver riechen
müsste - Maßnahmen, die notwendig, aber dem
Tourismus abträglich sind und in erster Linie der
Schadensbegrenzung dienen. Aber dennoch es ist wohl
nur eine Frage der Zeit, wann sie wieder verstärkt
ausbrechen - diese oder andere Krankheiten und
Tierseuchen - mitausgelöst und verbreitet durch
Massentierhaltung, Genmanipulationen und Eingriffe
in die Natur, zu denen wir Menschen fähig sind. Wir
Menschen mit unserem oft zu sorglosen Umgang mit
der Natur - und vor allem im Glauben an unsere
Allmacht die Konsequenzen unseres Tuns
unterschätzend.
So will mir ein Bild nicht aus dem Kopf, das ich vor
einiger Zeit in einer Zeitung entdeckt habe: Auf einer
Anhöhe steht ein einsames Rind, das seinen Blick
beklommen in die Tiefe lenkt – dorthin, wo eine
unendliche Zahl an einfachen Holzkreuzen eine riesige
Wiese füllt, Grabstätte für Hunderttausende
Artgenossinnen und Artgenossen. Lange ist mir das
Bild nachgegangen; ist mir zum Symbol geworden für
unseren oftmals verächtlichen Umgang mit der Umwelt.
Dabei ist mir deutlich geworden, wie vielsagend
manchmal Worte sind. "Umwelt" sagen wir, dabei
müsste es richtiger "Mitwelt" heißen. "Mit-welt"
bedeutet nämlich, die Tiere mit einzubeziehen, jene
Geschöpfe, die wie wir Menschen ein Anrecht darauf
haben, als Geschöpfe Gottes behandelt zu werden.
Sie sind wie wir ein Teil der Schöpfung und nicht nur
etwas zu unserem Nutzen, etwas, das wir ausbeuten
dürfen bis zum "geht nicht mehr". In der
Schöpfungsgeschichte der Bibel bekommt der Mensch
den Auftrag, über die Tiere zu herrschen, sich die Welt
untertan zu machen. Aber ich frage mich dennoch, ob
wir diese Passage der Bibel nicht zu einseitig ernst
nehmen. Aber dann, wenn es um das Bewahren geht -
ein Satz, der ebenfalls in der Schöpfungsgeschichte
steht - die Ohren verschließen.
Ist unser manchmal recht verächtlicher Umgang mit den
Geschöpfen Gottes nicht Teil des Sündenfalls. Der
Mensch, der meint, alles zu dürfen und alles zu können -
der Mensch, der sein will wie Gott. Wenn wir Menschen
glauben, alles sei machbar - der Zweck heiligt die Mittel;
Gewinnmaximierung und Umsatzsteigerung wären die
Maximen, die anzustreben seien, dann stehen wir in der
Gefahr, aus dem Paradies eine Hölle zu machen - eine
Hölle, die nicht nur voll ist von menschlichen Kreuzen
sondern auch voll ist von Kreuzen unserer Mitgeschöpfe.
Ich will nicht tierisches Leiden an die gleiche Stelle wie
menschliches Leiden rücken. Aber unseren oftmals
unbarmherzigen Umgang mit den anderen Geschöpfen
empfinde ich als menschenunwürdig und
schöpfungsverachtend - als eine Art des Sündenfalls,
dessen Folgen wir auch selbst zu tragen haben. Selbst
Teil der Schöpfung, können wir das Leiden der Kreatur
nicht einfach übergehen und zur Tagesordnung übergehen.
Vielleicht gelingt es uns in der jetzt beginnenden Ferien-
und Urlaubszelt einen neuen und anderen Blick für unsere
Schöpfung zu bekommen. Wir sehen andere Länder,
andere Kulturen, freuen uns an der Schönheit der Natur -
Vielleicht öffnet uns das auch wieder neu die Augen für
die Kreatur, für unsere Mitgeschöpfe. Vielleicht finden
wir auch wieder Wege zu einem Miteinander, in dem nicht
das Herrschen, sondern das Bewahren der Mitwelt die
Oberhand gewinnt. Und vielleicht können wir sogar wie
ein Franz von Assisi in den Tieren unsere Geschwister
erkennen und so wie ein Albert Schweitzer wieder neu
"Ehrfurcht vor dem Leben" bekommen.
Letztes Update dieser Seite am 25.06.2001 um 14:09