Das Evangelische Wort Das Evangelische Wort Das Evangelische Wort Das Evangelische Wort

Das Evangelische Wort
Sonntag 5. August 2001, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr, Radio Österreich 1

von Pfarrer Peter Pröglhöf

Am vergangenen Mittwoch war es soweit: 1. August. Seit 
diesem Tag können schwule und lesbische Paare in Deutschland
 ihre Partnerschaft amtlich eintragen lassen. Dieses Gesetz 
über die eingetragene Lebenspartnerschaft hat auch bei uns in 
Österreich zu sehr gegensätzlichen Reaktionen geführt. Ist es für
 die Einen ein längst fälliger Schritt zur Gleichberechtigung einer
 bislang diskriminierten Minderheit, den unser Nachbarland 
vollzogen hat, ist es für die Anderen eine Gefährdung des Leitbildes
 von Ehe und Familie.

Ich war vorgestern in Göttingen. Freunde von uns, die seit Jahren
 zusammenleben, haben die Eintragung ihrer Partnerschaft gefeiert.
 Mit Müh’ und Not haben sie noch einen Termin beim Standesamt
 bekommen, in der Früh’ um 9 Uhr, denn vor der Entscheidung des 
Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe hatte das Standesamt 
keine Terminbestellungen angenommen. Wichtig für die beiden war
 sicher auch, mit ihren Familien und Freunden zu feiern, sich mit ihnen 
gemeinsam daran zu freuen, dass sie einander gefunden haben und
 glücklich sind. Aber die rechtlichen Aspekte der eingetragenen 
Partnerschaft betreffen eigentlich lauter sehr ernste Lebensbereiche:
 Zum Beispiel Unterhaltsverpflichtung für den anderen, wenn er kein 
eigenes Einkommen hat, das Recht, über den Partner Auskunft zu 
erhalten, wenn er im Krankenhaus liegt, oder das Erbrecht, wenn er
 stirbt. In diesen ernsten Angelegenheiten des Lebens wollen die 
beiden also für einander einstehen und da sein, einander Hilfe sein 
und auch den Schutz des Staates genießen.

Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, wie jemand auf die Idee kommen
 kann, dass ein solches Gesetz das Leitbild von Ehe und Familie
 gefährdet. Es ist doch gerade das Leitbild der Ehe, das auch 
hinter diesen Rechten und Pflichten von Lebenspartnern steht. 
Das Leitbild der Ehe wird doch gefördert und hochgehalten, wenn 
es mit seiner positiven Zielsetzung auch auf andere Menschen
 ausstrahlt, die eben keine Ehe zwischen Mann und Frau eingehen
 können.

Ich bin froh, dass ich mich mit dieser Ansicht einig mit meiner 
Evangelischen Kirche in Österreich weiß. Bereits 1996 hat 
unsere Generalsynode nahezu einstimmig beschlossen: "Die 
Evangelische Kirche A.u.H.B. setzt sich für eine zivilrechtliche
 Berücksichtigung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften
 und die Abschaffung bestehender Strafrechtsbestimmungen, 
welche Homosexuelle gegenüber Heterosexuellen diskriminieren, 
ein." Seither tritt unsere Kirche mit diesem Wunsch immer wieder
 an den Gesetzgeber heran, bisher erfolglos.

Freilich war auch in der Evangelischen Kirche ein längerer 
Lernprozess nötig, bis sie zu diesem Standpunkt gefunden hat.
 Dieses Lernen geschieht am besten, wenn man Menschen 
kennenlernt, die homosexuell leben und lieben. Denn dann 
versteht man auf einmal, dass etwa die Verurteilungen der 
Bibel gegen Homosexualität sich unmöglich gegen ehrliche
 und verantwortungsvolle Liebesbeziehungen richten können,
 sondern dass diese biblischen Texte eine Vergötzung der 
Sexualität oder die Ausbeutung von abhängigen Menschen 
ablehnen.

Wunderschön ist hingegen, was Gott in der Bibel über 
Liebesbeziehungen sagt: "Es ist nicht gut, dass der Mensch
 allein bleibt. Ich will ihm eine Hilfe machen, die ihm entspricht." 
Diese Hilfe, die ihnen entspricht, finden homosexuelle 
Menschen in einem Menschen des gleichen Geschlechts. 
Eine Hilfe, die auch in gegenseitigen Rechten und Pflichten 
ihren Ausdruck findet. Ich hoffe, dass sich die Evangelische
 Kirche weiterhin dafür einsetzen wird, dass das auch in 
Österreich immer mehr Menschen verstehen.

 

 

 

 

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Letztes Update dieser Seite am  20.09.2001 um 16:24