Das Evangelische Wort Das Evangelische Wort Das Evangelische Wort Das Evangelische Wort

Das Evangelische Wort
Sonntag 19. 08. 1999, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr, Radio Österreich 1

von Pfarrer Jürgen Öllinger aus Villach

"Wir haben hier keine bleibende Stadt, aber die 
Zukünftige suchen wir". (Hebr .13, 14)

Christ sein ist wie Urlaub machen. Entspannt und sorglos
durch die Welt gehen, weil sie nur vorläufig ist. Menschen
mit so einer Einstellung - oder besser gesagt - Gabe sind
leicht zu erkennen. Sie haben eine Sphäre von Urlaub um
sich: Ein Gefühl von Gelassenheit, von Entspannung, von 
Teilen und Mitteilen. Selbst wichtige, schöne oder tragische
Momente ihres Lebens sind Rastplätze auf einer Reise. 
Sie wissen, dass nur eines zählt: das Verhältnis zu Gott.
Im Alltag hat diese Einstellung etwas Verrücktes an sich. 
Aber das macht nichts. Christen sind verrückte Menschen.
Es ist nicht so bedeutend, was ich erreiche oder darstelle. 
Es bleibt ja doch nicht.

Grundregel des Christenlebens ist demnach: Es ist jetzt
für mich ein Ort reserviert , aber dann kommen wieder 
andere, die meinen Platz einnehmen. Ich kann Abschied 
nehmen und weiterziehen. Ich habe eine Reise mit dem 
Wissen begonnen, dass ich schlussendlich wieder nach
Hause komme. Erfahrungen aus dem Urlaub helfen beim
Verständnis. Ich erlebe handfest , dass ich entbehrlich bin. 
Ich muss mir nicht über alles den Kopf zerbrechen.

Im Urlaub bin ich gespannt. Christinnen und Christen 
bleiben Suchende, die nicht alles über das Urlaubsland 
wissen, sondern offen sind für Neues. Sie lassen sich
nicht festbinden am Leben, an Gedanken und Idealen, 
sondern bleiben Suchende. Damit unterscheiden sie
sich von Zeitgenossen, die den Urlaub nutzen, um zu
fliehen. Weg von all den Fehlern, der Last und dem
Druck. Auf der Flucht vor dem sogenannten Alltag, 
der uns einsperrt und quält .

Im Urlaub will ich etwas erleben. Christen m das Wagnis
ein, einen Rundblick zu machen und sich fragen: wovon
kann ich schwer Abschied nehmen? Und von wem?

Bald gehen wir nach Hause, wirklich nach Hause. Wer
darauf sein Leben ausrichtet , soll entdecken, dass
Christ sein Urlaub machen heißt. Mit einer guten
Reiseversicherung, mit einem sinnvollen Ziel, mit 
einem spannenden Weg. Das Gefühl des Abschieds, 
des Teilens und Mitteilens wird keine Angst mehr 
bereiten, sondern endlich das verändern, was wir 
uns längst vorgenommen haben: Die Einstellung zu 
Menschen, die uns unmittelbar umgeben. Zu Gott und
zu uns selbst. Weil unsere Reise ein Ziel hat. Weil wir
unterwegs sind nach Hause. Zu einem Gott, der Gutes 
mit uns will. Soweit ein erster Eindruck von dem 
einfachen Satz: Wir haben hier keine bleibende 
Stadt, aber die Zukünftige suchen wir.

Angesichts der Urlaubskatastrophen bei Unfällen ist
der erste Eindruck platt und kitschig. Angesichts des
Mädchens, das Familie durch einen Brand im Tunnel
verloren hat, ist der Eindruck zynisch und einseitig. 
Angesichts der Tatsache, dass ein engagierter
Mitarbeiter unserer Kirche in den Unfall verwickelt
war und ist, verstummen schnelle Worte. Was sollen
Menschen finden, die so Furchtbares in ihrem Leben
ertragen müssen? Was kann die Zukunft bringen, 
wenn Leben zerstört wird durch mich oder andere?
Wo Ist ein Ort, der meiner Seele Frieden bringt? 
Wo ist dieser Gott, der mit mir unterwegs ist? Wo
ist er, der mir ein Zuhause gibt?

 

 

 

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Letztes Update dieser Seite am  26.09.2001 um 16:17