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Das Evangelische Wort
Sonntag 26. 08. 2001, 6.55 Uhr - 7.00 Uhr, Radio Österreich 1


von Pfarrerin Renate Rampler aus Arnoldstein

26. August 2001

"Meint ihr, ich hätte Freude daran, wenn ein Mensch 
wegen seiner Vergehen sterben muss?", sagt Gott 
der Herr, "Nein ich freue mich, wenn er von seinem 
falschen Weg umkehrt und am Leben bleibt." 
(Hes. 18, 23)

Empörend ist das.
Ein Skandal.
In berechtigtem Zorn fährt David auf.
Ich täte es auch.
Harte Strafen muss man da fordern.
Wo kämen wir denn sonst hin?
Aber so ist es nun einmal. auch heute.
Die Großen können sich alles richten und
die Kleinen schauen durch die Finger.

Ich spüre den Zorn in mir hochsteigen, wenn ich Berichte
höre von der Kinderarbeit in der sogenannten 3. Welt. 
8 - 12 Stunden am Webstuhl, in der Fabrik, giftigen 
Dämpfen ausgesetzt und dann nicht einmal ordentlich
bezahlt. Profitieren tun ein paar Firmen, die sich ihre 
Ware teuer bezahlen lassen.

Ich spüre den Zorn in mir hochsteigen, diesen berechtigten
Zorn, wenn ich Bilder des Hungers oder der Vertreibung 
sehe, aufgeschwemmte Bäuche, dünne Arme, Bündel mit
Habseligkeiten und Augen mit fragendem Blick - und dann 
höre von dem Erdölreichtum des Landes oder von den
großen Orangenplantagen - alles für den Export bestimmt.

Ich spüre den Zorn in mir, wenn ich sehe, wie schon wieder
ein kleiner Nahversorger seinen Laden dicht macht, weil er 
die Konkurrenz der großen Ketten nicht aushält.

Ich spüre den Zorn in mir, wenn Manager sich hohe
Gagen aushandeln und Arbeiter auf der Straße stehen.
Alles im Zeichen eines "Gesundungsprozesses der 
Wirtschaft." Ich spüre den Zorn in mir wie König David.

Es wäre so schön, wenn dieser königliche, fast heilige 
Zorn überspringen könnte und für Recht und Gerechtigkeit
sorgte.

Aber die Geschichte in der Bibel geht weiter und nimmt
einen unerwarteten Verlauf. "Du bist dieser Mann!" sagt
der Prophet. "Du lebst in Saus und Braus, mit einem Haus 
voll von schönen Frauen und deinen Offizier schickst du 
in den Krieg um ihm in der Zwischenzeit die einzige 
Frau auszuspannen. Du bist es, der es sich richtet 
und auf Kosten der Kleinen lebt.

Bin ich’s?
Bin ich’s, die auf Kosten der Kleinert lebt?

Ich denke an die hübschen T-Shirts die auch in meinem 
Kasten liegen. Markenware hat eben ihren Preis. Und
auch auf meinem Tisch stehen Orangen und Bananen.
Südfrüchte sind doch längst kein Luxus mehr in unserem 
Land.

Das Erdöl muss fließen, damit wir mobil bleiben und
unseren Lebensstandart erhalten.

Firmenzusammenlegungen drücken den Preis. Und es 
soll ja alles möglichst billig sein - der Treibstoff, die
Lebensmittel, die Kleidung.

Mein Zorn dieser berechtigte Zorn verpufft.

Ich merke: Auch ich bin es - auch ich lebe mit meinem 
Konsumverhalten und mit meinen Ansprüchen auf Kosten
anderer. Die Welt ist zu klein, als dass mich andere Länder 
nichts angingen.

Was möchte ich aber dann hören - für mich?

Das Urteil Davids: "So wahr der Herr lebt: Der Mensch, 
der so handelt, muss sterben!" - oder das, was der 
Prophet Hesekiel als Richterspruch Gottes überliefert:

"Meint ihr, ich hätte Freude daran, wenn ein Mensch
wegen seiner Vergehen sterben muss?", sagt Gott 
der Herr, "Nein, ich freue mich, wenn er von seinem
falschen Weg umkehrt und am Leben bleibt" 
(Hes. 18, 23)

 

 

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Letztes Update dieser Seite am  05.10.2001 um 19:32