Gedanken für den Tag
Montag bis Samstag, 6.57 Uhr - 7.00 Uhr, Radio Österreich
"Gib frohe Botschaft denen, die
Gutes tun"
Prof. Anas Schakfeh, Präsident der
Islamischen
Glaubensgemeinschaft in Österreich
zum Islamischen Opfer- und Pilgerfest
Montag, 5.3.2001
Wir Muslime begannen heute die 4-tägige Feier anlässlich
des Pilger- und
Opferfestes. Das Fest, die Pilgerfahrt
und
die damit verbundene Opferdarbringung demonstrieren
in
allen ihren Handlungen u. rieten die starke Bindung
der Muslime
an Abraham. Der feste Glaube Abrahams und seine
Gottergebenheit sind für den Muslim absolutes Vorbild. Von
Abraham heißt es im heiligen Koran:
"Und gedenke, da wir Abraham die Stätte des Hauses zur
Wohnung gaben und zu ihm sprachen: Setze mir nichts an
die
Seite und reinige mein Haus für die es Umschreitenden
und für
die, die andächtig im Gebet stehen, und die sich verneigen
und niederwerfen. Und rufe unter den Menschen zur Pilgerfahrt auf.
Sie werden zu dir kommen zu Fuß, oder reitend auf allerlei
hageren Reittieren, aus allen fernen Wegen. Auf dass
sie
erfahren, dass sie allerlei Nutzen davon haben, und in
einer
bestimmten Anzahl von Tagen den Namen Gottes über dem
Vieh aussprechen, mit dem wir sie versorgten. So esst
selber
davon, und gebt auch dem Notleidenden und Armen davon
zu
essen. Alsdann sollen sie die körperliche
Verwahrlosung
abstellen, ihre Gelübde erfüllen und den Umgang um
das
alterwürdige Haus vollziehen. So sei 's. Und wer Gottes Gebote
ehrt, dem wird es gut ergehen bei seinem Herrn."
Dienstag, 6.3.2001
Die islamische Pilgerfahrt genannt "Hadj" ist die 5.Säule
des
Islams. Jeder
volljährige, geistig gesunde Muslim, ob
Mann
oder Frau ist dazu gerufen, einmal im Leben diese
Pilgerfahrt
zu unternehmen, vorausgesetzt, dass er oder sie im
Besitz der
dazu erforderlichen finanziellen Mittel ist. Dazu heißt es im heiligen
Koran: "Das erste Gotteshaus, das den Menschen
aufgestellt
worden ist, ist dasjenige in Mekka, aufgestellt zu
Segen und zur
Rechtleitung für die Menschen in aller Welt; In ihm
liegen klare
Zeichen vor. Es ist der heilige Platz Abrahams. Wer ihn
betritt, ist in
Sicherheit. Und die Menschen sind Gott gegenüber verpflichtet, die
Pilgerfahrt zum Hause Gottes zu machen - soweit sie dazu eine
Möglichkeit finden.
Die Hauptriten der Pilgerfahrt sind:
Die Anlegung der Pilgertracht und der Eintritt in den Weihezustand,
die siebenmalige Umschreitung der Kaaba in Mekka,
die Teilnahme an der Pilgerversammlung am Berge Arafat,
die Opferdarbringung wie einst Abraham
Die Erfüllung dieser Verpflichtung zum Hadj wird von jedem Muslim
als Höhepunkt und Krönung seines religiösen Lebens betrachtet.
Denn der Prophet Mohammed sagte: "Wer die Pilgerfahrt vollendet
ohne dabei eine Sünde oder eine Verfehlung zu begehen, so kehrt
er heim sündenfrei wie am Tage seiner Geburt.
Mittwoch 7.3.2001
Die Pilger aus aller Welt kommen nach Mekka und bringen all
ihre Schuld, ihre
Lasten und vor allem ihre
Sehnsüchte und ihre
Hoffnungen mit. Sie bekennen ihre Schuld und ihre
Verfehlungen,
sie versuchen ihre Lasten abzuladen und hoffen auf die
Gnade
Gottes und auf seine verheißene Vergebung. Ein Gebet begleitet
sie vom Beginn der Pilgerfahrt bis zum Ende. Sie rufen immer
wieder und unermüdlich:
"Oh mein Gott, Du hast mich gerufen und ich bin gekommen,
ich folge deinem Ruf, ich bin da, mein Herr, ich folge
deinem
Ruf. Wahrlich, Lob und Gnade gehören Dir, und
die
Königswürde ist nur Dein. Du hast keinen Gefährten."
Für den einzelnen Pilger ist Hadj ein einmaliges mystisches
Erlebnis mit einer ungeheuer starken, reinigenden und
läuternden
Wirkung auf sein Seelenleben. Während der Pilgerfahrt
in Mekka
und nach ihrem Abschluss in Medina, diskutieren die Pilger
miteinander und tauschen Erfahrungen aus. Man macht
Bekanntschaften und gründet bleibende Freundschaften.
Donnerstag, 8.3.2001
Am Frühenmorgengrauen des ersten Festtages ziehen wir
Muslime, groß und
klein, neue Festkleider an und
gehen in die
nächstgelegene Moschee. Schon unterwegs beginnen wir
mit
dem Lob und Preisgesang Gottes, den wir in der Moschee
fortsetzen bis zum Festgebet. Das Festgebet wird im Gegensatz
zum täglichen Morgengebet erst nach und nicht vor
dem
Sonnenaufgang verrichtet. Nach dem Gebet hören wir
einer
Festpredigt und anschließend beglückwünschen wir uns
gegenseitig und geben einander den Friedenskuss. Von
der
Moschee gehen wir sodann in die Friedhöfe und besuchen die
Gräber unserer Verstorbenen. Wir legen dort Blumen
nieder und
rezitieren einige Verse aus dem Kuran. Von dem
Friedhof kehren
wir in unsere Wohnungen zurück, wo sich die
Familienangehörigen
zu einem üppigen Festmahl versammeln. Die Kinder
werden
reichlich beschenkt. Sie erhalten zusätzlich zu den neuen Kleidern
Spielzeuge und ein reichlich bemessenes Taschengeld, zu dem nicht
nur die Eltern, sondern alle nächsten Verwandten wie
Großeltern,
Onkeln, Tanten, usw., beisteuern.
Freitag, 9.3.2001
Zum Anlass des Pilger- u. Opferfestes spenden wohlwollende
Muslime Schlachttiere
und bringen sie als Opfer dar,
weshalb auch
das Fest Opferfest heißt. Die Schächtung der
Opfertiere geschieht
aber formlos und ohne Ritual, außer der Erwähnung
des geheiligten
Namens Gottes. Das Fleisch wird an Arme und Bedürftige
in der
nächsten Umgebung verteilt - eine zwar religiös motivierte, aber
durchwegs soziale Maßnahme, die darauf abzielt, dass auch die
Armen und Minderbegüterten der Gesellschaft während
der Festtage
reichlich zu essen haben. Der Kuran sagt über die
Opfertiere: "Ihr
Fleisch erreicht Allah nicht, noch tut es ihr Blut,
sondern eure
Ehrfurcht ist es, die ihn erreicht. Also hat Er sie
euch dienstbar
gemacht, dass ihr Allah dafür preiset, dass er euch wohlgeleitet
hat.
Die religiöse Motivierung der Opferdarbringung geht auf Abraham,
seine Gottergebenheit und seine Opferbereitschaft
zurück. Er wollte
ursprünglich seinen leiblichen Sohn dem alleinigen
und wahrhaftigen
Gott als Opfer darbringen, Gott aber hat durch sein
Erbarmen den
Sohn gerettet, ihn mit einem herrlichen Schlachttier
abgelöst und
somit das bis dahin üblich gewesene menschliche Opfer
abgeschafft.
Im heiligen Kuran heißt es:
Oh Abraham! Du hast das Gesicht erfüllt. So vergelten wir den
Rechtschaffenen. Siehe, dies war wahrlich eine deutliche Prüfung.
Und wir lösten ihn mit einem herrlichen Opfertier aus. Und wir
hinterließen ihm als Vermächtnis unter den späteren Generationen
den Segenswunsch: Friede sei mit Abraham, also lohnen wir den
Rechtschaffenen.
Samstag, 10.3.2001
Zum Abschluss dieser Woche, wo ich Gast bei Ihnen war, möchte
ich heute das
Thema Integration der muslimischen
Bürger und
Mitbürger in der österreichischen Gesellschaft
ansprechen.
Diese Integration ist kein Wunschdenken von Elite-Personen und
Gesellschaftspolitikern, sondern eine zwingende Notwendigkeit zum
Wohle des Landes und der heranwachsenden Generationen
der
islamischen Gemeinde. Manche Emigranten hängen noch,
wenn auch
nur gefühlsmäßig, ich möchte ja sagen sentimental,
an alten,
realistisch nicht mehr bestehenden, Loyalitäten und versperren
sich
somit psychisch den Weg der Integration. Ihnen möchte ich sagen,
dass die Staatsbürgerschaft eines Landes nicht nur ein Stück Papier
ist, wer diese Staatsbürgerschaft wünscht und auch
erhält, der muss
wissen, dass damit eine Fülle von Bürgerrechten aber
auch
Bürgerpflichten verbunden ist. Vor allem aber die
ungeteilte Loyalität
zum Staat und zu seiner Gesellschaft. Andererseits
gibt es Bürger,
unter ihnen auch prominente Medienleute und Politiker,
die da
glauben, den neuen Bürgern vor allem den Muslimen unter ihnen
eine
Menge Bedingungen und Voraussetzungen für die Integration in der
hiesigen Gesellschaft vorschreiben zu können. Manche
dieser
Voraussetzungen tangieren substantielle Grundlagen und Prinzipien
der Religion. Denen muss ich wohl in Erinnerung bringen, dass wir in
einem freien und demokratischen Land leben, das die
Menschenrechte achtet und die Bürgerfreiheiten großschreibt.
Letztes Update dieser Seite am 08.03.2001 um 14:03