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Gedanken für den Tag
Montag bis Samstag, 6.57 Uhr - 7.00 Uhr, Radio Österreich 1
"Angebote – Aussichten – Alternativen"
Montag, 11.6.2001
"Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört
das Himmelreich"
In meinem Zimmer steht eine kleine Klangschale.
Wenn ich sie anschlage, entfaltet sie einen
beruhigenden und schwingenden
Dienstag, 12.6.2001
In der Schule, in Beruf und Gesellschaft, in
Familien ist die Gewalt, sei es in Worten
oder in Taten, für viele eine schmerzliche
Erfahrung. Konflikte sind da – das ist ganz
natürlich. In Filmen, die durch das Fernsehen
auch Kindern zugänglich sind, werden diese
Konflikte oft mir Gewalt, Brutalität und
Rücksichtslosigkeit gelöst.
Wenn wir nach diesem Muster handeln, dann
dreht sich die Spirale der Gewalt zwischen
den Menschen, Gruppen und Völkern. Und wer
geschlagen wird, trägt Wunden davon, die
wieder hart machen, und in sich den Keim der
Gewalt in sich tragen.
Die Ursehnsucht des Menschen nach Besitz,
Macht und Ansehen will erfüllt werden, aber wie?
Jesus widersteht in der Wüste dieser
Versuchung nach Brot, Land und Show. Und als
er beim Verhör von einem Knecht ins Gesicht
geschlagen wird, schlägt er nicht zurück, aber er
lässt sich das auch nicht einfach stillschweigend
gefallen, sondern er hinterfragt dessen Handlung:
‚Habe ich Unrecht geredet, beweise es mir.
-Habe ich recht geredet, warum schlägst du
mich?’ (Joh 18,23)
Dieser gewaltfreie Widerstand setzt eine tiefe
innere Kraft voraus, die wir auch bei anderen
großen Gestalten, wie Mahatma Gandhi, sehen.
Gerade in der scheinbaren Ohnmacht haben sie
ihre Strahlkraft gezeigt und damit die Kette der
Gewalt durchbrochen. Gewaltfreiheit hat also
nichts mit Schwäche zu tun, sondern darin zeigt
sich gerade die reife Persönlichkeit.
Gewalt anwenden kann oft sehr versteckt
geschehen: Wenn ich eine Entscheidung treffe,
ohne auch Betroffene gehört zu haben. Wenn
ich andere mundtot mache, ihnen jede
Kompetenz abspreche ‚davon verstehst du nichts’;
Mobbing am Arbeitsplatz, Schneiden, Ignorieren,
Erpressen mit Drohungen – die Gewalt hat viele
Gesichter.
Jesus sagt in der Bergpredigt: "Selig, die keine
Gewalt anwenden, denn sie werden das Land
erben."
Mittwoch, 13.6.2001
"Selig, die hungern und dürsten nach der
Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden."
Martin Luther King, der in seinem Kampf für
die Gleichberechtigung der Farbigen in den
USA im Jahre 1968 von einem Scharfschützen
ermordet wurde, hat kurz vor seinem Tod
Worte gesagt, die nicht vergessen wurden: "Ich
habe einen Traum, dass eines Tages auf den
roten Hügeln von Georgia die Söhne der
früheren Sklaven und die Söhne der früheren
Sklavenhalter miteinander sitzen werden an
einem Tisch der Brüderlichkeit."
Was ist die Triebfeder für ihn, worin liegt die
Hoffnung für Martin Luther King, dass er so
etwas sagen kann? Als Christ weiß er: ‚Vor
2000 Jahren sagte eine Stimme aus Bethlehem,
dass alle Menschen gleich sind’:
Diese Überzeugung war tief in ihm verwurzelt,
diese Überzeugung trieb ihn an, ließ ihn nicht
ruhig werden, solange er das Unrecht
gegenüber der schwarzen Bevölkerung und
auch anderen Menschen sah. Dieser Glaube
schenkte ihm Widerstandskraft.
"Selig, die hungern und dürsten nach der
Gerechtigkeit, denn sie werden satt werden:"
Wenn die Katholiken morgen, am
Fronleichnamsfest, das Brot als Zeichen der
Nahrung für den Hunger nach Liebe und
Gerechtigkeit durch die Straßen tragen, dann
wissen sie den in ihrer Mitte, der diese
Seligpreisung ausgesprochen hat.
Aber, was kann denn schon ein einzelner oder
eine einzelne ausrichten?
Und bekannt ist der Dreischritt der Österreicher:
Dem gegenüber kann uns ein Satz von Dom
Helder Camara Mut machen. Dieser kürzlich
verstorbene brasilianische Erzbischof war ein
Beschützer der Armen und Verfolgten und ein
Kämpfer gegen die Folter und die ungerechten
Strukturen. Er hat gesagt: "Wenn jemand allein
träumt, dann ist es nur ein Traum. Wenn aber
viele gemeinsam träumen, dann ist das der
Beginn einer neuen Wirklichkeit.
Freitag, 15.6.2001
"Selig die Barmherzigen, denn sie werden
Erbarmen finden."
Wenn jemand von einem anderen sagt: ‚Der hat
kein Herz’, so wird diesem damit wohl eine
wesentliche Dimension des Menschseins
abgesprochen.
Herz ist Inbegriff der Personmitte, seiner
Liebes- und Einfühlungsfähigkeit.
Ist ein Mensch herzlich, hat er ein gutes Herz
Oder wird er als herzlos, hartherzig erlebt.
Das Wort Barmherzigkeit, das die Silbe ‚herz’
in seiner Mitte hat, bedeutet von seiner
Herkunft eigentlich. ‚wer ein Herz für die
Unglücklichen hat.’ Das lateinische Wort
‚misericordia’ hat vor dem Herzen (cor) das
Wort miser – elend.
Barmherzigkeit .- wer ein Herz für die
Unglücklichen, die Elenden hat.
Elend kann es einem Menschen gehen durch
äußere Ereignisse, Materielle, seelische oder
psychische Not, inner Konflikte, Empfinden der
eigenen Schuld, des Versagens, des Ungenügens.
In so einer Situation kommt es darauf an, wer mir
begegnet:
Ob jemand kommt, der nur darauf aus ist, meinen
schwachen Punkt zu erwischen und mich fertig zu
machen, mich zu erledigen, mich zu beschämen.
Oder ob jemand kommt, der zwar auch nicht die
Augen verschließt vor der Wirklichkeit, der die
Wahrheit über mein Leben anspricht, aber nicht
um mich zu vernichten, sondern um mit mir einen
neuen Weg in die Zukunft zu suchen, der vergeben
kann, der nicht fragt: was verdienst du, sondern:
was brauchst du.
Das ist Barmherzigkeit.
Im Hebräischen hat dieses Wort den gleichen
Wortstamm wie Mutterschoß – der Leben schenkt,
bergend umhüllt, aber auch in die Freiheit entlässt.
Jesus sagt:
Selig die Barmherzigen, denn sie werden
Erbarmen finden.
Samstag, 16.6.2001
"Selig die Frieden stiften, denn sie werden
Söhne Gottes genannt werden"
Das Leben lebt von der Spannung zwischen
entgegengesetzten Polen. Wo in einer Zelle
keine Spannung mehr da ist, da ist diese Zelle tot.
Aber Spannungen und Gegensätze im
menschlichen Zusammenleben schaffen auch
Konflikte, die zum Unfrieden führen können.
Frieden schaffen heißt nicht, Gegensätze
auslöschen, sondern überbrücken, die Hand der
Versöhnung anbieten, heißt Missverständnisse
klären, die sozialen Unterschiede ausgleichen
helfen,
Wer Frieden bringt und stiftet, ist mehr als ein
friedfertiger Mensch, der sich alles gefallen
lässt. Er ist aktiv und schafft Frieden.
Selig die Frieden stiften, denn sie werden
Söhne und Töchter Gottes genannt werden.
Bischof Klaus Hemmerle beschreibt das
folgendermaßen:
Selig
Die das Interesse des anderen
Lieben wie ihr eigenes –
Denn sie werden Frieden und Einheit stiften.
Selig,
die immer bereit sind,
den ersten Schritt zu tun –
denn sie werden entdecken,
dass der andere viel offener ist,
als er es zeigen konnte.
Selig,
die nie sagen: Jetzt ist Schluss!
Denn sie werden den neuen Anfang finden.
Selig,
die erst hören und dann reden –
denn man wird ihnen zuhören.
Selig,
die das Körnchen Wahrheit
In jedem Diskussionsbeitrag heraushören –
Denn sie werden integrieren und vermitteln
können.
Selig,
die ihre Position nie ausnützen –
denn sie werden geachtet werden.
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Letztes Update dieser Seite am 18.06.2001 um 11:16